Kürbisse und Astronomie

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Die nächsten Wochen vergingen rasend schnell, sodass Keira sich später, wenn sie an ihre erste Zeit in Hogwarts zurückdachte, nur an ein verschwommenes Übergehen von Tagen erinnern konnte. Woran sie sich aber immer erinnern würde, war (wie sie zu ihrem Entsetzen feststellen musste), dass sie bei den Flugstunden zu einer der talentiertesten Schülerinnen gehörte und alle ihre Mitbewohnerinnen im Schlafsaal in den Schatten stellte. Nur zwei oder drei Klassenkameraden konnten ihre Besen schneller beherrschen, was sowohl ihr als auch vielen anderen missviel, denen sie zuvor ihre Unlust auf das Fliegen gestanden hatte und die nun jeden Mittwochnachmittag zusehen mussten, wie sie vor den meisten anderen schwierigere Manöver ausprobieren durfte.
Chris war der Einzige, der nicht dachte, dass sie absichtlich verachtend über das Fliegen geredet hatte, um dann mit ihrem Können anzugeben. Die anderen sagten Keira diese Worte nicht ins Gesicht, doch sie konnte ihre Blicke spüren, die sich in und nach den Flugstunden auf sie richteten. Umso ärgerlicher war dieses Talent, da sie es liebend gern eingetauscht hätte - zum Beispiel in mehr Interesse an Kräuterkunde. In Keiras Augen hatte sich die Spannung in diesem Unterricht seit dem Schwebemohn nicht verbessert, und sie war sicher, dass ihr schon viele Pflanzen eingegangen wären, wenn sie nicht die meiste Zeit mit Chris arbeiten würde (eine Partnerarbeit mit Allison kam nicht mehr zustande, auch wenn sie sich vertragen hatten).
Die restlichen Fächer machten ihr aber großen Spaß, sogar Verteidigung gegen die dunklen Künste, auch wenn sich die Schüler teilweise wirklich vorkamen wie Soldaten in Ausbildung. Professor Daunton legte den Fokus deutlich auf die körperliche Leistungsfähigkeit; ihr am häufigsten genutztes Argument war, dass gesunde Hüllen meist ein gesundes Inneres haben und ein solches die mächtigsten Zauber und Flüche bewirken könne.
Keiras Lieblingsfächer waren Zauberkunst und Verwandlung, da sie trotz Kindheit in einer magischen Familie immer wieder fasziniert war von den Vorführungen der Lehrer und jedes Mal zu dem Schluss kam, dass sie das unbedingt auch können wollte. In Verwandlung gehörte sie zwar nicht zu den Ersten, die die verschiedenen Zauber richtig ausführten, aber in Zauberkunst mauserte sie sich schnell zu einer von Flitwicks Lieblingsschülerinnen.

Sie hielt ihr Wort und schrieb Josie dutzende Briefe, allerdings wurden es mit der Zeit weniger, da sie irgendwann alle nennenswerten Aspekte ihres Lebens in Hogwarts genannt hatte. Ihren Eltern schrieb sie selten, meistens schrieb sie einfach ihre Namen auf die Briefe an Josie. Warum sollte sie auch alles doppelt aufschreiben? Sie selbst bekam selten Post, da Josie nichts Interessantes zu berichten hatte und ohnehin eher schreibfaul war; dafür schickte sie mehrere selbstgemalte Bilder von ihrem Haus, Nieva und Keira in Hogwarts, nachdem sie deren Beschreibungen über das Schloss bekommen hatte. Dafür dass sie es nie selbst gesehen hatte, hatte sie es ziemlich gut getroffen, fand Keira.
Die einzige Nachricht von ihren Eltern war als Antwort auf ihren ersten Brief eingetroffen, in dem sie ihnen mitgeteilt hatte, dass sie sicher angekommen usw. und in Ravenclaw gelandet sei. Ihre Mutter brachte ihre Begeisterung darüber, dass Keira in ihrem alten Haus war, zum Ausdruck und füllte eine halbe Rolle Pergament mit Tipps, welche Bücher sie lesen, welche Sessel sie meiden und welche Lehrer sie grüßen sollte. Letzteres vermied Keira tunlichst.
Wie zu erwarten war Robert nicht allzu begeistert, als er hörte, dass Keira dem Hut gesagt hatte, sie wolle nicht entscheiden und sich damit seiner Ansicht nach absichtlich gegen Gryffindor entschieden hatte. Diese Enttäuschung machte er auch in dem Brief deutlich, in einem ans Ende gequetschten Satz über Verantwortung, Familie und Tradition. Dabei schien er vergessen zu haben, dass Keira durchaus die Familie und die Traditionen ehrte, war sie doch in dem Haus ihrer Mutter und Roberts Frau. Als Keira seine Beschwerde las, verdrehte sie die Augen und beschloss, die Worte ihres Vaters - sollte er sich an den Briefen noch einmal mit so viel Einsatz beteiligen - einfach zu ignorieren.

Was ihr aber wirklich Kopfzerbrechen bereitete, war der Traum. Seit sie in Hogwarts war, war keine Nacht vergangen, in der sie nicht von einem finsteren Wald und einer geheimnisvollen Stimme geträumt hatte. Keira hatte niemandem etwas davon erzählt, aus Sorge, man würde sie für durchgeknallt halten, aber sie musste sich selber eingestehen, dass sie allmählich eine irrationale Angst vor dem Schlafengehen entwickelte. Was bedeutet dieser Wald? Was passiert mit mir? Diese Fragen schwirrten dauerhaft in ihrem Kopf herum und Keira hoffte, dass sie nicht vollkommen verrückt darüber wurde.

Secrets of Hogwarts: Gesang des WassersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt