Prolog

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Ich kramte in der Truhe.

Einer Truhe voller selbstgeschriebenen Tagebüchern. Tagebücher die ihre Schrift beinhalteten. Ihre Gedanken. Ihre Emotionen. Ihre Erinnerungen. Während ich mein ganzes Leben verschwendete und hier landete, an einem Ort zwischen vier grauen, leblosen Wänden,hatte sie diese Tagebücher für die Nachwelt geschrieben. Für sich selbst geschrieben. Damit sie immer wieder, wenn sie die selbstgeschriebenen, schwungvollen Zeilen liest, sich an die Zeiten erinnert. An schöne Zeiten. An schlechte Zeiten. An fröhliche Zeiten. An traurige Zeiten.

Sie war anders. Clever. Kreativ. Ein Wesen, dessen Definition auf dieser falschen Welt nicht existierte.

Hätte ich doch nur eine Chance. Eine Möglichkeit, ein Erbarmer, der mir die Sünden meiner Vergangenheit verziehen könnte und  mir einen Neustart gewähren würde. Würde sogar ich ihr es gleich machen. Würde versuchen seitenweise über das Licht, das in meiner tiefen Dunkelheit plötzlich erstrahlte  zu erzählen. Meine Zeilen mit ihr füllen. 

Doch hierzu war es zu spät.

Ich war zu spät.

Denn jetzt gab es keinen Grund mehr weder um Vergebung zu bitten. Noch auf irgendwelche Seiten etwas zu kritzlen. Es gab keinen Grund mehr für einen Neustart. 

Denn nun musste ich die Strafe der Sünden meiner Vergangenheit, die damals niemand versuchte aufzuhalten, anfangen zu büßen.

Eine Strafe, die zwischen vier grauen leblosen Wänden war.

Eine Strafe, die kein Entkommen hatte.

Und noch schlimmer...

Eine Strafe, die mich zwang, diese verdammten Tagebücher zu lesen.

Eine Strafe, die mich zwang, ihre Tagebücher zu lesen.

Egal wie sehr ich diese Tagebücher gerne zerreisen, verbrennen und loswerden wollte, würde ich ohne Anstalten sie vernüftig in die Hand nehmen. Ihren rosenduft, den sie auf ihren Tagebüchern hinterlies, sehensüchtig, doch zugleich reuevoll in meine Lungen ziehen. 

Nein. Ich würde mich nicht weigern diese Tagebücher zu lesen. Ich würde meine rechtmäßige Strafe ableisten. Die Strafe, die sie mir hinterließ für meine Sünden. 

Mit den auf mich gerichteten Augen des Gefängniswärters suchte ich den ersten Band ihrer Tagebücher, die sie an mich gerichtet hatte.

Als ich dann endlich den ersten Band fand, die wie die anderen Tagebücher mit einem hellrosa Umschlag bedeckt war, schlug ich langsam die erste Seite auf.

Sofort kamen mir die ersten Worte entgegen, die mitten auf die Seite geschrieben waren und rang unwillkürlich nach Luft.

Die ersten Worte, die sie mir in diesem bedeutungslosen Leben beigebracht hatte. Die Worte, die mich aus meiner Dunkelheit rauszerrten und mich mit Licht umhüllten...

Im Namen Allahs des Allerbarmes, des Barmherzigen.

Im Namen Allahs des Allerbarmes, des Barmherzigen

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Die blonde MuslimaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt