KAPITEL 02

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Unruhig wippte mein Bein auf und ab. Meine Augen schweiften immer wieder vom Laptop ab, auf das kleine Kärtchen.
"Ach verdammt, was solls." Seufzend schnappte ich mir mein Handy, tippte die Nummer ein. Wenn ich mich wieder auf das Schreiben konzentrieren wollte, blieb mir keine andere Möglichkeit, denn so wie ich mich kannte, würde es nicht einmal helfen diese verteufelte Visitenkarte in Brand zu setzten.

Mein Finger schwebte bereits über dem grünen Hörer, als ich nochmal tief Luft holte und ihn schließlich senkte. Es piepte. Mit jedem Piepen wuchs die Reue in mir. Ich hätte es einfach lassen sollen. Gerade als ich auflegen wollte, erreichte mich seine tiefe Stimme durch das Telefon. Sie reichte bis in meine Zehe.

"Hi, Adlon. Ich bin's Eliza." Es herrschte eine unangenehme Stille. Kannte er meinen Spitznamen nicht? Panik stieg in mir auf. Woher sollte er ihn kennen? "I-ich meine Elizabeth", korrigierte ich schnell. "Ja.. ja, Eliza - Elizabeth, ich weiß." Wieder sagte eine gefühlte Ewigkeit keiner etwas und die Reue überkam mich erneut. Warum hatte ich es überhaupt versucht? Was hatte ich mir erhofft?

"Kennst du das Morton's?", erkundigte er sich auf einmal. Ich überlegte kurz. Das Steakhouse beim Theater, wenn ich mich recht erinnerte. Ziemlich schick. Zaghaft bejahte ich. "Ich reserviere uns einen Tisch für 19 Uhr."

Kaum war der Anruf beendet, stürmte ich bereits ins Badezimmer. Den ganzen lieben langen Tag hockte ich mit Jogginghose und ekelhaft fettigen Haaren am Schreibtisch und drehte Däumchen.
Ich liebte meinen Job. Das Schreiben war meine absolute Leidenschaft, aber so langsam hatte ich das Gefühl die Decke würde mir auf den Kopf fallen.
Dank eines gewissen Naturwissenschaftlers drehte ich mich sowieso nur noch im Kreis. Nichts anständiges kam mehr bei rum. Es gab einfach keine Fortschritte, sodass ich schon eine Schreibblockade befürchtete. Sowas hatte ich noch nie und es beängstigte mich.
Ich erhoffte mir nach dieser Verabredung wieder etwas klarer Denken sowie einen Weg aus dieser Sackgasse finden zu können.

-

Wir beide hatten uns ausführlich von unserem Leben nach der Science University of Chicago erzählt. Nach seinem Studium arbeitete er gut zwei Jahre als Leiter in einem Blutlabor, schnell merkte er allerdings, dass ihn das nicht vollkommen erfüllte. Er wollte mehr tun, als die Krankheiten der Menschen anhand ihrer Blutwerte zu bestätigen. Er wollte Gegenmittel, Therapien, Wege finden, die den Betroffenen wirklich halfen. Ich war zutiefst beeindruckt.

Meine Geschichte kam mir im Vergleich vollkommen belanglos vor. Ich war so mehr oder weniger in diese Branche reingerutsch. Ich meine, klar, ich studierte Literaturwissenschaft, aber damit, dass ich eines Tages Schriftstellerin werden würde, hatte ich in einhundert Jahren nicht gerechnet.
Spaßeshalber lud ich eine meiner Geschichten auf einer Plattform hoch, woraufhin ein Verlag sich bei mir meldete. So kam es, dass ich unter Vertrag genommen wurde. Relativ zeitnah erschien dann auch mein zweites Buch. Mittlerweile hatte ich ganze fünf Werke veröffentlicht.

"Wow", murmelte er verträumt vor sich hin. "Das ist bemerkenswert. Bei uns war teilweise die Hölle los, wenn mal nur ein paar Untersuchungen mehr anstanden, und du, du schüttelst innerhalb von vier Jahren fünf Bestseller aus dem Arm - zwei davon sogar während dem Studieren. Und jetzt schreibst du schon wieder." Ich geriet in Verlegenheit. Meine Wangen glühten. Schnell senkte ich den Kopf, um es zu verbergen.

"Ja, aber um ehrlich zu sein läuft es momentan nicht allzu gut." Langsam hob ich das Kinn wieder. Gespannt lehnte er sich vor. Der Ausdruck spiegelte auch etwas von Sorge. "In mir brodelt es förmlich an Ideen, ich habe eine klare Vorstellung, wie es ausgehen soll, aber ich bringe nichts auf Papier. Mein Kopf ist voll und trotzdem so leer wie nie zuvor." Verzweifelt stützte ich mich auf meinen Händen ab. Wie sollte ich jemals rechtzeitig fertig werden?
"Ein Ortswechsel würde dir vielleicht gut tun. Oder auch einfach mal eine Auszeit." Mit einer Handbewegung wimmelte ich ab. Unmöglich. "Das geht nicht. Ich habe eine Abgabefrist bis in zweieinhalb Wochen."

Nachdenklich lehnte er sich wieder zurück, um zu grübeln. Ich schätzte seine Unterstützung wert, allerdings glaubte ich nicht an sie.
"Und wie wäre es, wenn du da weiterschreibst, wo du schon eine klare Vorstellung hast?" Das war es. Begeistert setzte ich mich auf. "Du bist ein Genie!"

Am liebsten wäre ich jetzt gleich aufgesprungen und losgerannt. Adlon entging dies selbstverständlich nicht. "Na los. Geh schon", deutete er in Richtung Tür. Mein Mund formte sich zu einem O. "Ernsthaft?", riss ich die Augen auf. Grinsend nickte er. "Ich will deiner Karriere nicht im Weg stehen." Begeistert stellte ich mich auf beide Beine. "Das würdest du nie", versicherte ich ihm und drückte ihm aus Euphorie einen Kuss auf die Wange.
Hastig streifte ich mir meinen Mantel über, griff in die Tasche. "Nicht", wehrte er jedoch ab. In meiner Bewegung hielt ich inne. "Bist du dir sicher? Die Rechnung ist, denke ich, ziemlich in die Höhe gestiegen." Er bestätigte es mir, meinte er würde mich einladen. Dann sprintete ich zu meinem Auto und setzte mich sofort an meinen Laptop.

Abends bekam ich noch eine Nachricht von ihm.

Adlon: Und? Wie läuft's? Kommst du gut voran?

Eliza: Super! Ich befinde mich in einem totalen Schreibfluss. Ich kann gar nicht mehr aufhören. Danke nochmal.

Adlon: Nichts zu danken. Es freut mich, das zu hören. Mach nicht zu lange. Es ist schon spät.

Eliza: Mach ich nicht. Noch dieses Kapitel, dann gehe ich schlafen.

Damit legte ich das Smartphone beiseite und konzentrierte mich auf besagtes Kapitel.

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Das ist das erste Mal, dass ich mich auf diesem Account persönlich melde.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich am Ende eines Kapitels immer ein paar Gedanken, Fragen etc. zurücklassen soll.
Vielleicht könnt ihr mir mal sagen, was ihr davon halten würdet.

Ich wünsche euch einen guten Rutsch ins neue Jahr. 🎆🎆
Auf dass es besser wird!

Through the darkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt