Am letzten Tag vor Keiras Rückkehr nach Hogwarts kam ihr Vater noch einmal auf das Thema Quidditch zu sprechen. Hätte er gewusst, was er damit lostreten würde, hätte er vielleicht geschwiegen.
Die vier saßen gerade beim Abendessen. Draußen tobte ein Januarsturm. Um das Haus heulte der Wind und jagte die letzten trockenen Blätter des vergangenen Herbstes vor sich her und den prasselnden Regen gegen die Fensterscheiben. Es war finster, aber hin und wieder erhellte ein Blitz die sich aufbäumenden Wolken und tauchte Keiras Familie in aufgleißendes Licht. Es war zwar nicht kalt in der Küche, aber trotzdem ungemütlich, und Keira schlürfte ihre Gemüsesuppe so schnell sie konnte. Sie wollte so rasch wie möglich wieder in ihr Zimmer, ihre Sachen fertig packen und Nieva streicheln, die sich auf dem Bett ausgestreckt hatte. Gerade, als ihr vor Hast ein Tropfen Suppe auf die Jeans fiel und sie so unauffällig wie möglich versuchte, ihn wegzuwischen, erhob ihr Vater das Wort."Hast du noch mal über das Testspiel nachgedacht?", fragte er mit herausfordernder Stimme, die in der Stille des Raumes alle unwillkürlich zusammenzucken ließ.
Keira dachte bei sich: Oh, bitte nicht schon wieder, und suchte verzweifelt nach einer Antwort, die ihn in diesem Thema ein für allemal nachgeben lassen würde. Sie kam zu dem Schluss, dass es diese Antwort nicht gab. Also wiederholte sie das, was sie vor zwei Wochen bereits gesagt hatte, mit Nachdrücklichkeit: "Nicht wirklich. Weil ich nicht spielen will."
Ihre Mutter und Josie lauschten der Unterhaltung mit angehaltenem Atem. Alle hatten das Essen vergessen. Vor lauter Überlegungen, was für Gründe sie ihrem Vater geben könnte, bemerkte Keira nur am Rande, dass sich in der Küche eine knisternde Spannung aufbaute, die dem Gewitter in nichts nachstand.
"Es ist nichts Persönliches."
Aber ja, das ist es und du weißt es, flüsterte ihr eine leise, hinterhältige Stimme ins Ohr, noch während sie die Worte aussprach. Keira ignorierte sie.
"Ist mir egal, wie gut ich bin, es macht mir keinen Spaß", log sie. Tatsächlich waren die letzten Stunden ziemlich lustig gewesen und Keira hatte das Gefühl der Freiheit hoch oben in der Luft genossen. Aber riskieren, mit ihrem Vater darüber zu reden? Am Ende so zu werden wie er, aggressiv und süchtig nach Feuerwhisky? Bei dem Gedanken schrie alles in ihr warnend auf und sie musste dem Drang widerstehen, einfach wegzulaufen, hinaus in den tosenden Wind.
Ohne mit der Wimper zu zucken meinte sie: "Ich kann auch nichts dafür, es ist halt so. Und weder du noch sonst wer kann das ändern."
Dröhnende Stille, während Keira auf die Reaktion ihres Vaters wartete. Er saß reglos da, mit leeren Augen, als wäre er ganz woanders. Scheinbar vergessen, dass er nicht allein war, murmelte er: "Ich hätte mich niemals auf diese verdammte Geschichte einlassen sollen."
Felicia gab einen kleinen Hickser von sich. Als Keira sie verstohlen ansah, erschrak sie von dem totenblassen Gesicht, in dem ihre Augen riesig und verstört wirkten. Josie, die genug von dieser merkwürdigen Szene hatte, stand auf und sagte überfordert: "Ich geh' schlafen. Tschüss."
Damit huschte sie nach oben und Keira fiel erst am nächsten Tag auf, dass sie diesmal die Treppe nicht zum Quietschen gebracht hatte.Im Moment war sie verwirrt von Roberts Bemerkung, die ihre Mutter so aus der Bahn geworfen hatte. Um sie abzulenken, gab Keira sich munterer als sie war und schlug vor: "Josie kann doch Quidditch spielen, wenn sie nach Hogwarts kommt. Welche Position passt am besten? Ich glaube, als Sucher wäre sie nicht schlecht ..."
Ohne Sinn und Verstand plapperte sie drauf los in der Hoffnung, die bedrohliche Stimmung aufzulockern, doch ihr Vater, wieder in der Gegenwart angekommen, unterbrach sie.
"Es geht nicht um das vermaledeite Quidditch!", brüllte er. An seiner Stirn pulsierte eine Ader, als er Keira mit vor Wut sprühenden Augen anstarrte.
Keira war vollkommen verstört. "A-aber, ich dachte, du w-willst unbedingt, dass ich spiele", stotterte sie leise. Sie wünschte sich weit weg.Ihre Mutter war in sich zusammengesunken und beobachtete ihre im Schoß liegenden Hände, als hätte sie sie noch nie gesehen. Keira hatte keine Ahnung, was ihren Vater so aufgeregt hatte. Sie hatten über Quidditch gesprochen und er war sauer, dass sie nicht spielen wollte, okay. Aber das allein konnte nicht der Grund für sein jetziges Verhalten sein. Er war aufgesprungen und sein ganzes Gesicht war zornesrot angelaufen, wobei eine weitere heftig schlagende Ader auf seiner Stirn entstanden war. Seine Hände waren zu Fäusten geballt und er schien sich nur unter Aufbringung aller Willenskraft davon abhalten zu können, mit aller Wut auf den Tisch einzuhämmern.
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Secrets of Hogwarts: Gesang des Wassers
FanfictionKeira Stuarts erstes Jahr an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei beginnt. Sie ist glücklich darüber, da sie so ihrer schwierigen Familie entkommen kann. Keira findet schnell neue Freunde und nimmt erwartungsvoll am Unterricht teil. Doch dun...