Kapitel 1-4: Der Start in ein neues Leben

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Mary war gerade dabei ihre neuen schwarzen Lederstiefel zuzuschnüren. Ihr gefiel die neue Uniform, das Design war selbe, wie das des Admirals. Der Stoff schmiegte sich an ihre Haut und sie war überrascht, wie gut die Kleidung passt. Während sie das Gefühl genoss, hörte sie wie die Tür hinter ihr wieder aufging, instinktiv drehte sie sich in deren Richtung. Ihre Schirmmütze setzte sie noch gerade rechtzeitig auf, bevor der Besucher zu ihr hereinkam. Dieser gehörte anscheinend zum medizinischen Personal, abgeleitet vom typischen Doktorkittel den er anhatte, doch unterschied es sich klar von dem, was Mary sonst so kannte. Anstatt Haare, Ohren oder Lippen besaß die Kreatur dunkelgraue Platten, die sich über alle sichtbaren Teile seines Körpers erstreckten. Seine menschenähnlichen Augen erblickten sie und es sprach daraufhin in unbekannter Sprache mit ihr. Eine harte, unmelodische Sprache, die an sehr entfernt an Russisch erinnert. Daraufhin strecke das Wesen seine Hand aus und Mary weichte reflexartig zurück bis sie die kalte metallische Wand an ihrem Rücken spürte. Zwar konnte sie sich an die Rasse, deren Namen und Aussehen erinnern, doch diese in Wirklichkeit zu erblicken war ein wenig zu viel für sie. Die einzigen Aliens, die sie kannte, waren die aus den Kinos und damals sahen die auch nicht wirklich realistisch aus. Doch obwohl das Wesen eine so bedrohliche Geste ausführt, wie nach ihrem Hals zu greifen, spürte Mary keine Angst. Ein weiteres Gefühl, was der logische Teil ihres Gehirns vermisste.

Der Antianer legte seine Hand um den Hals von ihr und sie spürte dessen raue, unbequeme Haut, die anscheinend nur aus Hornhaut bestand. Trotz dieser bedrohlichen Geste, spürte Mary keine Angst und sie wartete ab, bis der Fremde seine Hand wieder wegnahm und auf einem Bildschirm an seinem Arm herumtippte.

„Übersetzer Implantat aktiviert. Funktion bestätigen." erklärte das Wesen auf einmal in Deutsch, auch in derselben Tonlage wie er eben in seiner eigenen Sprache geredet hatte. Die Mundbewegungen passten nicht zu den gesprochenen Wörter und trotzdem verstand sie ihn klar.

„Guten Tag, wertes Alien?"

Die hellblauen Augen des Antianer glänzten vor Freude und hielt ihr seine linke Hand hin.
„Gut! Funktion bestätigt. Kein Alien, Antianer, männlich. Mein Name Prof. Dr. Katzka Zekark. Antianischer Spezialist für Neurologie."

Mary schaute verwundert seine Hand an, griff nach ihr, dann aber Gewohnheitshaber.


„Kenne typische Menschen Gesten. Bin glücklich, das Projekt funktionierte. Gebe Bordarzt Daten, falls Probleme bestehen. Hoffe auf baldige Nachuntersuchung. Thema sehr interessant." Er ließ ruckartig los und bewegte sich zum Ausgang, während er sich die linke Hand am Kittel rieb. „Keine Zeit. Anweisungen erhalten. Gute Jagd!"
Mit diesem Satz verschwand der Doktor so schnell, wie er in den Raum getreten war. Mary stand immer noch an der Wand und musste diese Erfahrung erst mal verarbeiten. Sie hatte sich ihre erste Begegnung mit einem Außerirdischen doch ein wenig anders vorgestellt.

Als dann ihre Gedanken und Nerven wieder zusammen hatte waren, schnürte sie die Schuhe zu und sie bewegte sich entschlossen zur Tür.

„Frau Hauptmann Schneider!" wurde sie von der menschlichen Wache mit einem Salut begrüßt „Würden sie mir bitte folgen, Ma'am? Ich bringe sie zum Admiral, er wartet bereits auf sie."

„Verstanden, Soldat." Mary entgegnete natürlich sofort den Salut, Respekt gegenüber Fremde war eine Tugend für sie.

Damit drehte sich der Fähnrich auf der Stelle um und marschierte aus dem Vorraum heraus auf den Flur. Sie durchquerten Korridore und Krankenstationen, vorbei an Aufzüge und unzähligen Zimmern. Mary erkannte eindeutig, dass die Raumstation so strukturiert war, wie ein Krankenhaus, so wie sie es kannte. Selbst der Geruch, der in ihre Nase stieg, war derselbe wie damals. Doch die vielen Aliens und der Fakt, dass fast alles aus Metall bestand, festigte sie in der Ansicht, dass sie in einer fernen Zukunft wiederbelebt wurde. Sie sah viele der gepanzerten Antianer, als Patient oder auch als Ärzte. Trotzdem bestand die große Mehrheit der Bevölkerung immer noch aus Menschen verschiedener Herkunft. Mary bemerkte doch eins direkt, die Blicke waren auf sie gerichtet, egal welche Rasse, Patient oder Doktor, ihre bunten Augen schienen ihr zu folgen. Auch wenn ihr Zweifel aufkamen, ob das nicht vielleicht nur leichter Paranoia geschuldet war. Doch es war ihr tief im Inneren egal, das Bestaunen der Aliens und der unbekannten Ausrüstung der Krankenstationen war wichtiger. Bei manchen Geräten spuckte ihre Erinnerungen sogar Namen und Zweck aus.

„Gott verdammt, warum kenne ich manche dieser Sachen?" dachte Mary, während sie den Drang unterdrückte ihre Schläfe zu reiben. Dann bemerkte wie sie, wie der Soldat über seine Schulter besorgte anschaute.

„Ich hab nur Kopfweh, nichts Schlimmes." Die Antwort schien ihm zu reichen und er drehte sich wieder nach vorne. Damit konnte Mary sich wieder auf ihre Umgebung konzentrieren und bemerkte, sie und ihr Begleiter nun in einer anderen Abteilung waren. Jegliche Beschriftungen waren in Englisch gehalten, so konnte sie alles lesen, doch wunderte sie sich, ob alle Alien inzwischen Menschensprache lesen konnte. Bevor sie den Gedanken beenden konnte, war der Wachsoldat stehen geblieben.

„Ma'am, darf ich sie bitten" er zeigte auf einen gläsernen Fahrstuhl. Dieser befand sich in der Mitte eines riesigen und hohen Atrium. Das kalte Metall wurde hier von saftigen grünen Pflanzen ausgeglichen, die in speziellen Balkonen und Bodenfurchen wuchsen. Mary betrat dann den Fahrstuhl, der Wachsoldat wischte auf dem Bildschirm an seinem Arm herum und hielt ihn dann an eine Metallplatte, im Inneren des Fahrstuhls.

„Ich werde sie nicht begleiten, Ma'am. Ich wünsche noch einen schönen Tag." Dann wartete er, bis sich die Tür sich geschlossen hatte. Der Fahrstuhl setzte sich mit leichter Verzögerung in Bewegung. Im Fahrstuhl selbst lief Musik, die Mary aber nicht zuordnen konnte. Sie versuchte es mit Stilen zu verbinden, die sie kannte, es hörte sich nach einer Mischung aus Rock und Techno an. Während die Decke immer näher kam, konnte man die verschiedenen Pflanzen in den Balkonen besser sehen, es waren Gewächse, die die Erde nicht ihr zu Hause nannten. Bevor Mary die unförmigen Blätter und bunten Blüten weiter analysieren konnte, würde ihr Blick abgeschnitten. Der Aufzug hatte sein Ziel erreicht, ein recht großes, aber dunkles Büro, dessen Innenarchitektur eindeutig dem Stil ihres Großvaters entsprach. Roter Teppichboden, schön verzierte Holzmöbel und ein künstlicher Kamin soll anscheinend dazu dienen, zu vergessen, dass man an Bord eines riesigen Stahlungetüms mitten im Nichts war.

„Frau Schneider, endlich sind sie hier!" kam eine dunkle Stimme von hinter dem Schreibtisch, die eindeutig dem Admiral von vorhin gehörten. „Endlich kann ich in Russisch mit ihnen reden. Die Übersetzer Implantate nehmen uns alles ab, die wenigsten können heute was anderes als die eigene Sprache sprechen. Kommen sie doch näher."

Mary tut wie man es ihr sagte und positionierte sich direkt vor dem Schreibtisch in hab acht Stellungen und salutierte. Ein Grinsen war zu sehen, als das Gesicht ihres Gegenübers näher an die Schreibtischlampe herankam. Dieser salutierte knapp zurück und verwies sie dann auf den braunen Ledersessel neben ihr.

„Setzen sie sich doch, sie sind nicht mal eine Stunde wach, da muss man nicht so formal sein. Rauchen sie? Möchten sie was trinken?" fragte er mit einem ehrlichen Lachen und lehnte sich entspannt in seinen eigenen Ledersessel zurück.

Mary benutze in der Zeit ihre Sitzgelegenheit und bemerkte sofort, dass dieses Möbelstück höchster Qualität entsprach, auf jeden Fall nichts Billiges.
„Vielen Dank, etwas zu trinken und eine Zigarre wäre wirklich nett, Sir." bekam der Admiral als Antwort, welcher gleich aufstand und an einen Sekretär ging, der voll mit Flaschen und Gläser jeglicher Art stand. Zurück kam er mit zwei kleinen Gläser und einer Flasche klaren Flüssigkeit in der einen Hand und einer Zigarre in der anderen. Schnell standen ein Marmor Aschenbecher, mit der Zigarre und einem Feuerzeug darin und ein Gläschen mit klarer Flüssigkeit vor Schneider.

„Original Kubaner, die Antianer stehen auf die, gerade die Offiziere." Mit einem Schluck trank er sein eigenes Glas leer und ächzte, „Und das ist mein eigener Vodka, selbst gebrannt auf der Datscha meines Vaters"

Als sich Marys Augen sich endlich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, bemerkte sie sofort das Glänzen in den Blick des Admirals. Er erinnerte sie an ihren Großvater, dieser hatte auch immer getrunken, als er ihr Kriegsgeschichten erzählt hatte.
„Entschuldigung Sir, aber wäre das nicht ein wenig zu viel für meinen Körper? Wenn ich doch erst seit einer Stunde wach bin?"

Als Antwort bekam sie erst mal einen tiefen Lacher und bevor er antwortete, schenkte er sich selbst noch ein Glas ein. „Meine junge Dame, ich glaube, von der gesamten Station haben sie momentan den fittesten Körper. Alle Techniken wurden an ihrem Körper angewendet, passiver Muskelaufbau, Entzug aller süchtig machenden Mittel, Narbenentfernung. Ich kann das alles gar nicht aufzählen, aber fragen sie sich mal eines. Warum sind sie so schnell bei Bewusstsein gewesen und warum konnten sie sofort herumspazieren, ohne Schwierigkeiten? Ich meine, sie sind sogar frisch geduscht und ihnen die Haare geschnitten!" Mit einem großen Schluck leerte er das nächste Glas, „Ich würde wetten, sie haben sogar ein paar Falten verloren."

Die schlanken Hände der Frau reichten nach vorne zu der Zigarre, nur um sie dann aufzubeißen und anzuzünden. So entspannten sich ihre Gesichtszüge, als sie das Aroma genießen konnte. Die Erklärung des Admirals hatte ihre Sorgen verscheuchen können.

Dieser lehnte sich nach vorne und platzierte eine Apparatur neben den Aschenbecher.
„Ein Geschenk der Regierung. Die neueste Version des militärischen Armcomputers, der ACom 90.3. Willkommen in der Zukunft! Dieses Ding wird ihr neuer bester Freund und wird wahrscheinlich bald schon mehr über sie wissen, wie sie es selbst tun." Damit lehnte er sich wieder zurück und hielt seinen eigenen Arm hoch, um seinen ACom zu zeigen.

Nun wusste Mary auch, auf was für Bildschirme die ganzen Leute benutzt haben. Nach kurzer Untersuchung in ihrer Hand zog sie ihren Ärmel zurück und legte das Gerät an.

„Ich hab mir die Freiheit genommen, mich in ihren Kontakten einzutragen und ich habe ihnen ein paar Ordner auf dem Startbildschirm angelegt. Komplette Bedienungsanleitung mit Videos für das ACom, ein paar Sachen zu moderner Kriegführung, die wichtigen Sachen eben."

Doch sie hörte nur mit halbem Ohr zu, sie war zu beschäftigt, das neue Spielzeug zu aktivieren und sich umzuschauen. Auf der einen Seite kam ihr das Gerät und dessen Funktionen bekannt vor, auf der anderen Seite weiteten sich ihre Augen vor der Faszination dieser Technik.

„Also, ich habe ihnen versprochen, ihnen ein paar ihrer Fragen zu beantworten. Legen sie los."
Als Mary zum Antworten hochschaute, war ihre Sichtlinie auf einmal von schwarzen Lederstiefel behindert.

„Ich würde gerne wissen, welches Jahr wir haben. Lebt mein Trupp noch?" Als sie an den Stiefel vorbeisah, konnte sie eine klare Zuckung im Gesicht des Admirals sehen, darüber hinaus knirschte er langsam mit seinen Zähnen.

„Wir schreiben das Jahre 2091, ihr Trupp und eigentlich jeder den sie kannten, lebt nicht mehr. Es tut mir leid." Zu seiner Überraschung war die einzige Reaktion auf diese Nachricht ein kurzes Zusammenkneifen der Augen.

„Hab ich mir schon gedacht. Raumstation, Aliens, komische Elektronik und der Fakt, dass ich hier alleine sitze. Man kann das Leben aber nicht ändern." Mit einem gleichgültigen Zucken in den Schultern beendete sie das Thema und zog nochmal an der Zigarre.

Kalenkov befremdete diese Antwort eindeutig, dies bemerkte Mary sofort. Er nahm die Beine vom Tisch und lehnte sich nach so weit nach vorne, dass sie sogar die braune Iris in der Dunkelheit erkennen können. Bevor eine Antwort kam, schien ihm aber was in Erinnerung zu kommen und er atmete nur einmal genervt ein und aus. Ein helles kurzes Geräusch unterbrach die Stille und der ACom des Admirals blinkte.

2091: Die CryosoldatinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt