Der Ausweg?

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Wieder hatte Phil eine fast schlaflose Nacht hinter sich gebracht und Hectors Anruf hatte ihn nur ein kleines Stück weit beruhigt.
Er hatte versucht sich einzureden, dass Nora nicht die war, die sie vorgegeben hatte zu sein, und deshalb auch der Kuss nichts zählte, seine Gefühle nichts zählten.
Aber er hatte keinen Erfolg damit gehabt.
Er konnte weder den Kuss vergessen, noch die Angst um sie überspielen oder leugnen, dass er sich in sie verliebt hatte.
Aber er konnte auch nicht einfach so weiter machen.
Er musste wissen, wer sie wirklich war.

Zehn Minuten später stand er in der Bank, vor sich das Schließfach Nummer 39, in seiner Hand der kleine Schlüssel.
Hier würde er endlich Antworten finden.
Wer war Nora wirklich? Woher kam sie? Wie bekannt war sie tatsächlich? Und wer war ihr Ex?
Warum also bewegte sich sein Arm nicht? Schob den Schlüssel nicht ins Schlüsselloch, um ihn endlich an die Informationen kommen zu lassen?
Was hinderte ihn daran?

„Ich erzähl dir vielleicht mal die ganze Geschichte, aber nicht mehr heute. Und morgen nicht gleich."
Das hatte sie zu ihm gesagt.
Sie vertraute ihm, hatte ihm mit dem Anwalt geholfen, in der Aurora geholfen, ihn geküsst.
Würde sie ihm immer noch vertrauen und helfen, wenn sie wüsste, dass er gerade dabei war ihr Geheimnis zu lüften?
Wollte er es tatsächlich auf diese Art und Weise erfahren, anstatt von ihr?
Hieße das nicht auch den Glauben daran zu verlieren, dass er sie wiedersehen würde und sie ihm ihre Geschichte von sich aus erzählte, so wie sie es gesagt hatte?

Er hatte jetzt zwei Möglichkeiten.
Zu erfahren wer Nora wirklich war, damit wahrscheinlich sämtliche Chancen bei ihr zu verspielen, sie zu hintergehen und mit nicht mehr als einem Namen da zu stehen.
Oder wieder zu gehen, darauf zu hoffen, dass sie bald gefunden wurde und sie ihm selbst offenbarte, wer sie wirklich war.
Eigentlich keine schwere Wahl und trotzdem frustrierend.

Irgendwie konnte er Thomas langsam verstehen. Auch wenn sich die Situation nicht ganz vergleichen ließ.
Seufzend schob er die Hand zurück in die Tasche seiner Jeans und ließ den Schlüssel hinein gleiten.
Er würde auf sie warten.



Genervt fuhr Hector noch eine Runde um den Block.
Von Nadi hatte er Davids Termine für den Tag bekommen, doch scheinbar hielt dieser es nicht für nötig, sich auch an diese Termine zu halten.
Das Restaurant hatte er mehrfach abgecheckt, kein David.
Auch auf dem Parkplatz war keiner der Wagen zu sehen, die auf ihn angemeldet waren.
Also hatte er sein Handy orten lassen.
Irgendwo hier, im Umkreis von 200 Metern musste sich das Handy befinden, aber wo genau?
Und wenn er es fand, fand er dann auch David?

Vielleicht sollte er einfach zurück zu Davids Wohnhaus fahren, dort in Position gehen und warten, bis er nach Hause kam.
Aber wie sollte er dann an die Fingerabdrücke kommen?
Er hatte gehofft im Restaurant sein Glas mitgehen lassen zu können.
Bei David zuhause konnte er kaum etwas ausrichten.
Ungesehen würde er nicht ins Penthouse kommen, zumal er den Fahrstuhlcode gar nicht kannte.
Von den Knöpfen im Aufzug Fingerabdrücke zu nehmen war theoretisch möglich, aber bei so vielen Personen die in diesem Gebäude ein und aus gingen konnte er sich nicht sicher sein, dabei wirklich einen Abdruck von David zu bekommen.

Oder besser gesagt von dem Mann, der sich als David ausgab, der echte konnte es nämlich nicht sein.
Das hatte er zuvor bereits abgeklärt.
Vielleicht sollte er sich doch an Radish wenden.
Er könnte eventuell veranlassen, dass die Polizei ihn in Gewahrsam nahm und die Fingerabdrücke checkten.
Dann aber konnte er selbst kaum noch agieren und er musste auf die Polizei vertrauen.
Etwas was ihm schwer fiel.

David hatte Geld, sein Double in dem Fall auch.
Schon damals hatte er den Verdacht gehabt, dass dieser Verfahrensfehler mit genug Schmiergeld absichtlich herbeigeführt wurde.
Auch jetzt würde sich ein Mann wie David Raider aus dem Gefängnis frei kaufen.
Wenn es überhaupt zu einer Anklage kam.
Wurde jetzt der offensichtlich falsche David festgenommen, war der echte vorgewarnt.

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