'Hey ... Alles ok bei dir?'
Müde liest sie die Nachricht, die Meran ihr geschickt hat. Der Nachrichtenton ihres Handys hatte sie aufgeweckt, ansonsten hätte sie vermutlich noch Stunden geschlafen. Die letzte Nacht hatte sie einfach zu viel Kraft gekostet.
'Hey, klar alles gut', antwortet sie ihm knapp, dreht sich auf den Rücken und starrt an ihre Decke. Sie hat fast ein bisschen Angst sich das Ausmaß ihres gestrigen Ausbruchs anzusehen. Befürchtet es wäre 'zu schlimm' oder das Meran es leicht entdecken kann. Sie seufzt leise. Nun ist es zu spät, jetzt kann sie nichts mehr daran ändern. Zögerlich setzt sie sich auf, darauf bedacht nicht auf ihren Arm zu schauen. Langsam tapst sie durch die Dunkelheit an ihren Lichtschalter. Erst als ihr Zimmer hell erleuchtet ist, schaut sie herab auf ihren Arm.
"Verdammt...", zischt sie. So schlimm war es schon lange nicht mehr. Sie streicht über die Schnitte, überprüft ihre Tiefe. Ob etwas genäht werden müsste. Ein leicht verächtliches Lächeln legt sich auf ihre Lippen. Sie würde es ja so oder so nicht nähen lassen, aus Angst man würde sie einweisen wollen. Und darauf hat sie absolut keine Lust. Vollkommen versunken untersucht sie ihre Wunden und beschließt das sie nur einen Verband darum macht. Doch dafür muss sie zunächst das getrocknete Blut abwaschen. Obwohl sie alleine zuhause ist, schleicht sie sich aus ihrem Zimmer ins Bad, um ihren Arm abzuwaschen. Das kalte Wasser brennt zusätzlich in ihren frischen Wunden, doch sie genießtden Schmerz. Das Klingeln an der Tür reißt sie aus ihren Gedanken. Ihre Eltern sind übers Wochenende weg soweit sie weiß, wer kann das also sein. Hastig bindet sie sich den Verband um und zieht sich in ihrem Zimmer einen dünnen Pulli an, ehe sie zur Haustür läuft.
"Wer ist da?", fragt sie, ehe sie die Tür öffnet. Sie war schon immer unsicher was das Tür öffnen angeht.
"Ich bin's, Meran."Lilias Herz setzt für einen Moment aus. Panik kommt in ihr auf. Sie hat Angst. Angst das Meran etwas bemerkt. Kurz spielt sie sogar mit dem Gedanken, ihn einfach stehen zu lassen. Einfach wieder in ihr Zimmer zu gehen und ihn zu ignorieren.
"Lilia?" Sie reagiert nicht. Ihr Herz rast in ihrer Brust. Sie weiß nicht was tun. Er wird es herausfinden, das weiß sie. Er hatte es ja schon bei ihrer ersten Begegnung herausgefunden. Und dieses Mal ist es viel offensichtlicher. Vorallem weil er sie nun besser kennt, bemerkt das sie sich anders verhält. Etwas zu verbergen hat.
"Lilia, bitte mach die Tür auf!" Er klingt aufgeregt, panisch. Ängstlich. Mit ihrem Zögern macht sie es nur noch auffälliger. Hastig überlegt sie sich eine Notlüge.
"T-Tut mir leid, musste noch den Schlüssel holen." Leise zieht sie den Schlüssel ab, der noch steckt, schiebt ihn geräuschvoll wieder ins Schloss und schließt auf.
"Tut mir leid." Leicht verlegen schaut sie zu Meran hoch, ehe sie ihren Blick gen Boden richtet. Sie merkt wie Meran einen Schritt auf sie zu macht und spürt wie er ihr einen leichten Kuss auf den Kopf drückt.
"Schon ok, hab' mir nur Sorgen gemacht." Seine Stimme klingt erleichtert, fast schon fröhlich.
Verwundert schaut Lilia auf, direkt in sein lächelndes Gesicht. Schuldgefühle machen sich in ihr breit und es fühlt sich an, als würde man ihr die Luft abschnüren. Sie gehen ins Haus, schließen die Tür hinter sich. Lilia will Meran voran in ihr Zimmer gehen, bleibt jedoch abrupt stehen, als sie sein Lachen hinter sich hört. Verwirrt sieht sie sich zu ihm um.
"Bist du etwa gerade erst aufgestanden? Du siehst so zerzaust aus." Er wuschelt ihr zusätzlich noch durch die sowieso schon struppigen Haare, weshalb sie beleidigt seine Hand wegschlägt. Sie muss die Wahrheit schließlich irgendwie überspielen.
"Naund?! Mach dich nützlich und mach Frühstück.", beauftragt sie ihn und geht ohne weitere Worte in ihr Zimmer. Meran lacht nur kurz auf, ehe er ihrem 'Befehl' nachgeht. Was er nicht weiß, ist das das Frühstück nur dazu da ist, ihn abzulenken.
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Pretty Pictures
Teen FictionLilia ist gefangen. Gefangen von ihrem Drang zur Selbstverletzung. Doch sie kann und will einfach nicht aufhören. Welchen Grund hätte sie auch dazu? Genau, gar keinen. Unterstützende Freunde fehlen. Und die Leute in der Schule, für die sie nur als M...