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„Ja!!" Mit einem wilden Schrei riss der Schwarze Korsar seinen Säbel in die Höhe. Seine Mannschaft folgte ihm, alle schrieen und brüllten, reckten ihre Waffen empor oder auch nur die Fäuste, wenn sie nichts zum Triumphieren in Händen hielten.
Das feindliche Schiff lag mittlerweile zu weit entfernt, um noch schießen zu können. Und folgen konnten sie ihnen auch nicht, denn fast alle Segel hingen in Fetzen. Sie hatten es geschafft. Keiner konnte sie mehr einholen. Und das alles ohne größere Verluste. Gewiss, Irjan hatte es erwischt und Jarlak und Zedanja waren verletzt, aber damit musste man immer rechnen, die Verluste waren geringer, als man hätte erwarten können. Und die Aussicht auf Gewinn war traumhaft.
Der Schwarze Korsar ließ jetzt seinen Säbel sinken. „Eine Runde, für alle!" brüllte er, und machte dabei eine großartige Handbewegung, die die ganze Mannschaft einschloss. Er fühlte, wie man ihm auf die Schultern schlug, sah strahlende Gesichter, jetzt wurde ihm ein Becher randvoll mit Premer Feuer in die Hand gedrückt. Er reckte ihn den erwartungsvollen Gesichtern entgegen: „Ihr seid großartig, Leute, auf uns!" Ein Teil des scharfen Getränks rann über seine Hand, als er mit den Nächststehenden anstieß, um dann den Rest in einem einzigen Schluck hinunter zu stürzen.
Ein Gefühl wilder Euphorie erfüllte ihn, aber dazu hätte es des Alkohols nicht bedurft. Es war das typische Gefühl, dass ihn stets nach dem Kampf überkam, wenn alle Anspannung von ihm abfiel: Das Gefühl, siegreich gewesen zu sein und - überlebt zu haben. Er war kein Mann, der keine Angst kannte. Oh ja, er kannte dieses Gefühl nur zu gut, wenn sein Herz hart und heftig gegen die Rippen schlug, das Blut in seinen Ohren rauschte, ihm die Galle in die Kehle stieg. Aber er wusste, dass er sich auf seinen Körper verlassen konnte. Sobald der Kampf begann, war sein Kopf mit einem Mal ganz klar und konzentriert, seine Instinkte führten ihm den Arm rasch und sicher, ließen ihn Entscheidungen in Sekundenbruchteilen fällen, seine Muskeln wurden hart und hielten bislang stets auch den heftigsten Schlägen stand. Bislang... Aber er war kein Dummkopf. Er wusste auch, dass er viel Glück gehabt hatte, und dass für jeden einmal ein Gegner kam, dem er nicht mehr gewachsen war. Aber vielleicht war es gerade dieses kleine Quantum an Skepsis, welches ihn immer wieder so konzentriert kämpfen ließ und ihn bisher vor dem Tod bewahrt hatte, nun schon sechs Götterläufe lang.
Diesmal sollte mehr dabei herausspringen, als nur die Beute, die sie auf dem Schiff vorgefunden hatten. 15.000 Goldstücke - eine ungeheure Summe. Und ihm war sofort klar gewesen, dass er seine Kabine würde räumen müssen, nicht ohne leises Bedauern freilich, denn er hing an dem kleinen bisschen Luxus, den sie für ihn bereit hielt und hasste es, im Mannschaftsraum nächtigen zu müssen. Seit vier Götterläufen, seit er den ehemaligen Kapitän getötet hatte, stand ihm diese Kabine als Vorrecht zu, aber er war bereit, zu verzichten für den gemeinsamen Gewinn.
So streifte er jetzt das schwarze Tuch vom Kopf, schüttelte die braunen Locken im Wind aus und schnallte den Gürtel mit seinem Wehrgehänge ab. „Dann werde ich doch mal sehen, was unser Gast macht!" verkündete er und winkte einem seiner Männer. „Komm, Rorke, du sollst mich begleiten."
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Perlenmeer Teil 1: Rahja
AbenteuerDas Schwarze Auge - eine Welt, die hunderttausend Geschichten schreibt. Manche ähneln einander, andere sind ganz eigen oder auch eigenartig. Einige Erzählungen sind phantastisch, einige komisch, alle jedoch sehr abenteuerlich. Das Besondere daran: E...