Sonnenstrahlen treffen auf mein entblößtes Gesicht. Ich nehme das angenehme Kitzeln auf meiner Haut wahr und schließe grinsend meine Augen. Es fühlt sich an, als würde die Zeit für einige Sekunden anhalten. Mein ruhiger Moment wird durch den nächsten Windstoß gestört und ich ziehe schüttelnd meine Jacke enger um meinen Körper. Gedankenverloren mustere ich meine Umgebung. Ich befinde mich etwas außerhalb der Stadt, in einem familiären Vorort mit zahlreichen Einfamilienhäusern mit großen Gärten. Die Architektur der Häuser verrät, dass diese im Laufe der 90er Jahre zuerst erbaut und in den vergangenen Zeit modernisiert wurden. Ein großer silberner Kombi hält vor mir am Straßenrand und auf meine Lippen setzt sich ein Lächeln. Ich erwarte die Jungfamilie Kingston, welche sich gerne in dieser Gegend niederlassen will.
Die ersten Autotüren öffnen sich und ich vermute gleich Mrs. Kingston mit ihrem Mann. Sie winkt mir glücklich zu und hilft ihrer vierjährigen Tochter dabei, aus dem Auto zu steigen. Die kurzen Beine der Kleinen reichen leider nicht aus, um problemlos vom Kindersitz zu springen. Das Ehepaar hat, genau wie ihre Tochter, schwarze Haare und einen sonnengeküssten Teint. Meine Gedanken verlaufen sich in einem schönen warmen Sommerurlaub, wie ich mit Dylan unter der brennenden Sonne am Strand liege und all' meine Sorgen vergesse.
"Es freut mich, dass es so schnell klappen konnte", begrüße ich die Runde. "Mama, die haben eine Schaukel!", ruft die kleine Kayla aufgeregt und rennt in den Vorgarten des zu besichtigenden Objektes. Wir können uns alle kein Lachen verkneifen und ich beobachte sehnsüchtig, wie Mr. Kingston seine Tochter auf der Schaukel anschubst. Seit langem erfreue ich mich mal wieder an meinem Beruf. Es passiert nicht allzu oft, dass meine Kunden in diese Termine mit einer Leichtigkeit gehen. Ich habe natürlich Verständnis, denn hier handelt es sich um lebensprägende Entscheidungen. Doch ich kann die gestressten und kritischen Blicke der Kunden langsam nicht mehr sehen. "Sie sieht schon mal begeistert aus", schmunzelt mich Mrs. Kingston.
"Hallo Mary, ich hoffe du hast heute endlich mal das richtige Objekt für uns", Mr. Kingston hatte sich inzwischen wieder zu uns gesellt. Überzeugt nicke ich ihm zu und mache eine einladen Geste in Richtung des Hauses. Denn diesmal bin ich von vorne bis hinten überzeugt. Das Gebäude ist erst kürzlich renoviert worden, hat drei Schlafzimmer, eine offene Küche, einen Kamin, einen Garten und es wurde mit viel Liebe fürs Detail eingerichtet. Ich führe die Familie durch die Räumlichkeiten und spüre gleich zu Beginn der Tour die Begeisterung in der Luft. Erleichterung macht sich in mir breit. "Das Haus ist perfekt, aber ich habe so meine Zweifel an der Lage. Meine Agentur liegt nun mal am anderen Ende der Stadt", zweifelt Mrs. Kingston plötzlich. Ich schließe kurz die Augen und versuche ruhig durchzuatmen. Diesen Aspekt habe ich im Stress der letzten Wochen vollkommen außer Acht gelassen. "Ach Schatz, da lässt sich bestimmt eine Lösung finden. Vielleicht mit Remote-Work oder einer Fahrgemeinschaft", ermutigt sie ihr Mann.
Am späten Nachmittag befinde ich mich wieder im Fahrstuhl auf dem Weg in unser Appartement. Ich spüre meine Erschöpfung bis in die Knochen und kann es gar nicht erwarten endlich aus meinen High Heels zu schlüpfen. Seufzend nehme ich das Öffnen der Fahrstuhltüren wahr und laufe inzwischen Barfuß ins Wohnzimmer. Wie ein schwerer Kartoffelsack falle ich in die unmengen an Kissen auf dem Sofa und brülle frustriert in Eines davon. Ich fühle mich aktuell so, als wäre ich in einem Hamsterrad gefangen und käme nicht voran. Zudem ich so langsam auch keinen wertschöpfenden Sinn mehr in der Arbeit einer Immobilienmaklerin sehe. Es fehlt mir nicht mehr viel, bis ich mein College-Sparfond ausgefüllt habe. Das Ende ist in Sicht. Ich drehe mich auf den Rücken und betrachte die Decke unseres Appartments. Eigentlich wäre ich schneller am Ziel gewesen. Doch mein Ego ist zu stark. Denn ich bestehe gegen den Willen von Dylan darauf mich fortan monatlich an der Miete zu beteiligen. Zwar kann ich nicht ansatzweise die Hälfte des Geldes aufbringen, jedoch zählt in meinen Augen die Geste.
Ich schnappe mir mein Smartphone und berichte meinem Freund frustriert von meinem Gefühlszustand. Er antwortet mir zügig, bekundet sein Beileid und fragt doch tatsächlich, ob ich Lust auf etwas Ablenkung hätte. Erfreut richte ich mich auf und stimme ihm mit einem breiten Grinsen zu. Er findet immer die richtigen Worte und Gesten, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Ich erhalte die Mitteilung, dass ich ihn heute Abend auf den roten Teppich einer Filmpremiere, die sein Unternehmen gesponsert hat, begleiten soll. Schockiert klappt mir die Kinnlade leicht runter und ich lese die Nachricht ein zweites Mal. Bisher haben wir große Acht darauf gelegt unsere Beziehung aus der Öffentlichkeit heraus zu halten. Doch der Schritt Zusammenzuziehen muss für ihn wohl eine viel tiefere Bedeutung haben.
Aufgeregt bitte ich ihn mir Ort und Uhrzeit zu nennen und rufe im gleichen Augenblick Claire an. Während es am anderen Ende der Leitung brummt mache ich mich auf den Weg zu meinem Kleiderschrank. Ich benötige dringend eine Stilberatung für ein solches Event. "Ich brauche deine Hilfe. Dylan will heute Abend mit mir zu einer Filmpremiere!" Es sprudelt gleich aus mir heraus, nachdem sie mich freudig begrüßt hatte. Ich streife mit meinen Fingern über die verschiedenen Stoffe im Schrank und kräusle verzweifelt meine Stirn. Ihr klares Lachen ertönt durch den Hörer. "Da ist jemand aber nervös", kichert sie und ich hörte etwas im Hintergrund rascheln. "Schnapp dir das schwarze Minikleid, die sündhaft teuren Schuhe, die er dir zu Weihnachten geschenkt hat und goldenen Schmuck dazu", nuschelt sie kauend. Ein beruhigtes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Claire hatte schon immer ein Händchen dafür stets den Durchblick zu behalten.
Zielsicher suche ich zwischen den schwarzen Kleidern nach dem Besagten und ärgere mich über die Unordnung. Jedes dritte Kleid scheint vom Haken gefallen zu sein. "Danke, du bist die beste!" Sie stimmt mir murmelnd zu und es raschelt erneut. "Kein Problem. Um welchen Film handelt es sich eigentlich?", fragt sie neugierig nach. Ich zucke ahnungslos mit den Schultern und mache mich mit den Klamotten und dem Handy unterm Ohr auf den Weg ins Bad. "Keine Ahnung, wird sich eh keiner dran erinnern, wenn ich mich blamiere", heule ich ihr die Ohren voll und stelle um auf Lautsprecher. Ich lege alles ab und fange an, mich zu schminken. "Marry, wir wissen beide, wie fotogen du sein kannst und außerdem ist Dylan ja bei dir", versucht sie mich zu beruhigen und es raschelt erneut auf der anderen Seite der Leitung. "Du, ich sollte mich jetzt mal weiter meinem Date widmen, aber wir hören später nochmal voneinander", verabschiedet sie sich und legt gleich auf. Beschämt erröte ich und schlage mir innerlich gegen die Stirn, da ich nicht einmal auf die Idee gekommen bin, sie zu fragen, ob sie gerade überhaupt für mich Zeit hatte.
Eine Stunde später sitzt mein Make-up zwar perfekt, dennoch kann ich es nicht lassen an meinem Kleid herumzuzupfen. Hoffentlich will mich keiner von der Presse Fragen stellen. Darauf bin ich weder vorbereitet noch bereit dazu. Ich höre den Fahrstuhl rattern und gleich darauf erscheint auch schon Dylan hinter den sich öffnenden Türen. "Na schon fertig?", fragt er mich lächelnd und ich nicke unsicher. "Meinst du das geht so?", frage ich nach und blicke erneut in den Spiegel neben ihn. Er stellt ein paar Tüten auf dem Boden ab und küsst mich dann zärtlich auf die Wange. Seine rechte Hand erfasst meine Taille und ich spüre, wie sich eine Hitze in mir ausbreitet. "Ich habe Angst, dass die ganzen neidischen Kerle dich mir wegnehmen wollen", haucht er und ich kann es mir nicht verkneifen zu Kichern. Egal, wie lange ich schon mit Dylan zusammen bin, es fühlt sich immer noch an, wie beim ersten Mal. "Danke", murmle ich und ziehe ihn in eine innige Umarmung. Sein Duft steigt mir in die Nase und lässt meine Beine zu Wackelpudding mutieren. Er löst sich von mir, schenkt mir ein warmes Lächeln und läuft in Richtung Schlafzimmer. "Ich ziehe mir noch kurz ein anderes Hemd an und dann können wir auch schon los, Süße", erklärt er mir schnell und ist darauf auch schon durch die Tür verschwunden.

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Me and my Millionaire 2
Novela JuvenilAuch wenn es sein mag, dass Mary Foxter ihrem absoluten Traummann in die Arme gelaufen ist und er genauso empfindet wie sie, mag das noch lange nicht das Ende dieser Geschichte sein. Denn das Drama nimmt gerade Kurs auf ihr glückliches Leben...