1 Ein „normaler" Morgen

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Ding, Ding, Ding, Ding, Ding, Ding, ... genervt schlug meine Hand über den kleinen Nachttisch auf der Suche nach meinem nervtötendem Handy. Kurz darauf verließ mein Kopf mein warmes, weiches und wirklich gemütliches Kissen und mein Oberkörper richtete sich auf.
Meine dünne Decke rutschte runter und landete auf dem kalten Holzboden. Verschlafen sah ich zur Quelle des Lärms, der mir meinen Schlaf geraubt hatte. Endlich fand ich das kleine, schwarze Gerät und stellte den Wecker ab. 5:36Uhr. Seufzend stand ich auf. Wenn ich mich nicht beeilte, würde ich mir von Marianne wieder anhören wie Verantwortungslos, Undankbar und Nutzlos ich bin. Mir mein schon ausgedientes Shirt überziehend,dass für diesen kalten Winter eigentlich viel zu dünn war, begab ich mich leise über die alten Holzstufen in die Küche. Kurz darauf brutzelten drei Spiegeleier in der Pfanne, der Toaster verrichtete seine Arbeit und ich schnitt für die drei Alpträume ihr Gemüse. Um Punkt 6:00 Uhr machte ich mich dann mit drei Tellern in den Händen auf dem Weg zu meinen „netten" Geschwistern. Auf jedem der Teller war eines der Spiegeleier, ein Toast und ein kleiner Salat. Vorsichtig klopfte ich, wie jeden Morgen, an Josephinas Tür, aber natürlich öffnete niemand. Leise die Tür öffnend, erspähte ich ein schlafendes Mädchen in einem übergroßen Himmelbett. Sanft rüttelte ich an ihrer Schulter und im nächsten Moment fuhr sie hoch. Ich schreckte zurück. Wütend sah die Blondine mich an: „Was fällt dir ein! Ich bin gerade vor Millionen von Zuschauern bejubelt worden, während ich meine Songs sang, und dann kommst du mit deiner hässlichen Visage vorbei!"
Das ihre Stimme klang wie an der Tafel quietschende Kreide behielt ich lieber für mich. Mit einem gespielt freundlichem Lächeln nahm ich wieder einen der Teller zur Hand. Ich konnte Ärger jetzt absolut nicht gebrauchen! Wenn ich wieder zu spät zur Schule komme, bringt mich meine Mathelehrerin um. Also gab ich ihr einfach den Teller: „Tut mir leid Schwester. Ich wollte bloß nicht, dass du dein Frühstück kalt essen musst, weswegen ich dich schon jetzt geweckt habe!" Beleidigt riss sie mir das Porzellan aus der Hand und fing an das Essen nur so runter zu Schlingen. In der Hoffnung, dass Biest würde am Ei ersticken machte ich mich auf dem Weg zum Zimmer des zweiten Zwillings.
Diesmal kam ich aber nicht mal dazu, zu klopfen, denn mir wurde die Tür genau in dem Moment vor den Augen aufgerissen. Wütend riss mir Leyla einen der beiden übrig gebliebenen Tellern aus der Hand: „Was hat solange gedauert? Kannst du dich nicht einmal etwas beeilen?" Bevor ich antworten konnte, knallte die Tür auch schon wieder zu. Seufzend machte ich mich auf zum Zimmer meiner Mutter. Genauer gesagt: Stiefmutter. Leicht klopfte ich an das Holz der Tür und sofort kam ein genervtes „Herein!"
Als ich den Raum betrat saß der Teufel schon aufrecht, aber immer noch verschlafen im Bett. „Guten Morgen Mutter. Ich bringe das Frühstück!" Ein desinteressiertes: „Aha", war zu hören. Als ich ihr den Teller gab, beäugte sie das Essen kritisch: „Habe ich dir nich gesagt, dass ich ein frisch gebackenes Brötchen haben will? Noch Warm? Was ist das?" Wütend schmiss sie das Toast auf den Boden. Ich schluckte meine Wut hinunter. Nicht einmal bedanken tut sie sich, stattdessen muss ich mich mit sowas befassen. „Tut mir leid Mutter. Wir hatten kein Mehl mehr, ich konnte kein Brötchen backen!" „Wie kannst du es wagen?! Dann gehst du welches kaufen!", schrie sie weiter. Ich ballte meine Hände zu Fäusten, um 5:00 Uhr? Es haben noch nicht einmal Läden um diese Uhrzeit auf: „Es war noch kein Geschäft offen"
Es viel mir extrem schwer mich zurück zu halten. Es tat weh, so behandelt zu werden. Doch ihr nächster Satz brachte das Fass zum Überlaufen: „Dann hättest du halt schon gestern Abend welches kaufen müssen!" Ich biss die Zähne zusammen. Jetzt bloß nicht unüberlegt handeln: „Tut mir leid! Kommt nie wieder vor." Stumm verließ ich den Raum, nachdem ich mir die Toastscheibe geschnappt hatte. Kaum wieder unten, strich ich meine Jeans glatt, mit der ich Gestern eingeschlafen bin, ignorierte ihre Dutzenden Löcher und zog mir meine alten, ausgelatschten Sneaker an. Das alte Tastenhandy, dass ich heute morgen noch am liebsten in die nächste Tonne geschmissen hätte, steckte ich in meine Lederne Umhängetasche zu meinen Heften, Büchern und Stiften. Sie hatte meinem Dad gehört und irgendwo war ich froh, dass ich nicht wie die anderen Schüler einen dieser „supercoolen" Rucksäcke hatte, sondern dieses alte Ding.
Zum Schluss zog ich nach meine Jacke über, die so dünn war, dass einem selbst im Sommer darin kalt wurde. Noch mein Schlüssel geschnappt und schon war ich weg. Ich rannte durch den knietiefen Schnee in Richtung Bushaltestelle. Wo kam dieser ganze Puderzucker in nur einer Nacht bloß auf die Straßen? Ich indeckte einen etwas älteren Mann, der in meine Richtung durch den Schnee stapfte. Als er mich entdeckte, streckte er die Hand aus. Als ich an ihm vorbei lief, klatschte ich diese grinsend ab: „Guten Morgen Hr. Baker!" Ich vernahm von hinten ein lachendes „Dir auch einen schönen guten Morgen!" Hr. Baker. Der Privatlehrer der Zwillinge. Jeden Morgen kam er zu Ihnen, weil diese Tussen sich zu fein waren, wie jeder andere Mensch auch, in die Schule zu gehen. Ziemlich schnell hatte ich mich mit ihm angefreundet, denn auch er hielt nicht sehr viel von dieser Familie.
Nur zeigte er das nicht. Schon vom Weiten erkannte ich den gelben Bus, der mich jeden Morgen zur Schule fuhr. Gerade noch rechtzeitig stürzte ich ins warme innere, bevor sich seine Türen hinter mir schlossen. Die Wärme, die sich langsam in meine Zellen kämpfte, genießend, ließ ich mich auf einen der Uraltstoffpolster fallen. Für einen Moment schloss ich die Augen, bevor ich mich aufrecht hinsetzte und in die Toastscheibe biss, die Marianne erst vorhin weggeschmissen hat. Das war wohl das einzig gute an diesem Zwischenfall gewesen.
Ich bekam Frühstück! Ich durfte nur das Essen, was sie übrig ließen, was im Normalfall wenig bis garnichts war. Somit war ich nicht nur komplett unterernährt, sondern konnte Frühstück auch als Luxusgut ansehen. Zwar schmeckte es ohne irgendein Aufstrich nicht so gut, doch das war mir in diesem Moment ziemlich egal. Kaum schluckte ich den letzten Bissen runter, hielt das Gefährt auch schon wieder. Wiederwillig erhob ich mich von meinem Platz, um Richtung Schulhof zu gehen, wo mir gleich Kälte entgegen schlug. Fröstelnd lief ich zum Haupteingang, während meine Gedanken zu Nyx schweiften.
Gleich nach meiner ersten Verwandlung hatte sich mein Wolf, verletzt durch die Behandlung meiner Stieffamilie zurückgezogen. Allein beim Gedanken daran verließ eine Träne mein Auge. Während anderen Werwölfen diese Temperatur kaum etwas ausmachten, hatte ich das Gefühl mich jeden Moment in einen Eisblock zu verwandeln. Da half mir meine Hexenseite auch nicht viel weiter.
Ein Schauer lief mir über den Rücken, als ich das große Gebäude betrat. Ob es wohl einen Zauber gibt, mit dem Hexen das Wetter erwärmen konnten? Wäre praktisch! Den Gedanken abschüttelnd begab ich mich zum Matheraum, währen ich die eigentlich schon zu kleine Kapuze meiner Jacke überzog.
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Bild - Alexis

Another Cinderella-Story: Mein WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt