Stärke

73 6 4
                                    

Kapitel 20

Ich rannte.

Rannte so schnell ich konnte.

Stürmte an den Tischen, stieß gegen die Studenten, stolperte über meine eigenen Füße.

Warte.

Warum rannte ich nochmal?

Ich verlies das Café und stürzte mich auf den Uni Campus.

Warum hasteten meine Beine so?

"Hey! Pass mal auf" schimpfte eine Studentin als ich voller Wucht gegen ihre Schulter knallte. Ohne auf sie zu achten, rannte ich weiter.

Zu wem eilte ich nochmal?

Wieder schrie eine andere Studentin als ich beim Vorbeirennen sie anstieß und ihre ganzen Unterlagen in die Luft flogen.

Ich stoppte nicht.

Wer ließ mich nochmal so außer der Puste rennen?

Plötzlich erschien das Bild von ihr in meinen Gedanken.

Ah ja. Sie war es.

Sara

Sie saß auf dem Boden.

Gekrochen in einer Ecke. Die Knie an dem Kinn gezogen um so klein wie möglich zu sein. Die Arme schützend über den Kopf gelegt um so unsichtbar zu werden wie möglich. Am Boden zerstört.

Mein Herz rutschte beim Gedanken daran in die Hose und unwillkürlich bewegten sich meine Beine noch schneller.

Mit einem Sprung passierte ich die Treppen, die zu dem Gebäude führte, in der sich Sara befand.

Dieses Bild, Dieser Gedanke. War dies der Grund, weshalb mein Körper nicht mir horchte?

Hörte mein Körper mir nicht, wegen das Herz einer kleinen Muslima? Doch warum? Es war doch mir egal, was mit ihr passieren würde. Es sollte mir egal sein.

Im Gebäude angekommen suchten meine Augen wie verrückt nach ihr. Meine Nase wie verrückt nach ihrem Geruch.

Zwischen den Studenten drängelnd bahnte ich mir einen Weg und stieg ein Stockwerk höher als ich sie im ersten Stock nicht fand.

Ich verstehe es nicht. Warum versuchte mein Körper so verkrampft den Helden dieser kleinen Muslima zu spielen?

Ich bog um die Ecke.

Wegen Reue?

Und stoppte.

Weil sie ein Held brauchte, die sie rettete?

Da stand sie.

Ich hatte sie gefunden.

Sara.

Doch warte.

Sie war nicht am Bodenzerstört. Sie hatte sich nicht in eine Ecke verkrochen. Ganz im Gegenteil.

Nein. Das stimmt gar nicht. Diese kleine Muslima brauchte mich als Held nicht.

Völlig außer Atem beobachtete ich wie Sara am Ende des Flurs aus dem Fenster sah und ihre schmalen Lippen etwas vor sich hinmurmelten.

Sie brauchte keinen Held..

Ihre Lippen zuckten, nachdem sie fertig vor sich gemurmelt hatte zu einem triumphierenden starken Lächeln. Daraufhin drehte sie sich schwungvoll um.

Denn sie hatte schon ein Held

Mit vollem Erstaunen beobachtete ich wie die Studenten sich rings um Sara versammelt hatten und sie mit verachtenden schiefen Blicken bestatteten. Andere hingegen tuschelten in hörbarer Lautstärke. Doch Sara ignorierte sie Schnurstracks und stolzierte mit erhobenem Kinn durch die Menschenmenge.

Die blonde MuslimaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt