Lautes gepolter ließ mich aufschrecken. Ich versuchte die Augen zu öffnen, aber die Sonne schien so hell in mein Zimmer, dass ich sie gleich wieder schloss.
Ich Murmelte mich tiefer in die Bettdecke. Mein Schädel brummte als hätte jemand mit einen Hammer drauf geschlagen.
Kurz Zeit später wurde die Decke mit einen Ruck weg gezogen. Ein genervtes Stöhnen verließ meinen Mund.
„So Fräulein, wer saufen kann, kann auch aufstehen. Dein Zimmer muss mal wieder aufgeräumt werden, da schaut es aus wie in einen Schweinestall. Danach wartet im Stall dein Pferd auf dich, es wird langsam Zeit das du wieder Verantwortung dafür übernimmst.“ Mit verschränkten Armen stand Papa neben meinen Bett und schaute mich sauer an.
Mit einen lauten ächzen stemmte ich mich hinauf. „Los, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“ Seine Augen sprühten förmlich vor Zorn. In diesem Augenblick wünschte ich ihn in die Hölle.
Meine Kopf schmerzte so sehr. Nur schwer konnte ich meine Augen offen halten. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass ich gerade einmal vier Stunden geschlafen hatte.
Nachdem ich mich im Bad gewaschen hatte, ging ich langsam die Treppe hinunter.
Lukas saß am Tisch und spielte mit seinem Tablet. Als er mich sah hob er seinen Kopf. „Papa ist ganz schon sauer.“ Seine Stirn legte sich in Falten. „Der soll sich nicht so haben.“ Antwortete ich schroff.
Mama kam mit einen Glas Wasser und einer Tablette um die Ecke. Beides reichte sie mir Wortlos. Dankend nahm ich es entgegen.
„Ich hasse ihn, warum ist er so herrisch. Manchmal fühlt es sich an, als ob ich über mein Leben nicht mehr selbst entscheiden darf. Alles kontrolliert er. Ich bin fast 16 Jahre alt, da darf man doch mal einen Rausch haben.“ Schimpfte ich vor mich hin.
„Du hasst deinen Vater nicht. Ich weiß, dass es manchmal nicht leicht ist. Er macht sich halt Sorgen um dich. Er hat durch seinen Job schon etliche Familien, aufgrund von Alkohol, auseinander brechen gesehen. Er will das bei uns, auf alle Fälle verhindern.“ Beruhigend legte sie ihre Hand auf meinen Arm.
Niedergeschlagen ging ich die Treppe hinauf.
Ich Versuchte mein Zimmer ordentlich aufzuräumen. Leider wandern meine Gedanken immer zu zwei dunkel braunen Augen. Schade das ich seinen Namen nicht kannte. Ich hätte großes Interesse ihn auf Instagram zu suchen.
Stolz trat ich einige Stunden später zurück und betrachtete mein Werk. Unter den ganzen Chaos hatte sich doch tatsächlich mein Schreibtisch versteckt.
Ich nahm mein Handy in die Hand und wählte Isabellas Nummer. Wir verabredeten uns.
Kurz Zeit später klopfte sie auch schon an meiner Zimmertür.
„He Soph, steh auf die faule Kröte. Oh was hast du den mit deinen Zimmer angestellt, da sieht man ja den Boden.“ Lachend schmiss sie sich neben mich aufs Bett.
„So schlimm hat es jetzt auch nicht ausgeschaut.“ Seufzend schaute ich genervt zu meiner Freundin hinüber.
„Papa zwingt mich in den Stall zugehen. Ich soll endlich mal lernen Verantwortung zu übernehmen. Der ist gestern ein wenig eskaliert.“
Schwerfällig erhob ich mich und schaute Isi an.Allein der Gedanke an den Stall, ließ mich erschaudern. Der Gedanke an die leere Box von Casanova. Eine Gänsehaut bereitete sich auf meinen Arm aus. Der Gedanke, dass in der Box ein anderes Pferd stand behagte mir nicht. Ich wünschte mir, doch nur mein kleines Pony zurück.
„Vielleicht ist das keine schlechte Idee. Du liebst den Reitsport das ist dein Leben. Wir können ja erstmal in den Stall gehen, du musst nicht gleich in einen Springparcours rein.“ Durchbrach Isabella meine Gedanken. Schwerfällig nickte ich.
Meine Gedanken waren ein einziges Chaos. Einerseits wünschte ich mir meinen normalen Alltag zurück.
Diese Unbeschwertheit im Sattel.
Dieses Gefühl von fliegen, wenn das Pferd über einen Sprung abhob. Andererseits waren da diese Schuldgefühle, dass ich Schuld am Tod von Casi war.
Die Angst das sowas nochmal passierte war einfach zu groß. Vielleicht war das ein Wink, dass ich was anderes machen sollte. Es gab genügend Sportarten, außer den Reitsport.
Mein Vater würde allerdings keine Ruhe geben, bevor ich es nicht noch einmal probiert hatte. Wenn es nach ihn ging, sollte ich am besten nächsten Monat die Europameisterschaft mit reiten.
Mit wackligen Knien stand ich wenige Augenblicke später, mit Isi auf den Hof. Sie marschierte mit entschlossenen Schritten Richtung Turnierstall. Ich folgte ihr nur zögerlich.
Aus der Halle kam ein vertrautes Poltern.
Ich steckte meine Hände tiefer in die Jackentasche. Für Anfang Oktober war es ziemlich kalt. Sicherlich waren die meisten Pferde schon eingedeckt, damit sie kein dickes Winterfell bekamen, dass bei anstrengend Training stören würde. Vor drei Jahren hatte ich mit Freddy die Pferde geschoren. Voller Eifer scherte ich Casi, auf den Hintern eine Bombe und einen Totenkopf. Der Kader Trainer war damals nicht begeistert und meinte, dass es nicht sehr professionell wirkte. Mir war es egal, ich war glücklich über meine Scher versuche.
Langsam trat ich in den Stall. Ein vertrauter Geruch nach Pferd und Heu stieg in meine Nase.
Die Stimme von Jan kam aus der Halle. Wahrscheinlich gab er in der Halle Unterricht. Neugierig stellten wir uns an die Glasfront und warfen einen Blick hinein.
„Hände tiefer… verdammt das ist ein Junges Pferd… wenn du den weiterhin so im Maul rumreißt macht der vollkommen dicht.“ Der Bereiter stand in der Hallen Mitte. Michelle versuchte ihr Pferd auf den Zirkel über ein Paar Trab Stangen zu lösen. Der braune fand kein Gleichgewicht, dadurch hatte er keinen gleichmäßigen Takt. Michelle versuchte es mit ihrer Starken Hand auszugleichen. Dabei wurde ihre Hand immer unruhiger und der Pferdekopf schlug auf und ab. Jan schrie sich die Seele aus den Leib. Ich kannte das nur zu gut. Er und mein Opa waren Perfektionisten. Sie ritten beide sehr gut und verlangten das auch von ihren Schülern. Dabei konnte der Ton sehr schnell rau und hart werden.
Wir gingen auf die kleine Tribüne.
Die Geduld von Jan schien langsam am Ende zu sein. „Steig ab, so hat das keinen Sinn… ich hock mich drauf. Deine Hand muss viel weicher werden. Du darfst den inneren Zügel nicht fest halten… gib auch mal nach. Verdammt das sind Anfänger Fehler.“
Die junge Reiterin stieg ab und überreichte den braunen Wallach an Jan.
Dieser schwang sich elegant in den Sattel.
Skipper schien, als ob ihn der Reiterwechsel gefallen würde. Mit großen Schritten ging er los.
Jan lobte ihn mit der inneren Hand und trabte ohne große Mühe an.
„Schau an wenn man innen nachgibt dann läuft der wie von allein. Der ist ja schließlich erst 6 jährig. Für sein Alter macht er einen guten Job. Die Hälfte der Jungpferde hier, hätten dich schon lange in den Sand gesetzt.“
Michelle schaute sauer auf Jan herab. Sie hasste es so vorgeführt zu werden. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
Unsere Blicke begegneten sich.. Böse funkelte sie mich an.
Jan arbeitete auf den oberen Zirkel mit Skipper, er hatte uns noch nicht gesehen.
Michelle kam auf uns zu. Mit einer verstellten kindlichen Stimme sprach sie:
„Na endlich aus der Mitlief Cruises erwacht. Oder hast du mittlerweile keinen Bock mehr auf die ganze Aufmerksamkeit. Uh ich bin ein Krüppel und kann nicht laufen.. Noch dazu bin ich völlig Talentfrei und habe mein Pony auf den Gewissen.“ Böse funkelte sie mich an.
In meinen inneren zog sich alles Zusammen. Vor meinen Augen spulte sich der gleiche Film ab, wie seit Wochen. Ich war Schuld an diesen ganzen Drama.
Gerade noch rechtzeitig drehte ich um und suchte das weite. Tränen liefen still über meine Wange. Ich sprintete aus den Stall. Hörte laute rufe von Jan und Isabella hinter mir. Die ich wissentlich ignorierte.
Meine Füße trugen mich automatisch Richtung Haus. Zu den einzigen Raum, der sich sicher anfühlte und mir keiner zu nahe kommen konnte.
„Man Sophie bleib doch stehen, höre nicht auf die Bitch. Die hat doch keine Ahnung.“ Außer atmen kam Isi hinter mir zum stehen und packte mich an der Schulter.
„Lass mich in Ruhe, du weißt wie jeder andere das sie recht hat. Ich hätte niemals an den Start gehen dürfen. Das Training war davor schon beschissen gewesen.“ Schrie ich sie laut an und schupste sie einen Schritt zurück.
Verdattert schaute sie hinter mir her. Sie machte keine Anstalten mehr mir zu folgen.
Im Haus angekommen lief ich in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Langsam sank ich an der Wand zu Boden. Ein Ungeheuer lautes Knacken erfüllte die Stille in meinen Kopf. Ich sah vor meinen Augen die letzten Minuten vor den Sturz. Den Sturz selber und anschließend Casanova lautes stöhnen als er auf mir landete.
Die Sonne ging langsam unter. Ich musste schon eine ganz zeit lang einfach nur so da sitzen. Wäre ich doch einfach in meinen Zimmer geblieben…
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Stay Strong and never give up
RandomGib das, was dir wichtig ist nicht auf, nur weil es nicht einfach ist. Diesen Satz musste die 16 Jährige Sophie-Luise Parker oft genug hören. Bloß was passiert, wenn man einfach keine Kraft mehr zum kämpfen hat, wenn man am liebsten alles vergessen...