Kapitel 1-2: Der Start in ein neues Leben

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An der Spitze der modularen Raumstation dockte eine brandneue Raumkorvette, in deren Cockpit der Pilot Takeo gerade seine täglichen Befehle kontrolliert. Er kannte den Drill, da jeden Tag genau dasselbe in den Nachrichten stand. Hinter ihm bemerkte er dann auch einmal das bekannte Geräusch von schweren Stiefel, die auf dem geriffelten Bodenblechen hallten. Hinzu kam das eklige Geräusch von Krallen auf einer Panzerplatte, die nur ein gelangweilter Antianer so produzieren konnte.

„Hör auf damit, ich hasse dieses Geräusch", rief Takeo in den Gang hinter ihm, „Kaleria, nur weil die langweilig ist, heißt das nicht, dass du mir auf den Sack gehen kannst." Genervt nahm er die Stiefel von der Flugkonsole vor ihm. Das Cockpit war mit der neuesten Technologie ausgerüstet, von augmented reality Interfaces bis hin zu den Wänden, die aus Monitoren bestanden. Die ermöglichten einen 360° Ausblick, entweder von ober- oder unterhalb des Raumschiffes.

„Dann gib mir was zu tun, mir ist langweilig und wenn mir langweilig ist, bearbeite ich eben meinen Arm." Die relativ helle Stimme gehörte Kaleria Atika, Mitglied der antianisch-menschlichen Freiwilligenlegion 'HumAn'. Sie betrat den Raum und lehnte sich an dem Türrahmen an, nur um mit ihren kritischen Blick, aus ihren blutroten Augen, durch das Cockpit gleißen. „Was fürn Dreckstall. Mach mal die Instrumente sauber."

Der Pilotensessel drehte sich weg von den Armaturen und Takeo konnte ihren kritischen Blick mit seinem eigenem genervten Blick erwidern. Dann stand er auf, zerrte an dem Ärmel des Antianer und wischte damit über einen schmierigen Bildschirm. „So in etwa?" 

Mit einem Ruck zog sie ihren Arm ran und ging bedrohlich einen Schritt auf Takeo zu. „Das ist meine Uniform, du Weichhäuter. Ich benutze gleich deine Knochen, um meinen Krallen zu wetzen." antworte sich boshaft und schubste den lächelnden Piloten zurück in seinen Sessel. Dieser lehnte sich zurück und überschlug die Beine. Er wusste genau, dass die Chance in einem Kampf bei null liegen würde. Mit seinen 1,60 m hätte er keine Chance gegen die 1,90 m große gepanzerte Soldatin.

„Kaleria, du bist ja noch schlechter gelaunt wie sonst. Was ist aus der eisenharten, antianischen Disziplin geworden?"

„Die wurde eingeschmolzen über eineinhalb Monate warten auf dieser verdammten Station im letzten Ecken der uns bekannten Galaxie." Sie schmiss schlecht gelaunt ihre Kopfbedeckung gegen die Glaswand des Cockpits. „Ich bin ausgebildete Fernkämpferin und Sanitäterin, kein Wachpersonal für glänzende Menschenschiffe." Danach ließ sie sich in den Kopilotensitz fallen und drehte sich in die Richtung des Piloten. „Takeo, ich würde alles machen, um hier wegzukommen und endlich ein paar Kämpfe zu sehen. Da draußen herrscht ein Krieg und wir sitzen hier nur herum."

„Seit froh, Krieg ist nicht toll." Dieser Einwand kam von dem alten Mechaniker und Hausmeister, der sich in den Türrahmen geschlichen hat. „Blut, Leichen, Leid, das sind alles keine erstrebenswerten Ziele." Die Worte der Weisheit kamen von Willie Mc Taitor, ein Veteran der Konsortiumskriege. Er trug ein durchgeschwitztes Unterhemd und ein paar ausgeblichene, mit Öl befleckten, Militärhosen. Höchstens zweimal hatte Takeo ihn in der angemessenen Flottenuniform gesehen.

„Wir wissen, dass du schon Krieg erlebt hast", gab Kaleria neidisch zu, „Aber ich bin eine Antianerin. Wir werden darauf ausbildet, vorbereitet. Krieg ist unsere Kultur!" widersprach sie vehement und zog sich ihre maßgeschneiderte irdische Uniform zu Recht und hob ihre Kappe wieder auf. Takeo und Kaleria streiten meistens aus langeweile miteinander, gab zwischen ihr und Willie gab es schon die ein oder andere lautstarken Auseinandersetzungen.

„Miss Atika, ich predige es ihnen gerne noch hundertmal, sie wollen Krieg nicht erleben. Bleiben Sie bei ihrer Zweitberufung des Sanitäters und retten sie Leben", riet er zusätzlich und kratzte sich am Stoppeln besetzten Kinn. „Ich habe heute mit meinem Freund Kalenkov geredet. Er erzählte von einem Studiengang von antianische Studenten, unten in der Orthopädie. Er sagte auch, dass Sanitäter immer seine persönliche Freigabe haben, ihr Wissen zu erweitern." Die roten Augen der Antianerin glänzten vor Vorfreude.

„Verdammt, Kalenkov ist der beste! Sprechen Sie ihm meinen Dank aus!" Sie sprang auf, setzte ihre Mütze auf und ging schnellen Schritten aus dem Cockpit, als eine Hand sie an der Platten besetzten Schulter packte.

„Lerne die zu retten, die du liebst, nicht die zu töten, die sie hassen", flüsterte der alte Mann ihr zu. Kaleria blieb nur kurz stehen, nickte knapp und nachdenklich, setzte dann aber ihren schnellen Gang fort. Es passierte nicht oft, dass Takeo miterleben konnte, dass Kaleria jemanden recht gab, den sie schon länger kannte.

„Antianer. Kaum zu glauben, dass sie mal ein Volk von Wissenschaftler waren." Nun setzte sich der Hausmeister in den freigewordenen Sessel und legte die schwarzen Stiefel auf die Metallverkleidung der Mittelkonsole.

„Wir sind nicht viel besser, Willie", sagte Takeo dagegen und begann wieder auf seinem Armcomputer herumzuspielen. „Ach bevor ich es vergesse, der Admiral hatte mich eben angeschrieben. Wir sollen mal wieder die Antriebe nachschauen, das Radar kalibrieren und die Schilde überprüfen. Kennst ja den Ablauf langsam." Er lehnte sich im Stuhl zurück und legte auch die Stiefel wieder, auf den Platz zwischen den großen Statusmonitoren. Dann zog er seine Kappe nach vorne und man sah nur noch die kantige Kieferpartie.

„Ich hasse solche Routine Befehle. Alle Systeme zu überprüfen ist zwar wichtig, aber das macht man nicht 7 Mal im Monat." Der alte Mann wuchtete sich nach oben und seufzte einmal laut. „Auch wenn ich Kaleria bei nicht so vielem recht geben kann, bei einer Sache muss ich es tun."

Der Pilot hob neugierig den Kopf grad so weit hoch, um den Blick des Mannes zu sehen.

„Hier ist es verdammt langweilig."


2091: Die CryosoldatinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt