KAPITEL 14

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"Wie geht's dir?", erkundigte Adlon sich, kaum hatte ich die Augen geöffnet. Ich brauchte ein paar Momente, um mich wieder an gestern zu erinnern. Prompt raffte ich mich auf,  da war das Hämmern auch schon wieder zurück. Zischend verzog ich das Gesicht und hielt mir die Stelle.
"Mach langsam." Sachte drückte er mich wieder runter. "Fass mich nicht an", fauchte ich daraufhin.
Dieses Mal war es anders, als an jenem Abend. Dieses Mal gab es keinen Grund für ihn so zu reagieren. Dieses Mal würde ich es nicht so einfach wegstecken. Dieses Mal würde ich nicht so schnell verzeihen. Ich fragte mich wirklich, ob er dachte, er könne so mit mir umgehen, nur weil ich es ihm damals hab durchgehen lassen. Diesen Eindruck sollte er auf gar keinen Fall erhalten.

"Es tut mir unendlich leid." Bedrückt senkte er den Kopf. Es tat ihm ernsthaft leid, doch das machte es auch nicht ungeschehen oder verständlich. "Spar dir deine Entschuldigung und sag mir einfach wieso." Er presse die Lippen aufeinander und gab keinen Mucks von sich. "Gottverdammt, wieso?", beschimpfte ich ihn. Ich spürte wie die Verzweiflung, die Trauer in mir aufstiegen.
In einem Moment fühlte ich mich wie das Wertvollste in seinem Leben und in der nächsten Sekunde verpasste er mir eine Backpfeife oder hielt mich brutal fest. Wo kam dieser Jähzorn her?
Ich war unglaublich aufgebracht, zornig und doch einfach nur traurig und verletzt. Vielleicht hatte ich mich in ihm getäuscht, dem bewusst zu werden tat schrecklich weh.

"Sag es!", kreischte ich mit brechender Stimme. "Wieso zur Hölle tust du mir das an?" Tränen der Wut, aber auch der Hilflosigkeit brannten ihn meinen Augen. Ich hatte Angst das mit uns würde zerbrechen, denn ich war nicht bereit ihn gehen zu lassen.

Endlich fand er den Mut, den Kopf zu heben und mir ins Gesicht zu schauen. Mein Atem stockte, als ich die tränenden Augen entdeckte.
"Es tut mir leid, Eliza." Verzweifelt zuckte er mit den Achseln. "Ich weiß nicht, wieso das auf einmal wieder alles passiert. Es ist..." Er schüttelte den Kopf. "...schon so lange her." Einen Augenblick lang schwelgte er in Erinnerungen - definitiv keine schönen.
"Ich schätze, ich fühle mich in deiner Anwesenheit zu sicher. So geborgen und geliebt habe ich mich im Leben noch nie gefühlt. Ich vertraue dir und kann mich fallen lassen. Aber jedes Mal, wenn ich mich fallen lasse, sind da wieder diese Bilder von Bill und-" Er holte tief Luft. "Und das macht mich wahnsinnig. Ich ertrag es einfach nicht. Aber weißt du, was das Schlimmste ist?" Flüchtig sah er mich an, erwartete jedoch nicht wirklich eine Antwort.
"Ich bin ein genauso grauenvolles Monster wie er."

In Schweigen gehüllt starrte ich ihn einfach nur an. Mein Inneres zog sich zusammen und verkrampfte schlagartig. Dass sein aggressives Verhalten einen so tiefen Hintergrund hatte, erschütterte mich zutiefst. Ich hatte ja keine Ahnung. Ein schlechtes Gewissen machte sich in mir breit. Genau wie an jenem Abend hätte ich einfach den Mund halten sollen.
"A-adlon", fand ich die Worte eine Ewigkeit später wieder. "Bitte entschuldige. Ich wusste nicht, dass-" Ich stoppte, versuchte eine passende Formulierung zu finden, doch da gab es keine. Scheinbar hatte ich die Worte doch nicht wiedergefunden.
"Ist okay, Eliza. Ich hätte es dir einfach gleich nach dem ersten Vorfall sagen sollen." Ich schwieg, weil ich ihm nicht einfach zustimmen wollte. Das Thema ging ihm nahe, er hatte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht bereit gefühlt mir die Wahrheit zu offenbaren.

"Ich will dich auf keinen Fall mit irgendwas jemals unter Druck setzten", schilderte ich. "Aber wenn du bereit bist zu reden, werde ich da sein und dir zuhören." Schwach lächelte er mich an und bedankte sich still.

"Und jetzt komm endlich her." Guten Willens hielt ich ihm meine ausgestreckten Arme entgegen. Erleichtert schmiegte er sich an mich, vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Sofort ging seine Wärme auf mich über und ich spürte die Geborgenheit, von der auch er zuvor gesprochen hatte.
"Danke, dass du so gut zu mir bist", wisperte er an meine Haut. Die dezente Berührung seiner Lippen stellte alle meine Nackenhaare auf. Zur Krönung küsste er mich nun auch noch an dieser einen Stelle.

Through the darkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt