Lektion 1 (Part 3)

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Das konnte nicht wahr sein! Wo war Pamina bloß hin verschwunden?! Sie war seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr aufgetaucht. Langsam aber sicher wuchs Sorge in mir. Was, wenn sie sich irgendwo verlaufen hatte? Oder umgeknickt war? Wir waren hier auf einem Parkplatz irgendwo im Nirgendwo in der Natur. Da konnte es doch leicht passieren, dass...

Nein, halt. Jetzt bloß keine Panik schieben. Ich musste klar denken. Also atmete ich einmal tief durch.

Ich musste Pamina suchen gehen. Mein Handy war noch fast komplett aufgeladen und ich hatte eine Taschenlampen-App. Damit sollte es gehen. Als mein Sperrbildschirm auf dem Display erschien, seufzte ich leise auf. Ich hatte irgendwie gehofft, dass Pamina mich anrufen würde, wenn sie ihr Handy mit sich trug. Meine Nummer hatte sie ja. Aber ich hatte keine verpassten Anrufe. Also gut. Ich schaltete meine digitale Taschenlampe an und begann, mich einige Schritte vom Lagerfeuer zu entfernen. Schon bald war der Boden nicht mehr asphaltiert, sondern ging in einer Art Acker über. Ich leuchtete vor mich- keine Bäume, Sträucher oder etwas dergleichen. Hier musste ein Feld sein.

"Pamina?!" Meine Stimme war ungewöhnlich laut.

Aber keine Antwort.

"Pamina!", rief ich noch einmal.

Nichts.

"PAMINA!", brüllte ich nun in die Dunkelheit hinaus.

Aber immer noch kein Geräusch.

Ich atmete wieder tief durch, straffte meine Schultern und ließ noch einmal meinen Sperrbildschirm aufleuchten. Immer noch kein Anruf.

"Also gut. ", begann ich, zu mir selbst zu sprechen. "Ich suche jetzt noch einmal die Umgebung rund um den Parkplatz ab und wenn ich sie dann nicht finde, rufe ich Hilfe an. Die Polizei oder so. Das ist doch ein Pla.."

"Perfekt!"


Eine ungewöhnlich tiefe Stimme. Pamina?!

Sie kam aus der Richtung des Autos. So schnell es ging, sprintete ich die wenigen Meter zurück und umrundete den Bulli. Im selben Moment wurde die Beifahrertür geöffnet und Pamina sprang heraus.

"Perfekt!", rief sie noch einmal. "Ich muss sagen, Du hast Dich wirklich gut geschlagen. Dein Plan mit dem Suchen und dann Hilfe anrufen war gut. Glückwunsch! Erste Lektion geschafft!"

Ich blinzelte nur, denn gerade konnte ich ihr nicht ganz folgen. Hieß das etwa, dass ihr Verschwinden gerade nur inszeniert war?! Sie hatte sich doch wirklich absichtlich vor mir versteckt! Das war nicht zu glauben.


"Sag mal spinnst Du?! Du kannst doch nicht einfach so abhauen! Ich hatte mir gerade echt Sorgen gemacht! Das kann doch nicht Dein Ernst sein! Warum tust Du das?!"

"Ganz einfach: Das ist der Inhalt der ersten Lektion. In Ausnahmesituationen einen kühlen Kopf bewahren. Und ich muss sagen, das hast Du echt gut gekriegt. Diesen Teil vom Glück hast Du also schon sicher. Das ist sehr gut."

"Ich fasse es nicht. Du bist doch komplett verrückt!"

"Ja, das stimmt. Aber gut: Wie ich es vorhin gesagt habe, machen wir ein Polaroid-Bild pro Lektion. Das von heute habe ich schon gemacht. Da bist Du drauf. Und ich hab schon drunter geschrieben, was der Inhalt war: Ausnahmesituationen bestehen können." Sie grinste stolz.

"Mir egal. Wir fahren jetzt wieder heim. Ich will nicht mehr." Ich öffnete die Fahrertür und setzte mich hinters Steuer. Der Schlüssel steckte. Pamina ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und schloss die Autotür. Dann ließ ich den Motor an.


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Fünf Uhr morgens. Ich lag wieder in meinem Bett. In der Hand das Polaroid-Bild, das Pamina mir vor meiner Haustür noch in die Hand gedrückt hatte. Darauf war ich von hinten zu sehen, wie ich halb in dem Feld stand und nach ihr rief. Darunter stand in krakeliger Handschrift geschrieben: Lektion 1: Ausnahmesituationen bestehen können.

Ich konnte immer noch nicht glauben, was in diesen drei Stunden passiert war. Pamina war komplett verrückt. Was war nur in sie gefahren? So jemanden hatte ich noch nie getroffen.


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