14. Dezember

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Am nächsten Morgen wacht Robin völlig verschlafen auf, als es an der Tür klingelt. Vor der Tür steht Nevio und hält einen Jutebeutel in den Händen.

"Guten Morgen" , sagt er fröhlich.

"Morgen" , sagt sie und beginnt zu gähnen. Sie ist noch gar nicht richtig wach.

"Ich dachte, ich hole Frühstück" , erklärt er.

"Ich kann noch gar nichts essen" , antwortet sie.

"Weil du erst deinen Kaffee brauchst. Habe ich schon gekocht" , sagt er lächelnd und gießt ihr eine Tasse ein.

"Stopp" , sagt sie, doch zu spät. Er hat den Kaffee schon in einen der anderen Becher gekippt.

"Was ist?", fragt Nevio.

"Ich trinke meinen Kaffee immer aus diesem Becher" , sagt sie und hält einen der Becher in die Höhe, den sie aus dem Schrank geholt hat.

"Und warum ist es so schlimm, wenn du ihn heute Mal aus einer anderen Tasse trinkst?", fragt er.

"Ich trinke jeden Morgen aus der Tasse" , antwortet sie.

"Heute nicht" , erwidert Nevio.

"Heute auch" , sagt sie und kippt den Kaffee aus dem einen in den anderen Becher.

"Okay, ab sofort immer nur noch die Tasse für Robin" , sagt er und zeigt auf die Tasse, die Robin nun in der Hand hält.

"Hast du heute frei oder musst du arbeiten?", fragt sie ihn.

"Ich muss heute arbeiten. Ich müsste eigentlich schon auf dem Weg sein" , sagt er, als er auf die Uhr schaut, die in Robins Küche an der Wand hängt.

"Dann aber los. Ich will nicht der Grund sein, weshalb du zu spät kommst" , antwortet Robin und scheucht ihn aus der Wohnung.

"Aber wir haben doch noch gar nicht gefrühstückt"

"Das musst du heute wohl ohne mich machen" , sagt sie, drückt ihm eine der Brezeln in die Hand und schiebt ihn aus der Tür.

"Sehen wir uns heute Nachmittag?", fragt er noch durch die Tür.

"Wenn es dich glücklich macht. Bis dann" , sagt sie grinsend. "Nun hau schon ab" , sagt sie und öffnet noch einmal die Tür, als er gerade die Treppen des Treppenhauses hinunter läuft und ihr noch zuwinkt. Nevio läuft mit breitem Grinsen zum Bahnhof und beißt einmal in seine Brezel hinein. Die Schmetterlinge in seinem Bauch sind zu einem riesigen Schwarm angewachsen. Es könnte gerne immer so weitergehen. Er will mit Robin zusammen sein und sein ganzes Leben mit ihr verbringen. Diese Frau ist nicht nur auf den ersten Blick unglaublich. Wenn man etwas genauer hinschaut, wird man immer wieder überrascht. Es macht einfach Spaß, mit ihr zusammen zu sein.

Als Nevio gerade an der Wache ankommt, müssen sie sich erst einmal um ein paar Polizeischüler kümmern, die ihre ersten paar Wochen in der Polizeistation haben und sich verlaufen. Danach trifft er seinen Kollegen, mit dem er heute in die Innenstadt fährt, um dort auf Streife zu gehen. Sie verwarnen einige Jugendliche, die verbotenerweise zu zweit auf E-Rollern fahren. Er bekommt die Unfälle durch einen Freund, der Rettungssanitäter ist, oft mit. Es passieren fast täglich welche. Einige Falschparker schreiben sie ebenso auf. Einige Radfahrer müssen sie ebenfalls anhalten, weil ihre Fahrräder nicht Verkehrssicher sind oder sie auf der falschen Straßenseite fahren. Nach ein paar Stunden, die sie in der Stadt verbringen, werden sie zu einem Einsatz am Hauptbahnhof gerufen. Ein Obdachloser hatte sich einen Unterschlupf an einem Bahnsteig gesucht und schläft dort. Von den Einsätzen am Bahnhof werden sie nun gerufen, um ihnen zu helfen. Nevio hasst solche Einsätze. Er kann es nicht ertragen, all das Leid zu sehen, welches sich täglich am Hauptbahnhof abspielt. Er will die Menschen nicht vertreiben. Trotzdem kann er sich nicht wehren, weil er sonst seinen Job verliert und vielleicht selbst Obdachlos wird. Er gibt dem Obdachlosen eine Karte von einer Station, in der er essen bekommt, sich tagsüber aufhalten kann und duschen kann. Im Winter erfrieren immer mehr Obdachlose, auch durch den Alkohol, den sie trinken. Dadurch bemerken sie nicht, wie sie erfrieren. Sie hatten Mal einen Fall, da ist ein Jugendlicher nach einer langen Party total alkoholisiert nach Hause gekommen und hat sich zwei Blocks entfernt von seinem Zuhause in die Büsche gelegt. Am nächsten Morgen hat man ihn erfroren gefunden. In den Jahren, die er bei der Polizei arbeitet, hat er sich daran gewöhnt, dass bei einigen Einsätzen Menschen sterben. Er lässt diese Tatsache nicht mehr so sehr an sich heran, wie am Anfang. Das hätte ihn auf Dauer kaputt gemacht.

Feurige WeihnachtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt