Goodbye May Seem Forever

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Eines der ersten Dinge an welche sich Nathalie erinnern kann, war wie sie einmal an einem Sonntag morgen am großen Holztisch im Apartment ihres Vaters saß. Vor sich hatte sie ein großes weißes Blatt auf welchem sie mit Wachsmalstiften versucht hatte, eine Landschaft mit Haus, Blumen, der Sonne und ihrer Familie zu zeichnen. Sie selbst war dabei gerade einmal so groß gewesen, dass ihre Brust den Tischrand berührte. 
Vor sich hatte sie dabei eine weiße Tasse Kakao stehen, aus welcher sie gelegentlich einen Schluck nahm. 
Sie erinnerte sich daran wie sie voller Stolz sich und ihren Vater selbst auf dem Papier verewigt hatte und wie sie ihm das Bild voller Freude gezeigt hatte. 
Ihr Leben fing aber natürlich schon viel früher. 

"Ich hab sie endlich dazu gebracht, einzuschlafen..." verkündete die Frau, welche so eben die Küche betrat. Sie hatte ihr dunkles braunes Haar notgedrungen in einem Dutt zusammen gebunden, welcher jedoch mehr an einen Messy Bun erinnerte. 
Als Kleidung trug sie ein weites weißes Shirt, was sie sich wohl mal vor Jahren von ihrem Ehemann geborgt und vergessen hatte zurückzugeben oder wer mal der eigentliche Besitzer war. 
Langsam griff sie mit der Hand zur Kaffeemaschine. 
"Du willst so spät noch einen Kaffee?" 
"Die Kleine schläft doch sowieso nicht die Nacht durch.. da kann ich auch direkt wach bleiben." 
"Du weißt ich stehe auch auf um Nath zu trösten, wenn sie anfängt zu weinen." 
Kommentarlos lehnte sich die Frau mit der Tasse in der Hand gegen die nächstbeste Wand. "Du bist doch viel zu sehr auf deine Arbeit fokussiert.." gab sie nur zurück bevor sie mit einer Geste auf die Bücher verwies, die vor dem Mann aufgeschlagen lagen. Dieser selbst trug ein weißes T-Shirt und darüber ein hellblaues Hemd, welches er offen war. Seine Haare waren dunkel Braun, kurz und unter den Augen hatte er merkbare Augenringe.
"Überhaupt du wirst bald sowieso wieder weg sein, dann ist sie wieder nur meine Arbeit. Also bemüh dich doch gar nicht erst." gab die Frau kühl zurück und sie nahm einen weiteren Schluck aus der Tasse. 
Verletzt von diesen Worten schlug der Mann das Buch, was er vor sich ausgebreitet hatte zu.
"Ich dachte wir wollten an der Beziehung arbeiten und festhalten. Für Nathalie." 
"Was passt dir den jetzt wieder nicht von dem was ich gesagt habe?" 
"Du stellst es dar, als würde ich mich nicht um Nathalie kümmern. Als wäre es mir zu viel Arbeit!" 
"Es ist doch nur die Wahrheit."
Wütend umklammerte der Mann ein paar seiner Papiere, bevor er auf seinen Beine sprang und sich auf den Händen auf dem Tisch abstütze. "Ich liebe unsere Tochter!" verkündete er laut, während er einmal auf den Tisch haute.  Stille erfüllte den Raum, während sich beide Erwachsene tief in die Augen schauten, in welchem purer Hass aufblitzte. Doch die Stille hielt nicht lange. 
Das Streiten der beiden hatte dafür gesorgt, dass das Baby wieder aufgewacht war.
Genervt stellte die Frau die Tasse zur Seite, doch bevor sie auch nur einen Kommentar darüber machen konnte, wie sein Geschrei nun dafür gesorgt hatte, dass Nathalie wieder aufgewacht war, hatte sich der Mann schon an ihr vorbei aus der Küche gedrängt.

Behutsam nahm er die kleine weinende Nathalie in seine Arme und setzte sich mit ihr auf dem Arm in den Schaukelstuhl, welcher sich mit ihnen im Raum befand. 
Sanft fing er an auf diesem hin und her zu schaukeln während er sein kleines Mädchen im Arm hielt und dabei leise "Shhhh" Geräusche machte.
Seit sie geboren war, war er von ihr fasziniert gewesen. Sie war jetzt 1 Jahr und ein paar Monate alt und doch war sie sehr aufgeweckt für ihr Alter. Müde blinzelte sie die Tränen aus ihren Augen, um den Mann anzuschauen, der sie nun sanft hin und her wiegen. 
Mit einem Lächeln erwiderte er ihren Blick und stupste ihr mit dem Finger einmal schnell auf die Nase, was sie schlagartig zum Kichern brachte. Hastig windete sie ihre kleinen Ärmchen aus der Decke, in welche man sie eingerollt hatte um nach seinem Finger zu greifen. Wie klein ihre Fingerchen doch im Vergleich zu seiner Hand waren. 
Mit einem weiteren Kichern umklammerte sie nun den Finger mit ihren, nur um nächsten Moment vollkommen fasziniert von dem zu sein, was sie gerade tat. Als wäre sie stolz darauf, das geschafft zu haben. 
Dieser Anblick brachte auch ihn nun kurz zum lachen.
Er lehnte sich ein Stück ihm Stuhl zurück und fing leise an, den Beginn einer Melodie zu summen. Neugierig schaute das Kind nun vom Finger in sein Gesicht, was ihm erneut zum lächeln brachte und das Summen, ein wenig lauter, fortsetzte. 
Er mochte das Lied sehr. Konnte es kaum erwarten, seiner Tochter vorzusingen. Doch nicht jetzt wenn sie schlafen sollte. Und so ging er die Lyrics nur im Kopf durch. 

Hedgehogs DilemmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt