E i n s | J a y c e

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Ich betrachtete mich im kunstvollen Spiegel, welcher mit seiner imposanten Größe die Eingangshalle des Caldenfort Palace schmückte.
Die Lockharts, die amtierende Königsfamilie von Großreich Tar, hatte sich durchaus Mühe gegeben, ihr Anwesen, zu Ehren ihres angeheirateten Familienmitglieds, meinem Cousin Herzog Glenn, in Schale zu werfen. Dennoch konnte ich nicht leugnen, dass ich mich unter den misstrauischen Blicken der aufgestellten Wachen durchaus unwohl fühlte.

Eigentlich sollten die vier Königreiche als eine Einheit fungieren. Immerhin konnte das Überleben des Adels nur durch das der anderen gesichert werden.
Dennoch waren gewisse Anspannungen und Rivalitäten zwischen den vereinzelten Königreichen deutlich spürbar.

Glenn ist der Erste aus meiner Familie, welcher mit dem tarischen Adel verheiratet wurde.
Zuvor hatten die Herrscher von Großreich Tar penibel darauf geachtet, ihren königlichen Nachwuchs nur an die Königsfamilie von Tel'Anoor weiterzuleiten. Hin und wieder verirrte sich eine tiefranginge Prinzessin an die Seite eines kryphtonischen Adels, doch von meiner Familie hatten sich die Lockharts, seit der Hochzeit meiner Eltern, stets ferngehalten.
Bis vor etwa drei Monaten, als sich Prinzessin Eliza, die jüngste Schwester meines Vaters, König Cedrik, unsterblich in dessen Neffen verliebt hatte und sie die Monarchie mit einer spontanen Hochzeit erschüttert hatten.

Ich wandte mich von meinem Spiegelbild ab und richtete meine Aufmerksamkeit auf meine Familie, welche sich unschlüssig hinter mir in der Eingangshalle versammelt hat.
Meine beiden jüngeren Schwestern, Prinzessin Joselynn und Prinzessin Rosalie, musterten die Inneneinrichtung des Caldenfort Palace neugierig, während meine Mutter, Königin Cathrine, verächtlich die Nase rümpfte.

Die Königin Navars konnte sich noch nie für das Land ihres Gemahls begeistern. Wenn es nach ihrem Interesse und nicht nach dem ihres Vaters, König Malcom, gegangen wäre, hätte sie auch bestimmt nicht meinen Vater geheiratet.
Ich weiß, dass ihre Sympathie schon immer dem Königreich Kryphton gegolten hatte, doch der damalige Thronfolger, König Stanley, hatte sein Herz an eine einfache Kaufmannstochter verloren und sie zu seiner Gemahlin gemacht.
Herzogin Cynthia, die Ehefrau meines Onkels, Prinz Emrick, ist das einzige Mitglied des kryphtonischen Adels, das meine Mutter in unsere Familie integrieren konnte.

„Cedrik! Mein geliebter Bruder!" Prinzessin Eliza trat an die Seite meines Vaters und begrüßte den König von Navar überschwänglich.
Mein Vater nahm die Euphorie seiner jüngsten Schwester mit einem herzlichen Lachen in Kauf und ließ sich von der Prinzessin zur Begrüßung die Wangen küssen.
„Eliza, meine Liebe, danke für die Einladung!"

„Meine Liebe", äffte Joselynn leise neben mir und zog spöttisch eine Augenbraue nach oben. Sie fing meinen Blick auf und grinste ertappt.
Meine jüngere Schwester strich sich eine blonde Locke aus dem Gesicht, welche sich aus dem kunstvollen Knoten in ihrem Nacken gelöst hatte, und setzte ein freundliches Lächeln auf, als unsere Tante ihre Aufmerksamkeit auf sie richtete.

„Joselynn, Rosalie! Gott, seid ihr groß geworden!" Eliza strahlte meine Schwestern freudig an und beugte sich schließlich vor, um sie jeweils mit einem Küsschen links und einem Küsschen rechts zu begrüßen.
Höflich erwiderten die beiden Prinzessinnen die Geste.
„Es ist uns eine Ehre, dich endlich wiederzusehen, Tante Eliza", flötete Rosalie und schenkte der Gemahlin unseres Cousins ein makelloses Lächeln.

Elizas Mundwinkel zogen sich weiter nach oben. Sie war ein Familienmensch durch und durch. Das wurde mir schon bewusst, als ich sie zum ersten Mal in meinem Leben getroffen hatte.
Die Prinzessin ist die Einzige, abgesehen von Glenn natürlich, der Lockhart Familie, welche sich um einen regelmäßigen Kontakt bemühte. Ihren Bruder, König Raymond, hatte ich in den letzten Jahren kaum zu Gesicht bekommen.
Er ließ sich auf den Veranstaltungen auf dem Anwesen meiner Eltern nur sehr selten blicken.

Irgendwo zwischen Wahrheiten und LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt