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Das Piepen des Backofens holt Brian in die Wirklichkeit zurück. Ihm steht die Überforderung ins Gesicht geschrieben und er springt auf, um in die Küche zu sprinten. Ich stoße die angesammelte Luft aus meinen Lungen und verstehe die Welt nicht mehr. Fühlt sich Brian etwa schon länger zu mir hingezogen? Das ist nicht richtig, ganz und gar nicht. Dylan ist sein bester Freund und ich habe in ihm auch nie mehr als einen guten Freund gesehen.

"Vergessen wir das einfach, in Ordnung?", fragt Brian leise, als er mit zwei Tellern Pizza wieder das Wohnzimmer betritt. Ich nicke langsam und versuche seinen Blick zu meiden. Es steht eine merkliche Spannung zwischen uns während wir essen. Zur Ablenkung hat Brian den Fernseher eingeschaltet, welchem ich nun versuche zu lauschen. Doch meine Gedanken finden keine Ruhe. Der heutige Tag hat viel zu viele unterschiedliche Fragen aufgebracht.

Nach einer Weile stehe ich auf und bitte Brian mir das Gästezimmer zu zeigen. Außer einem kurzen "Gute Nacht" wechseln wir an diesem Abend keine weiteren Worte mehr. Das Gästezimmer ist, wie zu erwarten, sehr großflächig und modern eingerichtet. Doch bei einem Blick durch den Raum empfinde ich nur Kälte. Ich vermisse meine eigenen vier Wände und vor allem Dylan. Eine einzelne Träne findet ihren Weg aus meinem Auge und ich wische sie schnell wieder weg. Zügig entblöße ich mich meiner Kleidung und lege mich nur in Unterwäsche bekleidet ins Bett. Danach stelle ich mir meinen Handywecker und falle in einen traumlosen Schlaf.

Ein nerviges Klingeln holt mich aus dem Schlaf. Mit müden Augen greife ich nach meinem Handy und stöhne auf, als ich es auch noch vom Nachttisch schmeiße. Also bleibt mir keine Wahl und ich richte mich komplett auf. Nachdem das Problem beseitigt ist, scannt mein Blick meine Umgebung im angehenden Tageslicht. Alles beim Alten, sämtliche Probleme und Fragen sind noch vorhanden. Seufzend laufe ich ins angrenzende Bad und hüpfe schnell unter die Dusche. Mir bleibt nichts anderes über, als mich von hier aus auf die Arbeit zu begeben. Nur mit einem Handtuch umwickelt, tapse ich durch die Villa und klopfe schon gleich an Brians Schlafzimmertür an.

Er blickt verschlafen aus den Bergen an Kissen in meine Richtung und scheint durch meinen Anblick seine Müdigkeit komplett vergessen zu haben. Blitzschnell richtet er sich auf und fährt sich offensichtlich nervös durch seine Haare. "Morgen, kannst du mir ein Hemd leihen?", fasse ich mich kurz und zupfe ebenso nervös an meinem Handtuch herum. Ich brauche gerade einfache Lösungen für meine Probleme. In Windeseile hat er auch schon sein Bett verlassen und läuft nur in Boxershorts bekleidet zu seinem Kleiderschrank. Ich ziehe die Luft ein und kann nicht verhindern, wie mein Blick über seinen trainierten Körper wandert.

Beschämt versuche ich mit meinem Blick seine Augen zu meiden, als er mir ein hellblaues Hemd reicht. Unsere Finger streifen sich und spüre ein neues Gefühl in seiner Gegenwart. Überrascht schaue ich ihm direkt in die Augen und vernehme, wie er schwer schluckt. "Danke, das wäre auch schon alles", hauche ich und verlasse schnell den Türrahmen. "Mary, warte!" Ich erstarre in meiner Bewegung und drehe mich langsam zu ihm zurück. Mich trifft ein reuevoller Ausdruck auf seinem Gesicht. "Ich wünschte, die Umstände wären anders. Es tut mir leid, ich habe mir größte Mühe gegeben, meine Gefühle für dich zu verstecken."

Ich spüre einen Stich in meinem Herzen und beiße mir auf meine Unterlippe. Diese Situation wird immer schlimmer. Ich flüchte der angespannten Lage und stürme zurück ins Gästezimmer. Dort ziehe ich mich in Windeseile um und rufe mir ein Taxi. Das Anwesen verlasse ich zum Glück, ohne Brian noch ein weiteres Mal zu begegnen. Ablenkung scheint mir die einzige Lösung zu sein, um nicht den Tränen zu verfallen. Da bietet sich der heutige Arbeitstag wohl als die optimale Fluchtmöglichkeit an.

Stunden vergehen, ohne dass ich auch nur ein einziges Mal an mein Gefühlschaos denken muss. Heute bin ich sehr dankbar über die Berge an Arbeit und genieße die stressige Atmosphäre im Büro. Ein plötzliches Klopfen an meiner Tür reißt mich aus meinem Workflow. Ich blicke hoch in Kathys besorgtes Gesicht und lege einen Ordner beiseite. "Du hast heute keine Pause gemacht, ist alles in Ordnung bei dir?" Verwundert blicke ich auf die Uhr und gebe ein überraschtes "Oh" von mir. Ich habe seit einer halben Stunde bereits Feierabend.

"Es gab heute so viel zu tun und ich war so in die Aufgaben vertieft, da habe ich die Zeit gar nicht wahrgenommen", gebe ich schulterzuckend zurück und grinse verlegen. Kathy nickt nur gedankenverloren und mustert die Umgebung. "Na dann, bleib aber nicht zu lange, dein Freund wartet bestimmt schon auf dich." Sie verabschiedet sich so schnell, wie sie gekommen ist und ich seufze frustriert auf. Meine Hände streichen über mein Gesicht und ich frage mich, ob ich bereits für ein Gespräch mit Dylan bereit bin.

Trotz meiner Zweifel führt mich mein Weg nach Hause. Zu der Wohnung von Dylan und mir. Im Fahrstuhl fällt mein Blick auf mein Spiegelbild und ich sehe mir meine Nervosität deutlich an. Das wird keinesfalls ein einfaches Gespräch. Ich vernehme, wie sich die Fahrstuhltüren öffnen und schreite vorsichtig in die mir nur allzu bekannte Wohnung hinein. Es scheint alles wie beim Alten und ich mache mich gleich auf die Suche nach Dylan. Ich sehne mich nach Frieden zwischen mir und meinem Freund.

"Mary." Ich erblicke ihn in der Küche, er ist gerade dabei sich ein Sandwich zuzubereiten. Mein Schweigen bringt ihn dazu, sich in Bewegung zu setzen. Er bleibt vor mir stehen und streicht mir sanft über die Wange. Genussvoll schließe ich meine Augen und versuche die aufsteigende Trauer zu bekämpfen. Dylan zieht mich in eine innige Umarmung und lässt alle meine Dämme brechen. Ich schluchze in seinen Armen und klammere mich an ihn, als würde mein Leben davon abhängen. Seine Wärme durchdringt meinen Körper und ich wünsche mir, dieser Moment würde niemals enden.


Me and my Millionaire 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt