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Rose

Mit Schwindel und Übelkeit liege ich nun in meinem Bett und starre an die Decke.
Ja, in meinem Bett.
Anthony hat mich tatsächlich nach Hause gebracht.
Und das auch noch betrunken.
Scheiße, ich will gar nicht wissen wie meine Mum geguckt hat, als Anthony hier geklingelt hat.
Wieso hat er das überhaupt getan?

Grummelnd steige ich vorsichtig aus meinem Bett und schaue aus dem Fenster.
Es ist schon längst Mittag und immer noch habe ich keine einzige Nachricht von Anthony bekommen.
Habe ich gestern irgendwas blödes betrunken zu ihm gesagt?
Fuck, wie peinlich.
Nicht einmal daran kann ich mich richtig erinnern.

Und wieder fühlt es sich an, als würde jemand in meinem Magen und meinem Kopf ein Konzert geben.
Wie ein tosender Sturm wütet dort etwas, was ich nicht beschrieben kann.
Doch so schrecklich habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.

Noch einmal tief ein und ausatmend, öffne ich meine Zimmertür und steige vorsichtig die Treppe hinunter.
Auf dem Weg in die Küche, überlege ich welche Sprüche sie mir an den Kopf werfen könnte und wie lange ich wohl in diesem Haus hocken muss, um meine Strafe abzusitzen.

Mit kleinen Schritten laufe ich Richtung Kühlschrank, in dem Wissen, dass sie an unserem Esstisch sitzt und mich schweigend beobachtet.
„Mum ich-", fange ich langsam an zu reden und drehe mich in ihre Richtung, doch zu meinem Erstaunen schaut sie mich nur stumm an.

Kein Gemecker.
Kein Gefluche.
Nur ihre bösen Blicke durchbohren mich.

Mit meinem Müsli in der Hand will ich gerade wieder aus dem Zimmer gehen.
Wenn sie nicht mit mir redet, tue ich das auch nicht mit ihr.

„Warst du letze Nacht bei ihm?", fragt sie nun mit fester Stimme, worauf ich stehen bleibe und mich langsam zu ihr umdrehe.
Doch diese Antwort ist ihr anscheinend genug, da sie verbittert ihre Hände vor ihr Gesicht schlägt.
„Ich hab im Bett und er auf der Couch geschlafen", erkläre ich ihr seufzend und verdrehe meine Augen, „keine Sorge..."
„Keine Sorge?", brüllt sie nun in einem hellen, quietschenden Ton und steht auf.
„Was ist los mit dir! Seit wann kommst du nicht mehr nach Hause, betrinkst dich heimlich und schläfst bei einem Jungen!"

„Ich sterbe bald Mum!", schreie ich als Antwort und trete auf sie zu. „Ich habe nur noch ein paar Monate Zeit Sachen zu erleben, die ich mich nie getraut habe auszuprobieren! Und auch wenn mir etwas passiert, ich sterbe sowieso!"
Mit bebender Brust schaut meine Mutter mich nun an.

Ich kann nicht beschreiben was es ist, doch sie macht mir Angst. Wie sie mich anschaut, wie sie mit ihren einzelnen Blicken ihre Wut ausdrückt, lässt mich zusammen zucken.
Ich kann verstehen dass sie sich Sorgen macht, doch muss sie auch mich respektieren.
Noch nie durfte ich so etwas machen wie feiern gehen, trinken, oder einen Jungen als Freund haben.
Wie soll ich da glücklich sterben?
Ist es das was sie will?
Soll ich ohne schöne Erinnerungen sterben?

„Ich werde alles machen was du mir verboten hast. Ich werde mich noch mehr betrinken! Ich werde Drogen nehmen! Ich werde weglaufen und vielleicht auch wegfliegen! Und weißt du was?" Ich spüre wie die Wut nur so in mir kocht und ich sie keine Sekunde länger zurück halten kann.

Zu lange habe ich mich schweigend in meinem Zimmer verkrochen.
Sie hat mich lange genug eingesperrt.
Lang genug hat sie mich vor der "bösen" Welt dort draußen beschützt.
Ich will verdammt noch mal leben!

„Ich werde meine Jungfräulichkeit an dem Jungen, der mich gestern nach Hause gebracht hat, verlieren. Ich werde mit ihm so oft schlafen wie ich will! Mit so vielen wie ich will!"
Wie ein Tier ballt sie ihre Hände zu Fäusten und starrt mich durchgehend an, während die Aggressionen in ihr nur noch mehr zunehmen.
„Vielleicht auch einen Dreier?"
Gesicht an Gesicht hauche ich die letzen Wörter, bevor ich ihre Hand in meinen blonden Haaren spüre.

Die Dämmerung in dir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt