Kapitel 13 - Entscheidung

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„Hast du das gehört, Jake Thompson? Ich hab es ihr besorgt und zwar so richtig. Das passiert, wenn du dich weiter in Dinge einmischt, die dich nichts angehen. Verpiss dich aus Duskwood und überlass Mary mir. Sie gehört nur mir allein! Falls du nicht aufhörst, werde ich wieder das FBI auf dich hetzen. Ich weiß, wer du bist und wo du bist und ich habe Beweise."

Mary hörte sich nochmals die Aufnahme an. Stillschweigend beobachtete Jake sie dabei. Er verzog keine Miene und sein Gesicht verriet nicht, worüber er nachdachte. Das machte Mary nervöser, als wenn er seinen Emotionen freien Lauf lassen würde.

„Woher weiß er das alles?", konnte Mary nicht mehr länger für sich behalten.

„Ich denke, er blufft nur. Er kann unter keinen Umständen von meiner wahren Identität wissen. Selbst mit meinem vollständigen Namen und meiner Verbindung zu Hannah und Lilly kommt er nicht an alles ran. Dafür habe ich gesorgt. Außer dir weiß niemand über mich Bescheid, außer...", stockte er und riss die Augen angstgeweitet auf. Er stürmte auf sein Bett zu. Aufgeregt wühlte er die Decken durch, bis er etwas Schwarzes hervorzog. Es war seine Geldbörse. Mary schwante Böses. „Du hast gesagt, du hast gestern Morgen jemanden in diesem Zimmer gehört?", fragte er sichtlich nervös.

„Fuck!", fluchte Mary. „Phil war gestern Nachmittag bei mir im Zimmer und hat auf mich gewartet. Er wollte... Ach du kannst dir schon denken, was er wollte..." Jake sah sie entrüstet an. „Aber ich habe ihn fortgeschickt, keine Sorge. Das heißt aber auch, dass er hier war. Er hat sicherlich deine Papiere gefunden. Und das nimmt er als Anlass, um dir zu drohen. Wahrscheinlich hat er alles abfotografiert."

„So eine verdammte Scheiße. Wie konnte mir so etwas nur passieren? Mir unterlaufen sonst keine derartigen Fehler." Wütend warf Jake sein Portmonee zurück auf sein Bett und fuhr sich fahrig durch die Haare.

„Wahrscheinlich lenke ich dich zu sehr ab", bemühte sich Mary witzig zu sein. Doch es kam nicht an.

„Auch wenn er Aufnahmen davon gemacht haben sollte, findet er trotzdem nichts von mir im Netz. Ich habe alle meine digitalen Spuren verschwinden lassen."

„Dann lass uns den Rest analysieren. Warum ist er nur so versessen auf mich?", fragte Mary, während sie sich ein Snickers reindrehte. Ihre Gedanken kreisten um Phil. Es war doch an sich nur eine Nacht und er war im ganzen Ort dafür bekannt, nichts anbrennen zu lassen. Warum war er nur so verrückt nach ihr, dass er sie für sich haben wollte? Mary überkam ein ungutes Gefühl, als ob sie etwas Wichtiges übersehen würde. Es war wie ein blinder Fleck auf ihrer Pupille. Und das machte sie irre. Wie ein unkratzbares Jucken, das ihr Kopfschmerzen bereitete.

„Was hat Richy dir alles im Gefängnis erzählt?", fragte Jake in seiner detektivischen Neugier, nachdem er seine Geldbörse auf Vollständigkeit überprüft hatte und sich auch was Süßes als Nervennahrung nahm. Er saß im Schneidersitz Mary gegenüber auf seinem Bett. Sie hingegen lief nervös im Raum auf und ab.

„Dass Phil ihn wegen mir erpressen würde. Dass er meine Nummer in Spiel bringen würde, wenn Richy nicht kooperieren sollte und dass Phil im Auftrag von Richy über mich Nachforschungen angestellt hatte."

„Was noch?"

„Jake, mir platzt der Kopf!"

„Das ist aber wichtig. Es gibt noch zu viele Ungereimtheiten. Wir dürfen jetzt nicht aufgeben", erklärte er ruhig, doch Mary ertrug es nicht. Sie hatte Kopfschmerzen und wollte das alles nicht mehr machen müssen.

„Mhm", brummte sie. „Phil soll Hannah entführt und auch Jessy angegriffen haben, meinte Richy."

„Glaubst du ihm das?"

„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht." Ratlos legte sie ihr Gesicht in ihre Hände und schloss kurz die Augen, um sich besser fokussieren zu können. Einatmen... Ausatmen... „Zwischenmenschlich würde ich Richy alles glauben, was er mir sagt, auch weil ich ihn mag. Weil er mein Freund ist und auch mein..." Sie traute sich kaum das Wort 'Bruder' in den Mund zu nehmen. „Doch er hat mich von Anfang an belogen. Hat so getan, als ob er nicht wüsste, wer ich sei. Und war immer so unglaublich nett zu mir. Manchmal auch zu nett. Aber dennoch hat er uns alle hinters Licht geführt. Nun Phil als Sündenbock vorzuschieben klingt so einfach. So kann er sich am leichtesten rausreden." Mary hielt inne und schloss wieder die Augen. Vor sich sah sie den letzten Videoanruf von Richy, als er seine Maske abzog. Die Gänsehaut, die sie in diesem Augenblick hatte, überkam sie erneut.

Duskwood - Hinter der MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt