2 Eine Präsentation

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Gelangweilt verfolgte ich Fr. Paslaophs Unterricht. Sie erklärte irgendetwas zum Satz des Pythagoras, aber da ich dieses Thema schon in und auswendig beherrschte, schweifte ich mit meinen Gedanken immer wieder ab. Leise holte ich mein Hausaufgabenheft heraus, um zu sehen, welche Fächer ich mir hier nach noch antun muss. Kaum hatte ich die Seite mit dem Stundenplan aufgeschlagen, verdrehte ich die Augen.
Geschichte, Englisch, Geografie und Sport. Wie ich Sport hasste. Nicht nur, dass ich was das an ging, die schlechteste der ganzen Klasse war, meiner Meinung nach gehörte Sport auch nicht in die Schule! Genauso leise wie vorhin schon das Heft, holte ich nun noch mein Zeichenblock raus. Ich fing an meine Umgebung auszublenden, so wie sie es auch mit mir taten, zeitgleich flog mein Bleistift über das noch unbefleckte Stück Papier. Nur wenig später waren schon die Umrisse zweier Wölfe zusehen, die am Rande einer Klippe standen und den Vollmond anjaulten.
Man konnte eine weibliche Gastalt erkennen, die sich aus dem Mond löste. Es sah fast so aus, als wolle sie zu den Wölfen. Als die Pausenglocke ihren Dienst verrichtete, um viele gelangweilte Schüler vom Unterricht zu erlösen, war aus der Skizze ein richtiges Meisterwerk geworden.
Ich sammelte meine Sachen noch zusammen, ehe ich den Raum verließ. Zwar protestierte mein Magen, aber dennoch ging ich an der großen Doppelflügeltür, die zur Cafeteria führte, vorbei direkt zum Schulhof. Ich hätte sowieso kein Geld gehabt, um mir ein Brötchen zu kaufen. Also verkroch ich mich in die hinterste Ecke des Schulhofs, der sowieso leer gefegt war, zur alten Buche.
Es war allen zu kalt, weswegen sie drinnen blieben, doch ich frohr lieber, als in einer Menschenmenge zu stehen. Mit zwei geübten Sätzen war ich auf den Baum geklettert, der jetzt im Winter eigentlich keine Blätter hatte und somit kein gutes Versteck abgab. Es war auf der anderen Seite aber auch nicht ein Schüler auf der von Schnee bedeckten Fläche. Inzwischen war die Sonne aufgegangen, wurde jedoch von ein paar grauen Wolken verdeckt, die noch mehr Schnee ankündigten.
Zitternd kauerte ich im Geäst des Laubbaumes. Sollte ich vielleicht doch reingehen? Nein! Ich wollte nicht unter so viele Leute. Auch wenn sie mich nicht bemerkten, was wohl eher daran lag, dass ich zur Hälfte Hexe bin und Hexen von Natur aus unauffällig sind, ich wollte nicht riskieren doch Aufmerksamkeit zubekommen. Also kugelte ich mich zu einer kleinen Kugel und wartete auf den erlösenden Gong der Klingel. Bei meinem Glück konnte der Schnee auch nicht mehr bis zur nächsten Stunde warten und ein wildes Schneegestöber brach über mich hinein. Nach gut zwanzig Minuten kündigte die Glocke endlich Geschichte an und ich stürzte regelrecht vom Baum, rein ins Schulgebäude, auf zu Hr. Stroer. Der alte Mann stand schon an der Tafel und schrieb irgendwelche Aufgaben an die Tafel, als ich mich müde auf den Stuhl fallen ließ.
Kurz darauf drehte er sich zur Klasse, um sie zu begrüßen. Eigentlich hatte ich geplant, in dieser Stunde einen Teil meines fehlendes Schlafes nachzuholen, doch dieser Plan wurde durch meinen ach so tollen Geschichtslehrer vereitelt. Dieser verfluchte, alte Sack! Natürlich meinte er ja, ankündigen zu müssen, dass wir in zwei Wochen eine Präsentation vortragen müssen. Selbstverständlich in Zweierteams! Ich meine: was dachte er sich dabei? In einem Team sollte immer ein 10. klässler und ein 12. klässler sein. Ich meine: Was sollte der Blödsinn? Angeblich sollte es das Gemeinschaftsgefühl der Schulgemeinschaft stärken. Anscheinend wurden die Teams ausgelost.
Ich verdrehte die Augen. Wie kam man bitte auf eine so hirnverbrannte Idee? Und nicht nur das: Wann sollte ich mich bitte mit meinem Partner treffen? Täglich musste ich nach der Schule arbeiten! Am Wochenende sogar Vormittags! Und Abends putzte ich das Haus, kochte ich und tat, was noch so an Arbeiten im Haushalt anfiel. Und zusätzlich vergab meine „Familie" mir auch noch zusätzliche Aufgaben. Natürlich rührten sie nicht einen Finger um mir zu helfen. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich die einzige von uns bin, die Geld verdient? Nein? Dann habe ich es jetzt! Aber was dachte sich mein engstirnig denkender Lehrer? Geben wir ihr doch noch eine Teamarbeit! Es ist schon schwierig die Hausaufgaben fertig zu kriegen und zu lernen. Aber jetzt auch noch sowas? Genervt seufzend ließ ich mich nach hinten sinken und bekam die Auslosung nur am Rande mit. Erst bei meinem Namen wurde ich hellhörig: „Alexis und ... Cameron aus der 12b!" Ein Gemurmel ging durch die Klasse, dass sie sogar vergessen hatten, dass ich überhaupt existierte. Suchend sah sich mein Geschichtslehrer um, fand mich aber nicht. Schlecht gelaunt pfiff ich einmal mit zwei meiner Finger um auf mich aufmerksam zu machen.
Erleichtert sah mich der Lehrer an, während meine Klassenkameraden vor Schreck alle samt zusammengezuckt sind: „Euer Thema wird das 18. Jahrhundert sein. Was gab es für wichtige Ereignisse? Wie haben die Menschen zu dieser Zeit gelebt? Was haben sie gegessen? Usw.! Das wird deinem Teamkollegen auch noch alles mitgeteilt! In 2 1/2 Wochen müsst ich die Präsentation halten! Noch fragen?" Er sah mich mit etwas Erleichterung in seinem Blick an, als ich den Kopf schüttelte und mich wieder setzte. Cameron also.
Warum kam mir dieser Name so bekannt vor? Ich kam nicht drauf. Ich war immer noch nicht drauf gekommen, als ich am Nachmittag die Tür zum Café „Blue Sky" aufschlug, wo ich Teilzeit arbeitete. Lucifer stand schon hinterm Tresen und winkte mir freudig zu, als sie mich sah. Sie war in meinem Alter, ging jedoch auf ein Internat, dass hier in der Nähe war, weil sie nicht bei ihren Eltern leben konnte.
Das Schulgeld verdiente sie sich hier. Es war nicht so, dass ihre Eltern sie nicht mochten. Im Gegenteil, sie liebten sie über alles. Allerdings war ihre Mutter ein Engel und ihr Vater ein Dämon, wodurch der eine im Himmel und der andere in der Hölle lebte.
Natürlich konnten sie eine Zeit lang auf der Erde sein, jedoch konnten sie nicht länger, als sechs Monate am Stück hier überleben. Für Lucifer, die von beiden eine Hälfte hatte, war das allerdings kein Problem. Dafür konnte sie aber weder im Himmel, noch in der Hölle überleben. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als hier hinterm Tresen zu stehen und Muffins zu verkaufen. Achtlos schmiss ich meine Tasche in den Spint, bevor ich mir meine Schürze umband. Meine beste und einzige Freundin auf dieser Welt, grinste mir entgegen, als ich mich zu ihr gesellte.
Ich wusste wirklich nicht, wie sie es schaffte, mich nicht wie die ganzen anderen Leute zu übersehen. Ein junger, blonder Mann mit Brille bestellte gerade bei ihr ein Café und als ich ihm genau diesen auf den Tresen stellte, zuckte er erschrocken zusammen. Ich war diese Art von Reaktion schon gewöhnt und inzwischen verletzte sie mich auch nicht mehr. Kaum war er weg, quetschte mich meine liebreizende Kollegin auch schon über den heutigen Tag aus.
Als mein Magen sich allerdings wieder beschwerte, dass ich heute bisher nur ein Toast gegessen hatte, war sie stink sauer und warf meiner Stieffamilie die schönsten Beleidigungen die Ohren, dass ich irgendwann noch umfallen würde, vor Hunger. Man war ich froh, das sie sie nicht hören konnten!
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1183 Wörter
Bild - Lucifer

Another Cinderella-Story: Mein WerwolfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt