Ankunft

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Keira sprang strahlend auf, übergab McGonagall den Hut und setzte sich neben Chris an den Ravenclaw-Tisch. Während sie noch grübelte, wen der Hut mit "die" gemeint haben mochte, begrüßte Chris sie: "Du auch hier, Träumerchen, ich bin begeistert! Wir können zusammen Lewis ärgern, einverstanden?"
Die letzten Worte richtete er provozierend an einen eher kleinen, Autorität ausstrahlenden Jungen mit braunen Haaren, die auf die gleiche Art geschnitten waren wie Chris'. Das ist dann wohl Lewis, erkannte Keira, und registrierte das glänzende, blau-bronzefarbene Abzeichen an seinem Umhang, das ihn als Vertrauensschüler kennzeichnete.
"Chris, dir ist bewusst, dass ich nicht davor zurückschrecke, dir Punkte abzuziehen, wenn du dich danebenbenimmst", antwortete Lewis gelassen. "Außerdem", ein schelmisches Grinsen huschte über sein Gesicht und brachte seine grauen Augen zum Funkeln, "würden wir doch, wenn überhaupt, zusammen was aushecken."
Man konnte Keira ihre Verwirrung offenbar ansehen, da Chris sofort eine Erklärung bereithatte.
"Darf ich vorstellen, daß ist mein Bruder Lewis, intelligent und verantwortungsvoll, wenn man hinsieht und der Schrecken von Ravenclaw, wenn man nicht hinsieht. Lewis, das ist Keira."
"Freut mich", sagte Keira und schüttelte Lewis die Hand, während dieser meinte: "Ganz meinerseits, aber Chris, könntest du mir einen Gefallen tun und nicht den besten Grund rumposaunen, um mich zu feuern?"
"Dich feuern? Das würde Dumbledore nicht riskieren", erwiderte Chris lachend. "Was hält dich dann davon ab, nur noch Unsinn zu machen?"
"Mein Stolz und mein Selbsterhaltungstrieb, kleiner Bruder. Ich verspüre keinen Ehrgeiz, bei Filch zu landen, du etwa?"

Nachdem der Hut Hazel Zaliar ins Haus Slytherin eingeteilt hatte, wurde es plötzlich still und alle schauten nach vorn. Keira sah, dass der Mann in der Mitte des Lehrertisches aufgestanden war und lächelnd die Arme austreckte, als wolle er die ganze Halle umarmen. Dumbledore. Nachdem es so leise geworden war, dass man jedes Umhangrascheln hörte, begann er zu sprechen.
"Einen wundervollen Abend wünsche ich euch! Ich muss sagen, nach diesem wahrlich sehr eintönigen Sommer bin ich überaus erleichtert, alle wohlbehalten und wissbegierig wie immer wieder hier begrüßen zu dürfen. Ich habe nicht viel zu sagen, außer, dass ich Mr Filchs erweiterte Liste mit den Schulregeln erhalten habe; er bittet unter anderem darum, allzu lautes Herumbrüllen auf den Fluren zu unterlassen. Wer an der kompletten Liste interessiert ist, kann sie an Mr Filchs Bürotür nachlesen, ich bin zu müde und zu hungrig, um sie jetzt vorzulesen."
Diese Bemerkung löste mehr oder weniger unterdrücktes Kichern aus; Filch mit seinem Regelwahn war überaus unbeliebt, das wusste auch Keira.
Dumbledore lächelte.
"Wie gesagt, ich bin sehr hungrig und euch geht es mit Sicherheit genauso. Also erkläre ich meine Begrüßung hiermit als beendet und rate nur: esst nicht zu viel!"
Mit diesen Worten setzte der Schulleiter sich wieder und gleichzeitig beluden sich die leeren Teller mit massenweise Kartoffeln, Würsten, Pasteten und unzähligen anderen Leckereien.
Keira konnte sich gar nicht entscheiden, was sie zuerst probieren sollte; alles duftete herrlich und sie kam sich vor wie im Schlaraffenland. Die Teller und Platten schienen nicht leer zu werden, sondern füllten sich jedesmal, wenn jemand sich etwas nahm, wieder auf. Sie spürte ihren Magen nach dem langen Tag im Zug sehnsüchtig nach Essen fordern und lud sich schließlich von allem in ihrer Reichweite eine Portion auf ihren Teller.

"Oh, Dumbledore sei Dank, die Köche scheinen mich wirklich zu kennen!", jauchzte Chris. Keira stellte beeindruckt und verstört fest, dass er seine zwei Teller Steak mit Rosenkohl schon verputzt hatte und gerade mit ungeduldiger Konzentration einen wahrhaft unheimlichen Berg Pfannkuchen zu seinem Platz balancierte, der gerade mit anderen Süßigkeiten und Kuchen die herzhaften Speisen ersetzt hatte.
"Das willst du alles essen? Denk an Dumbledores Rat."
"Natürlich, irgendwo müssen die Nährstoffe ja herkommen. Und im Gegensatz zu anderen", er musterte Keiras schmale Schultern, "brauche ich ziemlich viele davon."
"Ich glaube, dass du ein bisschen zu viele Nährstoffe aufnimmst. Du wirst bis morgen früh Bauchschmerzen haben."
"Wunderbar, dann kann ich mich morgen schnell im Krankenflügel behandeln lassen und bin rechtzeitig zum Frühstück wieder da."
"Du bist doch nicht mehr normal! Lewis, kannst du nicht ..."
Aber Lewis schüttelte ergeben den Kopf.
"Glaub mir Keira, niemand kann Chris vom Essen abhalten. Was meinst du, warum er aussieht wie Hagrid junior?"
"Also, so riesig bin ich nun auch wieder nicht!"
"Wenn du damit weitermachst", Keira deutete auf den Pfannkuchenhügel, "dann schon. Irgendwann. Nicht jetzt, aber bestimmt in vier Jahren. Spätestens."
"Wir können wetten, wann Chris Hagrids Größe erreicht hat. Ich sage fünf Galleonen, dass es in vier Jahren der Fall ist, und du?", fragte Lewis Keira begeistert.
"Ich sage drei, wenn er seine aktuelle ... Diät einhält", hielt Keira dagegen.
"Och kommt schon, hört auf, mich und Hagrid für unsere Größe zu verurteilen! Keira, dass du dich so schnell gegen mich wendest, ist wirklich enttäuschend."
Chris verschränkte in gespielter Beleidigung die Arme und blickte trotzig drein.
"Das stimmt nicht, Hagrid ist cool. Wir ärgern nur dich, falls dich das aufmuntert", tröstete Lewis ihn.
Chris schnaubte. "Ja, ist unfassbar nett von euch. Ich fühle mich nicht mehr, als hättet ihr mir einen Pfeil des Verrats durchs Herz gebohrt."
Seine Mundwinkel zuckten.
"Okay, du Dramaqueen, wir verstehen deine Qual und werden dich in Frieden ziehen lassen", lachte Keira. "Dein nächster Halt wird der Krankenflügel sein, nehme ich an?"
"Nein, zuerst die Schokotörtchen, die da vorne stehen. Ich könnte schwören, dass die Sahne mit meinem Namen verziert ist."
"Es scheint wirklich schlimm um dich zu stehen, du siehst schon Buchstaben, wo keine sind!", scherzte Lewis, sagte aber gleich darauf mit einigem Schrecken in der Stimme: "Verdammt, wenn das Essen verschwindet, muss ich euch ja zum Gemeinschaftsraum führen, hätte ich fast vergessen!"
"Zum Glück hast du Chris und seine Halluzinationen, um dich daran zu erinnern."

Secrets of Hogwarts: Gesang des WassersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt