POV. Alexis:(Freitag)
Müde humpelte ich durch die Küche um die Brötchen aus dem Ofen zu nehmen. Inzwischen hatte ich es mehr oder weniger hingenommen, dass ich wohl sterben würde. Im Blue Sky war ich seit dem allerdings auch nicht mehr. Kein Wunder, den das Verschwinden nahm von Tag zu Tag immer größere Ausmaße an. Von den drei Biestern bekam ich immer öfter irgendwelche Backpfeifen oder andere Schläge, weil ich mich ja einfach „vor der Arbeit drücken wollte und mich versteckte". Trotzdem wüsste ich zu gerne, was das für eine seltsame Ruhe war, die mich seit jenem Tag immer wieder dann „überfiel", wenn ich die Kontrolle über meine Gefühle verlor. Sie sorgte auf seltsame Weise dafür, das ich mich geborgen fühlte. Ich fand darin Trost. Als wäre da irgendjemand auf der Welt, der mir sagen wollte: Ich bin für dich da! Auch wenn das nur ein Wunschdenken war, gefiel mir der Gedanke auf irgendeine Art und Weise. Mein Blick glitt zum Fenster. Heute war der Ball im Schloss. Gael hatte sich schon dazu bereiterklärt, mir wieder ein Outfit zu leihen. Nur habe ich mich diesmal nicht gewehrt. Lag aber wohl eher daran, dass ich damit abgeschlossen habe, dass ich wohl sterben werde. Mir ist vieles seit dem egal geworden, lieber will ich die restliche Zeit, die mir bleibt, genießen. Ich verteilte das Frühstück auf die drei Teller und lief die Treppe hoch. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es kurz vor sechs war. Ich war früher dran als sonst. Also schlich ich leise in die Zimmer und stellte die Teller auf die Nachttische. Bei der Gelegenheit stellte ich bei jedem auch noch einen Wecker, damit die Monster nicht verschliefen. Als ich daraufhin vor die Haustür trat, gefror mir das Blut in den Adern. Also vor Kälte. Meine Jeans hatte mehr Löcher als Stoff und mein Shirt hatte schon einen Ärmel verloren. Meine einzige Jacke hatte ich Schussel gestern in der Schule vergessen. Wieder einmal hatte es die Nacht geschneit, was man gut an dem Schnee erkennen konnte, der mir inzwischen bis zum Gürtelbund reichte. Zitternd und frierend kämpfte ich mich durch das weiße Pulver zur Schule. Der Bus fiel wegen der hohen Schneedecke heute aus. Als ich das Gebäude der persönlichen Hölle eines jeden Teenagers betrat, war meine Haut vor Kälte blaugefärbt. Zur Abwechslung verbrachte ich auch mal die Pausen drinnen, wenn auch im Klassenraum. Dennoch hatte meine Haut nicht seine natürliche Färbung zurück erlangt, als ich nach der letzten Stunde wieder in die Kälte trat. Wenigstens betäubte die Kälte meinen schmerzenden Knöchel, mit dem ich schon seit Tagen rumhumpelte. Was da passiert ist. Nun ja, zur Abwechslung ist mal nicht meine Stieffamilie dran Schuld, sondern nur meine Tollpatschigkeit. Dienstag hatte Marianne mir noch eine Verpasst, als ich vom Dachboden runter kam. Daraufhin habe ich nicht ganz aufgepasst und bin schlussendlich die Treppe runtergefallen bin. Irgendwas hat da ganz schön geknackt, aber ich habe es bis jetzt so gut wie es ging ignoriert. Meine Gedanken schweiften wieder zu heute Abend. Cameron. Heute würde ich ihn nicht als Alexis, seine Vortragspatnerin wiedersehen. Sondern einfach als An, seine Mate. Als An, die so sein konnte, wie sie auch wirklich war. Ich lächelte beim Gedanken daran. Immer wenn ich an Cam denke oder in seiner Nähe bin wird mir so komisch warm. Aber es ist kein unangenehmes Gefühl, im Gegenteil. Ich glaube es ist das schönste Gefühl, dass ich seit Jahren fühlte. Manchmal fängt auch mein Herz an zu rasen oder mein Bauch fühlt sich so komisch an. Er macht mich glücklich! Wieder musste ich gähnen. Seit Tagen habe ich nicht eine Minute geschlafen und auch gegessen habe ich nur wenig. Lust nach Hause zu gehen hatte ich nicht wirklich. Obwohl?! Drücken wir es anders aus: Ich habe weder Lust auf Schläge oder dumme Kommentare, noch darauf den Boden zu wischen oder eine andere Hausarbeit zu verrichten. Mir war Sonnenklar, dass das ordentlich Ärger für mich bedeuten würde, aber wie so vieles in letzter Zeit, war es mir total egal. Also schlug ich den Weg Richtung Rose Mountain ein. Keine 40min später schlug ich zitternd die unscheinbare Holztür auf, um anschließend die kleine Wendeltreppe runter zu stolpern. Bei meinem „ungemein großen" Glück schaffte ich es mich auch noch auf die Nase zu legen.
Seufzend rappelte ich mich auf. Sofort durchzuckte ein Schmerz meinen Knöchel. Im gleichen Moment überkam mich wieder diese Ruhe, wodurch sich mein Atem langsam wieder normalisierte. Was war das nur? Gael kam um die Ecke. Vermutlich vom Lärm angelockt. Verwirrt sah er sich um. Und wen wunderts, durch mich hindurch. Frustriert aufstöhnend schlug ich neben mir gegen die Wand. Der zusammenzuckende Gael sah mich an. Also wirklich mich! „Alles ok?", ich nickte auf seine Frage hin. Im nächsten Moment griff er nach meinem Handgelenk und zog mich mit sich um die Ecke, nach seiner Mutter rufend. Ganze zwei Stunden saß ich da, während sie an mir rumbastelten. Immer wieder musste ich auf mich laut aufmerksam machen, weil sie von einer Sekunde auf die andere mich nicht mehr sahen. Wenigstens hatte sich schlussendlich aber das Ergebnis gelohnt.Wieder gab Rosalinde mir die Silberkette mit dem Wolf. Auch diesmal hatte ich Sneaker an, wenn auch diesmal in grün. Zum Schluss gab es aber keine Maske, sondern ein leicht durchsichtiger, grünen Schleier. Die Uhr zeigte mir, dass es kurz vor acht war, weswegen mich das Mutter-und-Sohn-Trio schon regelrecht raus jagte. Lächelnd schritt ich kurz darauf durch die Schlossmauern zum Ballsaal. Ich steuerte das Fensterbrett an, wo ich schon das letzte mal saß. Erst da fiel mir auf, dass ich wieder meinen „Geruch" nicht unterdrückte. Müde lehnte ich mich ans Fenster und sah nach draußen. Es war schon dunkel und so beobachtete ich einfach nur die Sterne. Was um mich herum passierte blendete ich aus. Die Musik, die Leute. Und so bemerkte ich auch Cameron erst, als er mir sanft auf die Schulter tippte. Ich sah auf und schluckte. Verdammt war dieser Typ heiß! „Wollen wir ins Gewächshaus gehen?", ich nickte auf seine Frage hin. Er lächelte, aber in seinem Blick war Sorge. Hatte ich wieder was angestellt? „Ich bin froh das du gekommen bist, An!", in seiner Stimme lag Freude und Erleichterung gleichermaßen. Der Gedanke das sich tatsächlich jemand über mich freut, ließ mein Herz höher schlagen. „Gleichfalls, Cameron, gleichfalls.", ich flüsterte die Worte, die mehr an mich selbst gerichtet waren, als an ihn. Aber ich habe vergessen, dass er ja sowohl Werwolf als auch Vampir war, die beide ein unglaubliches Gehör haben. „Du weißt wer ich bin?", er klang so schockiert, dass ich unterdrücken musste, nicht laut loszulachen. Ich setzte mich ins Gras des Gewächshauses und konnte mir ein Gähnen nicht unterdrücken. Cam setzte sich zu mir: „Müde?", man konnte ein Schmunzeln raushören. Ich zuckte mit den Schultern und lehnte mich an ihn. „Geht es dir gut?", zugeben, ich war verwirrt über seine Frage. Schlussendlich nickte ich einfach stumm. „Darf ich mir deine Füße ansehen?", wieder ein Nicken meinerseits. Jetzt verstand ich: Er wollte sichergehen, dass die Verletzung an meinen Füßen heilte! Er zog mir die Schuhe aus und begutachtete die Wunden. Ich wusste was da war. Man sah noch kleine Narben, dennoch war die Verletzung von der Nagelaktion im Großen und ganzen schon verheilt. Als er aber plötzlich anfing, mein rechtes Fußgelenk abzutasten, stöhnte ich schmerzvoll auf. Verdammt, hatte er das etwa gewusst? Hatte er irgendwie einen sechsten Sinn für Verletzungen? Vorwurfsvoll sah er mir in die Augen. Mir auf die Lippe beißend sah ich zur Seite. Was sollte ich jetzt tun?
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Bild - Alexis' Kleid
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Another Cinderella-Story: Mein Werwolf
WerewolfAlexis Angel Anderson. Ein Mädchen wie jedes andere? Mit gerade mal vier Jahren verlor sie ihre Mutter, zwei Jahre später ihren Vater. Seit dem von ihrer Stiefmutter und ihren zwei Töchtern so gequält, dass sich sogar ihr Wolf zurück zog, geht sie d...