Rose
Ungefähr zehn Minuten laufen wir nun mit unseren Schuhen in der Hand am warmen Strand entlang, der sich langsam in ein dunkles Orange färbt.
In diesen Minuten haben wir nicht sehr viele Worte ausgetauscht, doch es ist dieses Mal keine unangenehme Stille, die für mancheinen peinlich rüber kommen könnte, sondern ein Schweigen, welches viel mehr aussagt, als es Worte könnten.Ich sehe im Augenwinkel wie er immer wieder zu mir rüber schielt und sich ein schmales Lächeln auf seinen Lippen bildet.
Ich bemerke außerdem wie er mir versucht unauffällig näher zu kommen.„Was machst du so in deiner Freizeit?", unterbricht Anthony nun die Stille und schaut vor uns auf die kleine Welle, die sich um unsere Füße bahnt und ein leichtes kitzeln hinterlässt.
„Ich lese gerne", antworte ich knapp. „Sonst nichts?", hackt er nach, worauf ich nachdenklich nach vorne blicke, wo sich der Strand noch um Kilometer erstreckt.
„Ich singe und tanze auch gerne."
Nun drehe ich mein Kopf wieder in seine Richtung.
„Und du?"
„Neben Gitarre spielen tue ich eigentlich nichts besonderes.."
Ich nicke verstehend.Und ohne noch etwas zu sagen gehe ich ein paar Schritte durch den feuchten, etwas kühlen Sand, bis ich wieder bei dem weichen Pudersand angekommen bin und lasse mich auf meinen Po fallen.
Eine kurze Zeit sieht mich Anthony, welcher nun ein paar Schritte vor mir steht, einfach an.
Als wolle er all meine Gesichtskonturen studieren, bis er sich langsam neben mir nieder lässt.Das Rauschen des Meeres dringt in meine Ohren und es scheint so, als wäre das hier der magischste Moment den ich jemals erlebt habe.
Es fühlt sich so unecht an, dass tatsächlich Anthony neben mir sitzt und mit mir den Sonnenuntergang anschaut.„Ich liebe die Dämmerung", gebe ich leise von mir und lehne mich nach hinten auf meine Ellenbogen.
„Echt?" Ich nicke und schaue ihm nun ins Gesicht, wobei sich herausstellt, dass er weiterhin auf das rauschende Meer schaut.„Ich die Nacht" „Warum?"
Er lacht leise auf, bevor er seine Augen für einen kurzen Moment schließt und sich wieder in meine Richtung dreht.
„Entweder du gehst feiern, besäufst dich bis du nicht mehr gradeaus laufen kannst und machst einfach alles was du willst, weil es sowieso kein Schwein interessiert.
Oder du kannst einfach entspannt in deinem Zimmer sitzen, für dich alleine sein, keiner stört dich, keiner will etwas von dir und du kannst einfach abschalten."Ich erwiderte nichts darauf, sondern lasse mir seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen.
Er hat recht. Nach der Dämmerung kommt auf jeden Fall die Nacht und zum Schluss der Tag.
Der Tag, der nur neue scheiße mit sich trägt.„Wieso bist du eigentlich nie auf den Party's die die Leute aus der Schule schmeißen? In den Monaten in denen ich jetzt hier bin, hab ich dich kein Mal dort gesehen"
Natürlich. Natürlich musste er so eine Frage stellen.
Doch was mir ebenfalls nicht entgeht ist, dass er anscheinend neu hierher gezogen ist, was erklärt wieso ich ihn noch nicht so oft in der Schule gesehen habe.„Ich darf nie", sage ich leise und starre emotionslos auf das Meer. „Meine Mutter hat zu viel Angst"
„Wovor? Dass du betrunken auf der Straße liegst?"
Ein leises Schmunzeln entfährt ihm, worauf sich mein ganzer Körper automatisch anspannt.
Dieser kurze Lacher und er hat mir mehr wehgetan als in den letzen Stunden.
Ich kann nicht beschreiben wie es sich anfühlt, außer, dass es so ist als würd mich ein eiskalter Schauer übermannen und ich am liebsten einfach davor wegrennen würde.„Dass ich sterbe."
Und wie sein Lächeln gekommen ist, so ist es auch wieder verschwunden.
Ich wage es dieses mal nicht ihm in die Augen zu blicken.
Ich kann nicht.

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Die Dämmerung in dir
Novela Juvenil•pausiert• »𝐖𝐢𝐥𝐥𝐬𝐭 𝐝𝐮 𝐝𝐞𝐧𝐧 𝐬𝐭𝐞𝐫𝐛𝐞𝐧?« Krank verschließt sie sich immer weiter von der Außenwelt, in dem Wissen bald sterben zu müssen. Es ist schrecklich mit so einer Last zu leben und auch noch glücklich wirken zu müssen. Aber al...