Lektion 6 (Part 1)

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Dreiundzwanzig Uhr achtundfünfzig.

Dreiundzwanzig Uhr neunundfünfzig.

Null Uhr.

Pamina hatte nicht angerufen. Den ganzen Tag hatte ich auf ein Zeichen von ihr gewartet, dass eine neue Lektion bevorstand- aber sie hatte sich nicht gemeldet. Jetzt war ein neuer Tag angebrochen und noch immer nichts.

Das war seltsam, sehr seltsam. Ich hatte immer das Gefühl gehabt, dass Pamina diese Lektionen, in denen sie mir etwas neues beibrachte, sehr am Herzen lagen. Da konnte ich mir absolut nicht vorstellen, dass sie die heutige einfach so ausfallen ließ- noch dazu, ohne etwas zu sagen! Nein, das konnte nicht sein.

Was war los mit Pamina? Sie hatte mich ja nicht einfach vergessen können, war sie vielleicht verhindert? Aber in wie fern? Hatte sie verschlafen?
Das erschien mir als sehr unwahrscheinlich, da unsere Treffen sonst auch meist nachts stattfanden. Pamina war eine Nachteule, hundertprozentig. Sie verschlief nicht.
Und auch sonst hätte sie mir Bescheid gegeben, wenn ihr etwas dazwischengekommen wäre, das hatte ich im Gefühl. Um nichts zu sagen, dazu kannten wir uns jetzt schon zu lange.

Nein, es musste irgendetwas passiert sein.

Ich musst etwas unternehmen. Immerhin hatte sie mir letzte Woche auch geholfen.

Es brachte nichts, hier in meinem Zimmer zu sitzen, die Digitaluhr anzustarren und sich den Kopf zu zerbrechen. Ich musste etwas tun. Ich musste sie suchen.

Während ich in meinem Zimmer herumtigerte, begann ich, zu überlegen, wo Pamina sein konnte: Sie wohnte zur Zeit in ihrem Bulli. Und er konnte überall sein. Irgendwo in der Innenstadt... vor dem Club, in dem wir uns kennengelernt hatten...

oder auf dem Parkplatz!

Dort hatten wir in den letzten Wochen öfter Zeit verbracht und es war immer ihre Idee gewesen, dort hin zu fahren. Der Bulli könnte also dort stehen!

Natürlich war die Chance nicht allzu hoch, das ich Pamina dort antreffen würde, aber es war bis jetzt der einzige Anhaltspunkt über ihren jetzigen
Aufenthaltsort.

Wobei- sie hatte, glaubte ich, irgendwann mal erwähnt, dass sie hier früher hier in der Gegend gewohnt hatte!
Aber... das war früher. Danach war sie ja in den Wohnwagen gezogen. Das hier war also eine Spur, die ins Nichts führen würde.

Ich atmete tief durch und straffte die Schultern. Gut, dann musste ich eben zum Parkplatz fahren. Meine Eltern waren übers Wochenende mit dem Familienauto weggefahren, aber in unserer Garage stand noch ein weiteres Fahrzeug: Ein Oldtimer, den mein Vater vor langer Zeit einmal gekauft hatte und nun hegte und pflegte. Eigentlich durfte ich nicht einmal auf die Idee kommen, auch nur die Beifahrertür zu öffnen- aber das hier war eine Ausnahmesituation. Er würde schon nichts mitbekommen.

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Eine gute Viertelstunde später hatte ich das Garagentor geöffnet und der Bewegungsmelder schaltete das Licht an. In mitten des Gerümpels, das meine Eltern hier lagerten, stand ein großes Gebilde- abgedeckt mit einer schwarzen Plane.

Vorsichtig schritt ich darauf zu und berührte den Stoff. Meine Finger glitten an der Motorhaube hinunter und ich umfasste das Ende des Plane unter dem Nummernschild. Kurz hielt ich noch inne und überlegte, ob das hier richtig war- bevor ich mit einem Ruck den Stoff in die Höhe zog und blitzschnell das komplette Fahrzeug abdeckte, bevor ich es mir noch einmal anders überlegen konnte.

Ein silberner Mercedes SL R 107.
Der Lack glänzte im Garagenlicht.

Normalerweise hätte ich mir jetzt die Zeit genommen, das Fahrzeug genauer zu betrachten, aber ich besann mich eines Besseren und zog den Autoschlüssel aus der Hosentasche, welchen ich vorher im Haus noch vom Schlüsselbrett genommen hatte. Es klickte leise, als ich- nachdem ich den Mercedes aufgeschlossen hatte- die Lenkradsperre entfernte. Meine Sporttasche, die von vor zwei Wochen noch gepackt war, landete auf dem Beifahrersitz.

Vorsichtig ließ ich den Wagen an. Als das Geräusch des Motors ertönte, musste ich automatisch grinsen. Ein weiteres Mal atmete ich tief durch und konzentrierte mich, dann drückte ich auf das Gaspedal.

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