11.Kapitel

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Sie sitzen nun schon eine ganze Weile an Lilias Lieblingsplatz. Eine Bank am Rande des Waldes, auf der Spitze eines Hügels. Sie sitzt gerne da, schaut auf die Stadt herab und lässt ihre Gedankenschweifen. Es ist ihr eigener, geheimer Platz. Doch nun teilt sie ihn mit Meran. Sitzen entspannt auf der Bank und rauchen, während sie die Lichter der Stadt betrachten, die die Dunkelheit erhellen.
Sie reden nicht, hören allerdings gemeinsam laut Musik. Ganz praktisch, dass sie den gleichen Musikgeschmack haben. Immer wieder spürt Lilia Merans Blick auf ihr liegen, aber sie sagt nichts. Lässt es einfach geschehen und ignoriert es.
"Komm schon, rede mit mir.", jammert Meran plötzlich. Als sie ihn ansieht, hätte sie fast angefangen zu lachen, weil er einen Schmollmund gezogen hat. Doch sie beherrscht sich. Auch wenn es ihr schwer fällt.
"Worüber denn?", fragt sie und macht die Musik etwas leiser. Meran denkt kurz nach, bevor er antwortet.
"Vielleicht warum du mit mir hierher wolltest?" Er sieht sie neugierig, fast schon aufgeregt an. Lilia wird rot, doch das konnte er im Dunkeln zum Glück nicht wirklich sehen. Warum hatte sie ihn eigentlich gefragt? Das ist auch ihr ein Rätsel. Also erfindet sie einfach schnell was.
"Hatte keinen Bock alleine hier zu hocken.", lügt sie und starrt stur auf die Stadt. Meran gibt sich mit der Antwort zufrieden und lächelt breit.
"Also denkst du als erstes an mich, wenn du mit jemandem etwas unternehmen willst!", sagt er freudig, doch seine Freude wird eiskalt zunichte gemacht.
"Ne, ich hab nur keine Freunde.", gibt Lilia monoton zurück.

"Sollen wir solangsam heim? Es wird echt kalt." Verwundert sieht Lilia ihn an. Ihm wird noch vor ihr kalt? Und sie dachte schon sie wäre verfroren. Ungewollt entweicht ihr ein leises Lachen, was Meran zu einem breiten Grinsen veranlasst. Hektisch dreht sie ihren Kopf weg und starrt in die Dunkelheit des Waldes neben ihr.
"Ich hab keine Lust schon nachhause zu gehen.", sagt sie leise. Das will sie wirklich nicht. Was will sie da? Alleine rumhocken und sich langweilen. Schlimmstenfalls würde sie sich verletzen, wenn es sie plötzlich überkommt. Aus dem Augenwinkel sieht sie wie Meran auf steht und ihr eine Hand hinhält.
"Dann komm noch mit zu mir!", sagt er so enthusiastisch, dass Lilia ihn am liebsten geschlagen hätte. Sie seufzt, denkt nach. Warum sollte sie nicht? Besser als nachhause zu gehen. Oder? Und sie kann noch Zeit mit ihm verbringen. Sie schüttelt den Kopf. Was denkt sie da nur? Sie macht das nur zur Prevention, damit sie sich nicht verletzt und damit sie sich nicht langweilt. Sonst nichts. Keine weiteren Gründe.
Sie versucht sich nichts anmerken zu lassen und zuckt mit den Schultern.
"Warum nicht...", murmelt sie desinteressiert und greift seine Hand. Plötzlich zieht Meran sie eng zu sich heran, beugt seinen Kopf zu ihrem herab und sieht ihr in die vor Schreck weit aufgerissenen Augen. Ihr Atem stockt, als sie bemerkt, das sie nur wenige Millimeter voneinander trennen. Sie kann sogar seinen Atem auf ihren Lippen spüren. Das Blut schießt ihr in den Kopf, während Meran sie intensiv ansieht.
"Hast du keine Angst davor, dass ich etwas mit dir anstellen könnte?", fragt er provokant. In dem Moment weicht all die Scham in ihr der aufkommenden Wut. Grob reißt sie ihm ihre Hand weg und schlägt ihm mit der Faust auf den Brustkorb.
"Du Idiot! Jetzt komm oder ich überlegs mir anders!" Wütend stapft sie voraus, während Meran nach Luft ringend, aber doch leicht lachend, hinter ihr her trottet. Ihr Gesicht ist noch immer warm und vermutlich leuchtend rot. Ihr Herz schlägt unregelmäßig und viel zu schnell. Was soll das?

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