Kapitel 1 - Reise nach Duskwood

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Mary schaute traurig auf ihr Handy. Mal wieder keine Nachricht. Mal wieder hatte sich niemand bei ihr aus Duskwood gemeldet. Es waren nun schon zwei Wochen vergangen, nachdem Hannah gefunden wurde und ihr guter Freund Richy sich als Mann ohne Gesicht rausstellte. Es waren aber auch zwei Wochen, seitdem Jake sich nicht mehr bei ihr gemeldet hatte. Seitdem war sie nicht mehr sie selbst. Sie hatte zu viel gesehen und zu viel mit ihren Freunden erlebt, als das sie einfach darüber hinwegsehen konnte, dass keiner mehr ihren Kontakt suchte. Das schmerzte sie mehr, als sie je gedacht hatte. Alle waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Thomas, Cleo und Lilly kümmerten sich wohl fürsorglich um Hannah, die seit den Ereignissen in einer therapeutischen Einrichtung untergebracht wurde. Zumindest vorerst. Die Polizei ermittelte schon gegen sie. Denn Fahrerflucht mit Todesfolge verjährte in ihrem Bundesstaat nicht.

Das war das Letzte, dass Jessy Mary geschrieben hatte. Seitdem hatten die beiden guten Freundinnen auch den Kontakt abgebrochen. Aber es war nicht nur Jessys Schuld. Mary hatten ebenfalls nicht mehr die Kraft aufbringen können, mal ein einfaches "Hallo" in den Chat zu werfen. Es hatte sich einfach zu viel geändert, nachdem sie ihren Freunden von Richys Geständnis erzählen musste. Und plötzlich stand sie allein da. Wochenlang schrieb sie mit den Leuten und hatte Freundschaften und Gefühle aufgebaut. Doch nun war da Nichts. Und die Person, die ihr immer Halt gab, war spurlos verschwunden.

Aus den Nachrichten erfuhr Mary, das Richy nun im Gefängnis saß. Er erklärte sich der Entführung von Hannah Donfort und der Vertuschung der Fahrerflucht für schuldig. Und doch hatte Mary so viele Fragen. So viel blieb unbeantwortet. So viel machte einfach keinen Sinn. Und am schlimmsten war die Tatsache, dass sie nicht wusste, was aus Jake wurde. Wurde er verhaftet? Hatte er es aus der brennenden Mine geschafft? Ist er darin vielleicht umgekommen? Diese vielen Fragen trieben ihr nur wieder die Tränen in die Augen. Ihr Blick wurde glasig, als sie wieder auf ihr Handy starrte.

Lange überlegte sie, wie sie aus diesem Loch rauskommen sollte. Bis sie einen Anruf erhielt. Es war eine unterdrückte Nummer. Als sie ranging, sagte niemand was. So gern wollte sie glauben, dass sich die Person nur verwählt hätte, doch ihre Intuition und ihre aufkeimende Paranoia sagten ihr, dass mehr dran sein müsste. Diese Gefühle wurden genährt, als sie tagsdrauf erneut angerufen wurde.

"Hallo? Wer ist da?", fragte sie am Telefon. Bekam aber wieder keine Antwort. War es Jake? Ihr Herz raste.

"Es ist noch nicht vorbei!", flüsterte es am anderen Ende und legte sofort auf. Perplex starrte Mary auf ihr Handy. Wie konnte das möglich sein? Hatten sie was übersehen? Sie schaute sich in ihrer Wohnung um. Wie schnell sie wohl packen könnte? Dieses Mal würde sie nicht aus der Ferne ermitteln wollen. Sie musste nach Duskwood! Daran würde sie niemand hindern können. Kurzerhand telefonierte sie mit ihrem Chef und buchte ein Flugticket.

Als Jake sie damals fragte, wie lange sie hierher brauchen würde, überschlug sie mit ein oder zwei Wochen. Das war natürlich übertrieben. Es waren schon einige tausend Kilometer bis in dieses verschlafene Örtchen, aber das hatte sie mit einem langen Flug und viel Umsteigen auch hinter sich gebracht. Sie hatte extra dafür vier Wochen Urlaub beantragt. Ihr Chef war zwar alles andere als begeistert, aber aufhalten konnte er sie nicht. Das, was sie hier zu finden hoffte, war so viel wichtiger. Zudem hatte sie einige Versprechen einzulösen. Sie wollte zu Alan Bloomgate, dem Polizeichef von Duskwood, um endlich den versprochenen Kaffee bei einem Pläuschen einzulösen. Zudem hatte sie Dan versprochen, einen Film mit ihm zu gucken. Auch wollte sie ihre Freunde treffen und wenn möglich sogar Richy oder gar Phil. Aus Sicherheitsgründen hatte sie aber niemandem von ihrer Anreise erzählt. Dank Jake war sie wachsamer geworden. Mary wusste zwar nicht, warum sie das noch sein sollte, aber durch den wochenlangen Kontakt mit ihm, färbte ab. Und wer weiß, wer sie da angerufen hatte.

Duskwood - Hinter der MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt