eine kalte Oktobernacht

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Charakter death


Würde man Gabriel Agreste fragen, was wohl der vermutlich schlimmste Tag in seinem Leben war, so würde er vermutlich antworten, dass dies der 27. Oktober gewesen wäre.
Er würde erzählen, wie klar und deutlich er sich noch an den Tag und die Ereignisse erinnern könnte, welche an diesem Tag passierten.

Es war eine kalte Oktobernacht gewesen. Der Regen, welcher die ganze Stadt mit seinem konstanten Aufenthalt gequält hatte, in dem er sämtliche Aktivitäten, welche man draußen hätte erledigen können, ruinierte und so einen einfachen Tag im Herbst in einen mittel fröhlichen Tag im Herbst verwandelt hatte, prasselte mit all seiner Wucht und Stärke gegen das Fenster des Raumes, in welchem sich Gabriel befand. 
Er selbst bekam davon jedoch nichts mit, da er damit beschäftigt war, den letzten Worten seiner Frau zu lauschen, während er dabei ihre Hand fest in den seinigen hielt. 
Es war ein Unfall gewesen. Beim Versuch, die Blätter des großen Eichenbaumes, welches auf dem Grundstück stand, vom Balkon vor ihrem Zimmer zu kehren, war sie ausgerutscht und über die Veranda hinunter in die Tiefe gestürzt. Ein schrecklicher Anblick, den ausgerechnet Nathalie Sancoeur, Gabriels Assistentin, nicht erspart geblieben war.
Sofort hatte sie einen Krankenwagen und Hilfe geholt, während Gabriel verzweifelt versucht hatte, bei seiner Frau Erste Hilfe zu leisten. Vergeblich. Den schnell wurde allen Anwesenden die Schwere ihrer Verletzungen bewusst, und selbst den Ersthelfern wurde schnell bewusst, welche Chancen Emilie noch hatte. Trotz allem hatte man sie in ein Krankenhaus gebracht, in welches Gabriel ihr gefolgt war. Nathalie selbst war in der Villa geblieben, um auf Adrien aufzupassen. 
Da es schnell gehen musste, und Adrien nicht aufhören wollte zu weinen, hatte Gabriel ihnen gesagt, sie sollen vorfahren, er würde dann nachkommen, sobald er seinen noch sehr jungen Sohn beruhigt hatte. 
„Emilie ...", hauchte er ihren Namen leise, während er dabei sanft einen Kuss auf ihren Fingerknöcheln platzierte.
Langsam öffnete die bildschöne Frau ein weiteres Mal ihre Augen, um den Mann vor ihr anzuschauen. Wie blass er aussah. Sein sonst so perfekt zurück gekämmtes Haar war unordentlich und in allen Himmelsrichtungen zerstreut. Seine sonst so perfekt sitzenden Klamotten waren durchnässt und zerzaust. Es bestand kein Zweifel daran, dass er sich wohl beeilt haben musste, um zu ihr zu kommen. War er den ganzen Weg durch den Regen gelaufen?
„Mein Schatz ...", begrüßte Emilie ihren Mann, wodurch dieser sich aufrichtete, um seine Hand auf ihre Wange zu legen. Alles ohne dabei ihre Hand loszulassen. „Ich bin hier", versicherte Gabriel ihr.
„Es tut mir so leid ...", versuchte sich die Frau im Bett zu erklären. „Es ist meine Schuld ... ich hätte mehr aufpassen sollen ..."
„Nein, nicht doch!" widersprach ihr Gabriel mit einem Kopfschütteln. „Es war ein Unfall ... es tut mir leid, dass ich nicht bei dir war ..."
„Nein, das wa-" versuchte Emilie sich zu erklären, bevor ein Hustenanfall sie überkam und jegliches Weitersprechen für einen Moment unmöglich machte. Gabriel war schmerzhaft bewusst, seine Frau würde lediglich noch Minuten haben. Behutsam drückt er seine Hand zu, um ihre Hand weiter zu umklammern. Sanfte Tränen stiegen in seinen Augen hervor.
„Du musst mir nichts sagen. Ich habe mit dir viele wundervolle Jahre verbringen können, dich zu meiner Frau machen und mit dir einen Sohn bekommen können. Ich bereue nichts in meinem Leben mit dir."
„Adrien ...", hauchte Emilie hervor „Bitte kümmere dich um ihn ... du weißt doch wie er ist ... er ist so leicht verängstigt ... Denk daran, dass er eine gute Nachtgeschichte braucht ... sonst schläft er nicht gut. Er ist noch viel zu jung ... um ohne Mutter leben zu müssen ... „
„Ich werde dir versprechen, ich werde ihm jeden Abend eine vorlesen" versprach Gabriel ihr, während er ihre Hand sanft ein weiteres Mal drückte „Ich verspreche dir ... er wird mal ein großartiger Mann ... und ich werde sicher gehen, dass er dich nie vergessen wird."
Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen schloss Emilie ihre Augen. „Ich danke dir Gabriel ...", waren ihre letzten Worte, bevor die Kraft in ihren Händen und dem Rest ihren Körper sie verließ und sie in sich zusammen sackte.
Das Geräusch der Maschine, an welche seine Frau angeschlossen war, gab ihm dabei ebenfalls die Bestätigung.
Emilie hatte diese Welt verlassen.
Behutsam legte Gabriel die Hand seiner Frau neben ihr ab und gab ihr einen letzten Kuss auf ihre Stirn zum Abschied, bevor in ein tiefes Schweigen verfiel, welches nur gelegentlich von dem lauten Unwetter unterbrochen wurde, welches vor seinem Fenster wütete. 

Hedgehogs DilemmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt