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Laute Schreie drängen sich in meine Ohren. Mürrend drehe ich mich auf die Seite und drücke mir mein Kopfkissen aufs Ohr. Doch das laute Geschrei hört nicht auf. Genervt schlage ich die Augenlider auf und versuche zu entdecken, aus welcher Richtung die Geräuschkulisse stammt. Es ist noch früh am Morgen, durch das Fenster empfängt mich tiefe Dunkelheit. Gähnend setze ich mich im Bett auf und entdecke meinen Freund im Türrahmen vom Schlafzimmer.

"Ja ist gut! Ich kläre das", spricht er gereizt in sein Telefon. Ich lege meinen Kopf schief und blicke Dylan mit gerunzelter Stirn müde an. "Was ist denn los?", nuschle ich verschlafen und reibe mir einmal über die Augen. Dylan wirkt sehr gereizt und mein ungutes Bauchgefühl sagt mir, dass es mit mir zu tun hat. "Kann man dich eigentlich nicht alleine lassen, ohne dass du Mist baust?!", fängt er an wütend zu schreien. Ich komme mir vor, wie im falschen Film. Gestresst gehe ich die Erinnerungen an den gestrigen Abend durch.

"Tut mir leid, ich hab es gestern ein bisschen mit dem Alkohol übertrieben. Aber das ist doch kein Grund hier gleich auszurasten?" Die Verwirrung steht mir ins Gesicht geschrieben. Dylans Lachen schallt durch den dunklen Raum. "Mit deinem kleinen Alkoholproblem hat das eigentlich nichts zu tun, obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass dies eine Ursache für dein Verhalten gestern war", sagt er locker und zischt spöttisch auf. Ich spüre, wie die Wut meinen Körper durchströmt. Er hat einen wunden Punkt getroffen. "ALKOHOLPROBLEM?!", schreie ich ihn an und springe vom Bett auf. Er spielt die Situation für meinen Geschmack etwas zu sehr auf.

"Das war mein drittes Mal, an dem ich betrunken war. Du hingegen bist schon viel öfter angetrunken nach Hause gekommen!", meckere ich zurück und tippe ihm genervt auf die Brust. Er lacht verachtend und sieht spöttisch auf mich herab. Ich fühle mich von meinem Partner im Stich gelassen. "Bitte, im Gegensatz zu dir kenne ich meine Grenzen." Meine Brust zieht sich zusammen und ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen. Ich bin maßlos von seiner Reaktion enttäuscht. "Ich kann es einfach nicht fassen, wie blöd man eigentlich sein kann?!"

"Ich bin blöd? Wer hat mich doch in seine Scheiße mit reingezogen?!", klagt er und kommt mit einem eisernen Blick näher auf mich zu. "Wovon redest du überhaupt?" Meine Worte klingen ruhiger und bestimmter. Ich lasse mich zu sehr von meinen Emotionen leiten. Wortlos zückt Dylan sein Handy und präsentiert mir kurz darauf einen Tweet auf dem Display.

Hab gerade die "Süße" von Dylan Williams kennenlernen dürfen 😒 Die kleine Slut meinte doch ernsthaft mich schubsen und anzicken zu müssen?! Ich habe ihr doch rein gar nichts getan😩😩 #respektloseskind

Fassungslos schaue ich abwechselnd auf sein Handy und dann zu meinem Freund hoch. Plötzlich kann ich es mir nicht mehr verkneifen und beginne laut zu lachen. Dieser Streit ist so lächerlich und unbegründet. "Sie ist die kleine Slut mit ihrer unbegründeten Hetze gegen mich. Ich hab sie zwar umgerannt, mich jedoch entschuldigt und ihr sogar hochhelfen wollen", verteidige ich mich und schmeiße frustriert die Arme in die Luft. "Das ist komplett egal, weil dich alle jetzt nur ihre Version der Geschichte kennen!", macht mir Dylan sein Problem klar und massiert sich erschöpft die Schläfen.

"Ist es denn so wichtig, was andere von mir denken?", frage ich ihn ernst. Dylan blickt mir tief in die Augen und nickt kaum merklich. "Du bist die Frau an meiner Seite. Alles, was du tust, fällt auf mich zurück", murmelt er leise und ich merke, wie unsere gegenseitige Wut aufeinander sich in Luft aufgelöst hat. Ich schlucke und spüre, wie sich Tränen in meinen Augen bilden. "Ist dir dein Ruf denn auch wichtiger als ich?", hauche ich meine Frage vor Traurigkeit triefend in den Raum. "Oh Gott, nein Baby!", spricht er verzweifelt und umgreift liebevoll mit den Händen mein Gesicht. Er streicht mir eine herabfließende Träne von der Wange und küsst die Stelle kurz.

"Es ist nur so: Ich werde wahrscheinlich immer eine Person der Öffentlichkeit bleiben und ich will nicht, dass du von Fremden gehasst wirst. Das hast du nicht verdient, dafür bist du viel zu gut", erklärt er mir sanft und bringt mein Herz zum Schmelzen. Ich verstehe seine Sorge um mich, doch es kann nicht sein, dass sich jemand mit einer falschen Darstellung zwischen uns drängen kann. Bedrückt erkläre ich ihm meine Gedanken und bin so froh darüber, dass er Verständnis zeigt. Am Ende der Diskussion falle ich ihm in die Arme und beginne laut loszuschluchzen. Er drückt mich fest an sich und streicht mir dabei sanft über den Rücken. "Ich hasse es zu streiten", erkläre ich ihm nuschelnd.

Wenige Stunden später befinde ich mich in einem Burgerladen mit Claire und beende gerade meine Erzählung über den gestrigen Abend. Meine beste Freundin macht währenddessen große Augen und braucht einen kurzen Moment, um erst einmal alles zu realisieren. "Dieses Miststück!", schimpft sie plötzlich und ich schenke ihr einen mahnenden Blick. "Lass das!", beklage ich mich und nippe kurz an meiner Cola. "Was? Ich bin ehrlich", lacht sie und zwinkert mir unterstützend  zu.

"Ändern kann ich das Ganze sowieso nicht. Es ist schon passiert. Aber sag mal, wie war dein Date gestern?", frage ich und wechsle geschickt das Thema. Ihr Seufzen macht deutlich, dass dies jedoch keine gute Idee war. "Schrecklich. Ich glaube, ich finde niemals den Richtigen!", beschwert sie sich und erntet von mir ein mitleidiges Lächeln. Leider hat es damals mit Chris, dem Investor für ihr Uni-Projekt, nicht geklappt. Er hat sie schlussendlich für eine Frau in seinem Alter verlassen. Bis heute bin ich mir nicht wirklich sicher, ob sie diesen Herzschmerz komplett verarbeitet hat. "Keine Sorge, du bist noch jung und solltest erst einmal den Moment genießen!", versuche ich sie aufzumuntern. Ein kleines Lachen entweicht ihr. "Sagt die Frau mit der Bilderbuchbeziehung." Darauf schüttle ich leicht den Kopf und spiele mit dem Strohalm in meinem Glas. "So einfach ist das nicht", fange ich an, doch dann kam auch schon unser Essen.

An diesem Samstagabend bin ich alleine Zuhause. Dylan legt eine zusätzliche Nachtschicht ein, damit er in der kommenden Woche ein wenig Zeit und Ruhe haben kann. Auch wenn ich bezweifle, dass dies schlussendlich klappen wird. So mache ich es mir selbst mit chinesischem Essen vor dem Fernseher gemütlich und ziehe mir eine Folge nach der nächsten von 'Sex and the City' rein.

Gegen halb zwei kommt dann auch mein Freund nach Hause und bleibt  verwundert im Türrahmen stehen. "Wieso bist du denn noch wach?" Ich schalte den Fernseher aus und lächle ihn an. "Ich schlafe besser ein, wenn du neben mir liegst", erkläre ich ihm und drücke ihm vorsichtig einen kleinen Kuss auf die Lippen. Unsere Blicke treffen sich intensiv und befürchte, dass der Streit noch zwischen uns stand. Doch im Gegenteil. Dylan drückt mich gegen den Türrahmen und macht sich an meinem Hals zu schaffen. Ich kann mir ein Kichern nicht verkneifen und genieße das liebevolle Spiel seiner Lippen auf meiner Haut. Dann ziehe ich ihn wieder zu mir hoch und küsse ihn stürmisch, während seine Arme sich unter meinen Po platzieren, um mich hochzuheben und ins Schlafzimmer zu tragen. Versöhnungssex ist der beste.

Me and my Millionaire 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt