KAPITEL 04

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Adlon: Bin da. Soll ich hochkommen?

Auf einmal überkam mich eine Welle der Panik. Schnell antwortete, bevor er sich noch auf den Weg machte.

Eliza: Nein, schon gut. Ich bin in drei Minuten da.

Eigentlich war ich schon vor einer halben Stunde fertig und stand abmarschbereit im Flur. Wegen meiner Nervosität hielt ich es nicht aus länger zu warten, weshalb ich viel zu früh anfing mich fertigzumachen.
Ich atmete ein letzte Mal tief durch und verließ schließlich die Wohnung.

Etwas unbeholfen sah ich nach links und rechts auf der Suche nach ihm, als die Scheinwerfer eines nahegelegenen Mercedes aufblitzten, ich ihn am Steuer erkannte. Meine Mundwinkel zuckten krampfhaft hoch und ich setzte allmählich einen Fuß vor den anderen. Er kam mir entgegen. Seine Augen scannten mich mehrere Male vom Scheitel bis zur geringen Sohle meiner farblich auf das Kleid abgestimmten High-Heels.

"Du siehst umwerfend aus", komplimentierte er und hielt mir die ausgestreckten Armen entgegen, um mich in eine Umarmung zu ziehen. Augenblicklich wurde mir leicht ums Herz. Es gefiel ihm. Sein unergründlicher Blick vor wenigen Sekunden spannte mich ziemlich auf die Folter, aber er fand es - mich umwerfend. "Danke", hauchte ich an seiner Brust, löste mich von ihm.
Auch er hatte sich ziemlich herausgeputzt und irgendwas sagte mir, dass es nicht nur wegen der Feier war.

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"Oh Gott, nein. Ich will es nicht sehen", kicherte ich, als Adlon sich wieder neben mich setzte. "Was? Wieso nicht?", hackte er nach und tippte ein paar Mal auf seinem Display. "Ich will mich nicht sehen." Verträumt betrachtete er das Bild. "Ich könnte dich ewig angucken." Tatsächlich verging eine gefühlte Ewigkeit, in der er einfach mit einem Lächeln auf den Lippen das Foto anstarrte. Nun wurde ich doch schaubegierig. "Gib schon her", befürchtete ich das Schlimmste und riss es ihm nahezu herrisch aus der Hand.
Für mein Leben gerne hätte ich mich in Luft aufgelöst. Ich sah fürchterlich aus. Das eine Auge nur halb offen, mein Mund dafür sperrangelweit. Der Winkel war auch noch mehr als ungünstig. Von dem Rest wollte ich gar nicht erst anfangen. "Dieses Bild darf unmöglich von mir existieren." Ich war dabei es zu löschen, als er mir das Gerät wieder abnahm.

"Nichts da. Sonst habe ich nichts, was ich anschauen kann, wenn ich dich vermisse." Die letzten drei Worte verschlugen mir den Atem. "Wenn du mich vermisst?", wiederholte ich bass erstaunt.
Erst zögerte er einen Moment, entschied sich dann, es nicht zu leugen. "Ja, wenn ich dich vermisse." Mit soviel Intensivität, wie er in diesem Moment, hatte mich noch nie jemanden angesehen. Benommen hockte ich regungslos da, nicht fähig auf irgendeine Weise zu reagieren. Mein Magen schlug Purzelbäume und mein Herz pumpte das Blut schneller durch meine Adern. "Er vermisst mich", spielte die Dauerschleife in meinem Kopf, ließ mein Herz mit jeden Mal höher schlagen.

"Ich habe dich fünf Jahre lang vermisst, Elizabeth. Die Zeit hat mich dich nicht vergessen lassen, ich habe mich nur damit abgefunden, dass ich dich niemals wiedersehen geschweige denn ein Teil deines Lebens sein würde. Trotzdem habe ich jeden Tag gehofft", erzählte er. "Und dann standst du vor genau zwei Monaten in meinem Büro." Nach wie vor stand ich vollkommen neben mir, nicht in der Lage etwas gebührendes zu entgegnen.

"Du hast dich kein Bisschen verändert", ergriff er abermals das Wort. "Ich sehe in dir noch immer die aufstrebende, lebhafte Studentin, die pünktlich zu jeder Vorlesung erscheint und sich in die letzten Reihen verdrückt, wo sie heimlich an ihrem Roman sitz." Hitze suchte mein Gesicht heim. Wie konnte er davon wissen? Nicht einmal Summer, meine damalige beste Freundin, die dieselben Kurse wie ich belegte wussten davon.

Es wurde plötzlich alles zu viel. Der Mann, auf den ich Jahre lang stand, schien nun auch nicht vollkommen abgestoßen von mir gewesen zu sein. Mich überkam eine unbändige Gefühlswelle. Ich verstand die Welt nicht mehr. Um mich herum drehte sich alles. Ich glaubte in dieser riesigen Halle voller Menschen ersticken zu müssen.
Irgendwie schaffte ich es mir einen Weg durch die Menge, an die frische Luft zu bahnen. "Eliza!", hörte ich ihn meinen Namen rufen, doch ich hielt ihm kopfschüttelnd die Hand entgegen. Ich war nicht sauer, gefrustet oder sonst was von ihm. In diesem Moment war ich einfach nur erheblich überfordert.

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Drama baby, drama.
Hach ja, ich liebs.

Through the darkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt