"Es war eine absolute Katastrophe. Ich wusste, dass ich da besser nicht hätte hingehen sollen."
Mit einem dumpfen Geräusch ließ ich mich, mit dem Gesicht voran, auf mein Bett fallen.
Eve hatte es sich bereits in meinen Laken bequem gemacht. Neben ihr lag ein entspannter Zac. Mein anderer bester Freund."Warum bist du auch hin?" Evelyn rekelte sich neben mir.
"Weißt du, was ich an meinem Körper mag?", fragte ich und hob müde den Blick.
Meine Freundin stieß nur ein irritiertes Grunzen aus. "Das ist mir sowas von egal, Gwen."
"Meinen Kopf", fuhr ich unbeirrt fort. "Und zwar, dass er auf meinem Hals sitzt und nicht durch die Schatzkammer des Königs rollt."Zac stieß ein Lachen aus. "Dabei hab ich das immer als deinen größten Nachteil gesehen."
Mit einem breiten Grinsen streckte er die Hand aus, um mir, wie bei einem Hund, den Kopf zu tätscheln.Mürrisch schlug ich seine Finger weg. Warum waren die Beiden überhaupt hier? Hatte ich nicht schon genug gelitten?
Die Verlobungsparty war schlimmer ausgefallen, als ich es mir hätte ausmalen können.
Und das Desaster kündigte sich bereits vor dem Einlass in den Elverstone Palace an.Offensichtlich beruhte meine Abneigung gegen Pferde auf Gegenseitigkeit.
Ich hatte schon immer den Verdacht gehabt, dass sich die Biester meines Vaters gegen mich verschworen hatten und Thykia, dieses verdammte Mistvieh, hatte mir heute Abend den Beweis geliefert.
Sie hatte einen Haufen vor die Pforten des Palasts gesetzt. Einen Haufen. Vor den verdammten Palast.
Und wer durfte aussteigen, um sich dieser Sache anzunehmen?
Der kleine Bruder? Nein? Vielleicht doch die Schwester? Warum denn? Nehmen wir doch Gwendolyn, die sich heute doch von ihrer besten Seite präsentieren sollte. Ja, gute Idee!
Thykia fand das auch. Denn sobald ich aus der Kutsche gestiegen war, mit Schaufel und Besen bewaffnet, scheute sie. Sie scheute! Vor mir!
Und natürlich hatte ich mich erschrocken.Genau genommen hatte ich einen Satz zur Seite gemacht. Leider in die falsche Richtung. Genau in Thykias Unfall.
Und mit stinkenden High-Heels konnte ich schlecht im Palast aufkreuzen, wodurch ich mich verspätete.Anders als Lynn.
Meine liebe, kleine Schwester war, allen voran, die Treppen des Elverston Palaces hinabstolziert und hatte sich dem Prinzchen sofort an den Hals geworfen.Und dieser war hellauf begeistert gewesen. Anders als von mir.
Sobald ich auf der Bildfläche erschienen war und Prinz Jayce von und zu Unterbemittelt registriert hatte, dass es sich bei Lynn nicht um seine Verlobte handelte, hatten seine Mundwinkel den Boden geküsst.
Den gesamten, verdammten Abend.
"Findet ihr, dass ich wie eine Amanda aussehe?", unterbrach ich die Stille und warf meinen Freunden einen kurzen Blick zu.
Diese blinzelten mich nur irritiert an."Ne, finde ich jetzt nicht." Eve hatte mich einen Moment gemustert, ehe sie entschieden den Kopf schüttelte.
"Vielleicht ein bisschen", erwiderte Zac zeitgleich.Die Beiden sahen sich an. Zac amüsiert, Evelyn jedoch skeptisch. "Wie sieht denn bitte eine Amanda aus?"
"Na, ein bisschen wie Gwen." Das Grinsen des Verräters wurde breiter und ich widerstand dem Drang, Zachary an den Ohren aus meinem Zimmer zu schleifen.
Stattdessen begnügte ich mich damit, ihm einen ordentlichen Klaps auf den Hinterkopf zu geben.Zac lachte auf und rieb sich die Stelle. "Wie kommst du überhaupt auf den Mist?"
Wie ich auf den Mist kam? Bei der Erinnerung verzog ich das Gesicht.
Kaum hatte sich dieser Schnösel von Königssohn von meiner Schwester gelöst und seinen Weg an meine Seite gefunden, waren seine blauen Augen langsam über mich gewandert.
Ich hatte förmlich in seinem Gesicht ablesen können, wie er die Einzelheiten meines Körpers bemängelt hatte."Gwendolyn Amanda Montgomery?", hatte er gefragt.
"Aileen. Gwendolyn Aileen Montgomery", war prompt meine Korrektur gefolgt.Daraufhin hatte der Blondkopf die Stirn gerunzelt und mich erneut gemustert. Dann hatte er den Kopf geschüttelt.
Geschüttelt! Als würde ich nicht wissen, wie ich heiße!"Du siehst aus wie eine Amanda."
"Ich heiße aber nicht Amanda!"
Meine Stimme war scharf und hart gewesen, um ihm zu signalisieren, dass er jetzt besser die Klappe hielt. Beeindruckt hatte ihn das leider nicht."Aber du siehst aus wie eine."
Wütend hatte ich die Arme verschränkt und spöttisch eine Augenbraue gehoben: "Wenn du das sagst, Mathilda."Einstecken konnte das Prinzchen auf jeden Fall nicht.
Nach meinen Worten hatte er wie ein beleidigtes Kind das Gesicht verzogen, sich umgedreht und war einfach gegangen.Das war auch unsere erste und letzte Begegnung an diesem Abend gewesen.
Seine königliche Hoheit hatte sich danach nicht mehr blicken lassen.Noch immer kochend vor Wut erzählte ich meinen Freunden davon. Diese amüsierten sich natürlich köstlich darüber.
Eve lachte sogar so sehr, dass sie über den Bettrand kullerte und mit einem lauten Knall den Boden küsste.Das wiederum brachte mich zum Schmunzeln.
"Also kein 'Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende'?", hakte Zac unnötigerweise nach.
Eve hatte sich inzwischen auf dem Boden abgestützt und starrte mich über den Rand der Matratze hinweg neugierig an."Nein", meinte ich entschieden. "Definitiv nicht."
Ganz im Gegenteil - Mein Plan, die Königsfamilie gegen mich aufzuhetzen, konnte gar nicht schnell genug gehen.Denn nicht nur Prinz Jayce war, ganz meinen Erwartungen entsprechend, arrogant und unverschämt. Nein, auch der Rest der Bairnslams ließ charakterlich zu wünschen übrigen.
Allen voran Eiskönigin Cathrin und ihr liebestoller Gatte.Das Oberhaupt von Navar konnte ihren Unmut über meine Erscheinung genauso wenig verbergen, wie ihr Sprössling selbst.
Offenbar hatte sich meine Schwester bereits in die Herzen der Blaublütler geschlichen, denn nach ihrer Aufklärung, dass ich und nicht etwa sie Prinz Jayce zum Mann nehmen sollte, war die Stimmung allgemein gekippt.Während Seine königliche Hoheit sich in seinem Schlafgemach die Augen ausgeheult hatte, durfte ich den restlichen Abend unter dem eisigen Blick seiner Mutter verkehren. Die vornehmen Lippen zu einem abschätzigen Schmollmund gespitzt.
Ihre Töchterchen mit missmutigen Gesichtern daneben.Lernte man als Royal etwa nicht, seine Gefühle und Gedanken in den Hintergrund zu rücken? In der obersten Schicht Navars herrschten verdammte Minusgrade.
"Tja, ist schon scheiße, wenn der eigene Verlobte Minderjährige bevorzugt." Eve kicherte.
Natürlich hatte ich meinen Freunden davon erzählt, wie schamlos der Blondschopf mit meiner kleinen Schwester geflirtet hatte. "Was machst du jetzt? Windeln tragen?""Ich sorge einfach dafür, dass sie mich nicht leiden können und die Verlobung auflösen. Dürfte ja nicht allzu schwer sein. Begeistert sind sie ja nicht."
"Wie willst du das anstellen?" Zac warf mir einen spöttischen Blick zu. "Bei deiner liebenswerten Persönlichkeit."
Als Antwort streckte ich ihm die Zunge heraus.Mir wird schon etwas einfallen.
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Irgendwo zwischen Wahrheiten und Lügen
RomanceGefangen zwischen Blaublütlern und den Geheimnissen der Vergangenheit tritt Gwendolyn ihre Pflicht an, den Thronfolger Navars zum Mann zu nehmen. Doch bereits nach dem ersten Kennenlernen steht fest - Weder Jayce noch Gwen sind sonderlich begeistert...