Lektion 1 (Part 2)

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Dunkelheit. Wie schon während der Fahrt. Aber wir hatten auf einem Parkplatz angehalten, das konnte man erkennen.
Pamina öffnete die Wagentür und stieg aus. Nun saß ich allein im Auto. Zum Glück war es hier drinnen schön warm- und gemütlich. Die Sitze des Bullis waren mit grünem Cord-Stoff überzogen und vom Rückspiegel baumelte ein Anhänger herab. Ein blauer Traumfänger und außerdem noch eine Art Zinnfigur. Ein Dreieck mit drei Querstreben.
In diesem Moment öffnete Pamina wieder die Tür. "Was ist?! Wie lange willst Du hier noch rumsitzen? Hilf mir mal." Also stieg ich ebenfalls aus und ging zu ihr hinüber.
Pamina hatte die Hintertür des Bullis geöffnet und hob eine weitere Kiste heraus. Sie war oben offen und weil sich meine Augen mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich auch, was drinnen war: Holzscheite. Die Pamina jetzt auf dem asphaltierten Parkplatz. aneinander lehnte. Darum herum legte sie einige größere Steine. Ein Lagerfeuer?!

"Ein Lagerfeuer.", antwortete sie, ohne, dass ich meine Frage überhaupt ausgesprochen hatte. Konnte sie Gedanken lesen?! Diese Frau war irgendwie gruselig.

Pamina zog ein Feuerzeug aus ihrer Jackentasche und entzündete das Holz. Zuerst war ich mir nicht sicher, ob die kleine Flamme dem Wind standhalten würde, doch sie wuchs schnell und bald schon stiegen Funken in den fast schwarzen Nachthimmel auf.

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Während sie bisher neben mir das Feuer beobachtet hatte, setzte Pamina sich nun mit einiger Entfernung davor und sah fragend zu mir auf. Ich ging zu ihr hinüber und ließ mich ebenfalls auf dem Asphalt fallen.

Schließlich nutzte ich die wieder mal anhaltende Stille:
"Okay gut.
Wir sitzen jetzt hier, an einem Lagerfeuer auf einem Parkplatz irgendwo im Nirgendwo.
Und jetzt? Du hast gesagt, Du willst mir zeigen, was Glück ist. In '12 Lektionen'. Warum eigentlich? Warum tust Du das? Kein normaler Mensch würde auf so eine Idee kommen!"

Pamina schwieg eine Weile und blickte in die knisternden Flammen. Danach hob sie den Kopf und sah mir direkt in die Augen.

"Ich komme auf so eine Idee, weil ich kein normaler Mensch bin. Im Gegenteil, mir läuft ein Schauer den Rücken hinunter, wenn ich daran denke, was wäre, wann ich ein 'normaler Mensch wäre'. Ich bin nicht so wie die meisten es sind und will es auch nicht sein.
Ich denke, dass sollte für Dich reichen, als Antwort auf Deine Frage, warum ich das tue. Weil ich nicht normal bin.
Und 12 Lektionen sind es, weil was genau 12 Dinge gibt, die aus meiner Sicht zum Glück beitragen."

"Ah ja. Und ein Lagerfeuer ist eines dieser 12 Sachen oder wie jetzt?!"

"Nein, nicht das Lagerfeuer. Aber etwas anderes. Du wirst bald wissen, was."

Ich sagte nichts mehr, sondern blickte- wie sie zuvor- ebenfalls ins Feuer. Es war wieder einmal still zwischen uns. Keiner sagte etwas, dafür gab die Umgebung genug Geräusche von sich. Ein Knistern und Knacken des brennenden Holzes und zwischendurch heulte immer wieder der Wind, dazu kam eine Art Rauschen. Wahrscheinlich von Tannen, jedenfalls meinte ich, in der Dunkelheit etwas weiter entfernt welche zu erkennen.
Hier draußen, außerhalb der Stadt war es noch viel dunkler, als zu Hause. Keine einzige Straßenlaterne erhellte die Umgebung. Es war, als würde mich die Schwärze der Nacht komplett einhüllen.

Nach einer gefühlten halben Ewigkeit stand Pamina schließlich auf. "Bin gleich wieder da", murmelte sie, dann entfernte sie sich einige Schritte vom Lagerfeuer und war somit komplett in der Dunkelheit verschwunden.
Ich blieb einfach sitzen. Vielleicht musste sie auf die Toilette oder so. Sie würde sicher gleich wieder kommen.



Einige Minuten vergingen. Ich saß einfach da und wartete auf Pamina. Die nicht kam. Obwohl se langsam echt mal wieder hätte da sein sollen. So lange dauerte ein Toilettengang ja normalerweise nicht. Seltsam...

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