Müde, hungrig, frierend und mit schmerzenden Füßen trottete ich den Bürgersteig entlang, den Berg hinauf. Man konnte dieses verdammte, alte, übergroße Schloss schon sehen und am liebsten wäre ich einfach umgekehrt. Ca. 10min später stand ich vor einem Riesen Tor. Größer als alles, was ich mir vorgestellt habe.
Vor ihm standen ganze sechs Wachen. Sie hatten zwar nicht diese silbernen Rüstungen wie in all den Filmen, sondern einfache Büroanzüge, glaube ich, dafür aber Schwerter und Lanzen. Irgendwie sah es schon fragwürdig aus, aber es reichte aus, um einen Respekt einzuflößen. Langsam ging ich auf die kleinste der Wachen zu. Hätte er keinen Vollbart gehabt, hätte ich ihn für ein Kind gehalten. Er war vielleicht 1,20 m groß. Natürlich übersah er mich, bis ich einmal laut in meine Hände klatschte. Die Wachen zuckte zusammen, bevor sie mich ansahen. Kein Wunder, dass jemand einfach aus dem nichts auftaucht passiert auch nicht alle Tage. An den Fangzähnen war deutlich zu erkennen, dass alle sechs Vampire, oder zumindest zum Teil Vampir sein mussten. „Entschuldigung! Ich habe einen Termin mit eurem König." Misstrauisch beäugten sie mich: „Und du bist?" Ich atmete tief durch. Ruhig bleiben, einfach ruhig bleiben! „Alexis Angel Anderson mein Name.", versuchte ich genau so angeschwollen zu reden wie sie. „Dein Ausweis?"
Schnell kramte ich das gefragte aus meiner Tasche hervor und hielt ihn dem blassen Geschöpf hin. Kaum hatte drauf gesehen kam ein kaltes „Folge mir!".
Ich tat wie mir gesagt. Von innen war das ganze Teil noch größer. Erst war IM Schloss ein ganzes Dorf samt Bewohner bevor sich dann ein riesiges, altes Gebäude, dass wohl das eigentliche Schloss war in den Himmel erstreckte. Leicht eingeschüchtert folgte ich dem Wachmann eine große Wendeltreppe hoch, bis wir vor einer Tür hielten.
Er klopfte und kurz darauf kam ein einfaches „Herein!". Er öffnete die Tür und bedeutete mit einzutreten. Im Raum war ein großer Schreibtisch hinter dem jener Mann saß, den ich erst vor einigen Tagen auf dem Bildschirm des Fernsehers gesehen hatte. Die Wache schloss die Tür und ließ uns allein. Der junge Mann vor mir hob seinen Kopf.
Seine ozeanblauen Augen sahen mir musternd an. Irgendwie mochte ich seine Augen. Sie hatten nicht dieses eiskalte Blau der reinen Bosheit wie die meiner „Familie", sie waren warm und hatten irgendwas, was sich einen sicher fühlen ließ. Das führte zu einer Sache: Mit einem Schlag war ich ruhig. Diese Unruhe, die mich schon den ganzen Tag verfolgte war auf ein mal wie weggefegt.
Mit einer Ruhe, wie ich sie noch nie hatte sah ich meinem Gegenüber in die Augen. „Du bis Alexis, oder?" Ich nickte: „Und du bist Cameron, richtig?" Verwundert sah er mich an, ehe er grinste: „Das bin ich wohl! Freut mich sehr. Setz dich doch!" Er deutete auf einen Stuhl der auf meiner Seite stand, so, dass als ich mich setzte, ihm gegenüber saß. Meine Füße heiligten den Stuhl für ihre kurze Pause und mir kam auf einmal eine Idee: „Also, Cam. Sollen wir anfangen?" Geschockt sah mich der Schwarzhaarige an: „Cam?" Ich wusste nicht wie, denn das größte was mir seit Jahren gelang, war ein leichtes Lächeln, doch jetzt gerade fing ich an frech zu grinsen: „Dein neuer Spitzname!"
Verwundert sah er mich an, bevor sich auch auf sein Gesicht ein spitzbübisches Lächeln schlich: „In Ordnung, Alex! Das 18. Jahrhundert also!" Nun war es an mir die Fassung zu verlieren. Alex? Aus einem nicht erfindlichem Grund gefiel mir mein neuer und vor allem erster Spitzname. Wir bissen uns auf die Unterlippe, ehe wir beide laut loslachten. Als wir uns wieder ein kriegten riss ein gehetzter Mika die erst eben geschlossene Tür wieder auf: „Was ist los? Wann geht die Welt unter? Oh Gott, wie konnte ich den Alpha so vernachlässigen, das er irgendwann lacht?"
Ich konnte mich bei diesem Anblick nicht mehr zurückhalten und fing erneut an aus vollem Halse zu lachen, dass mir sogar Lachtränen aus den Augen liefen. Ich konnte nicht mehr und hielt mir den Bauch. Auch Cameron konnte sich nicht halten und ließ es sich nicht nehmen, lachend auf den Tisch zu schlagen.
Geschockt von der Situation sah sein Beta uns an. „Also, Cam! Wollen wir dann so langsam anfangen?", brachte ich lachend hervor. Schockiert schrie Braunhaar auf: „Cam?" Seinen Freund ignorierend wendete sich unser lieber Cam lachend mir zu: „Aber gerne doch, Alex!"
Überrumpelt und total neben der Spur ging Mika wieder. 2h später hatten wir schon mit dem Plakat angefangen. Während Cameron das Geschichtsbuch durchforstete zeichnete ich Männer, Frauen und Kinder in diesen alten Trachten. Immer wieder lobte mein Vortragspartner meine Zeichenkünste in den höchsten Tönen.
Es war ein schönes Gefühl gelobt zu werden und fast wünschte ich mir, öfter solche Momente erleben zu dürfen. Zwischendurch brachten ein paar Diener den, meiner Meinung nach, leckersten Kuchen des gesamten Planeten. Als ich mich nach hinten fallen ließ bemerkte ich, das es schon dunkel war. Klar, im Winter ist das nichts ungewöhnliches, aber dennoch wollte ich auf die Uhr sehen. Leider hatte sich der Akku meines Handy aber schon vor Stunden verabschiedet. Resigniert seufzte ich: „Weißt du wie viel Uhr es ist?"
Der junge Mann sah von dem Buch auf: „18:25Uhr. Wieso?" Fragend blickte er mir entgegen, während mit beinahe das Herz stehen blieb. Wenn ich nicht pünktlich zuhause war würde es direkt wieder dort anfangen, wo es heute morgen aufgehört hat! „Ich sollte eigentlich um sieben Zuhause sein. Scheint so, als müsste ich los!" Entschuldigend sah ich ihn an. Doch bevor ich überhaupt aufstehen konnte hielt er mich zurück: „Wo wohnst du?" Verwundert sah ich ihn an: „Melbeckerstraße 7. Wieso?" Er grinste. „Na das passt doch! Mika wollte heute Abend noch kochen und muss dafür noch einkaufen. Der Supermarkt ist nur eine Straße weiter! Er kann dich absetzten." Ich sah ihn an. Vor Erleichterung hätte ich beinahe heulen können: „Echt?" Der Alpha vor mir nickte. Keine zwei Minuten später betrat Mika wieder den Raum. Diesmal nur deutlich gelassener als heute Nachmittag. „My Princess? Wenn ihr mir folgen würdet?", übertrieben gespielt verbeugte er sich vor mir und kassierte dafür einen leichten Schlag am Kopf von Cameron.
Kurz darauf saß ich neben dem grünäugigen in einem Riesen Auto. Ich wollte lieber nicht wissen wie teuer das Ding war. Aber mal ganz ehrlich: Was war a hier eigentlich nicht übergroß und unfassbar wertvoll? Nachdem er mich beim Supermarkt abgesetzt hat und ich den Rest des Weges, zum Leid meiner Füße, gelaufen war, betrat ich endlich das warme Haus, was mir einen leichten Schauer über den Rücken jagte. Den Monstern ausweichend schlich ich mich in die Küche, wo ich den Herd einschaltete.
Von der Guten Laune die ich bei Cameron getankt hatte motiviert, schaffte ich es tatsächlich den Wunsch meiner Stiefschwester von letztens zu erfüllen und kochte einen ganzen gefüllten Truthahn. Dazu schaffte ich tatsächlich noch einen Kartoffel-Eiersalat. Als meine „Familie" in die Küche kam war sie von dem „vernünftigem" Essen so überrascht, dass sie wirklich für einen Moment ihre ungehobelte Niedertächtigkeit vergaßen und einfach das Essen genossen. Und ganz ehrlich: Das war eine wirklich angenehme Abwechslung, von der Tatsache mal abgesehen, dass sogar noch genug für mich übrig blieb um satt zu werden. Wäre die Sache mit den Nägeln heute morgen nicht gewesen, wäre es wohl der schönste Tag gewesen, den ich jemals erleben durfte.
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Another Cinderella-Story: Mein Werwolf
WerwolfAlexis Angel Anderson. Ein Mädchen wie jedes andere? Mit gerade mal vier Jahren verlor sie ihre Mutter, zwei Jahre später ihren Vater. Seit dem von ihrer Stiefmutter und ihren zwei Töchtern so gequält, dass sich sogar ihr Wolf zurück zog, geht sie d...