Mein Handy klingelte, während die Bar knacke voll war. Im Augenwinkel sah ich, dass es Michael war, was mich extrem nervös werden ließ. Was wollte der denn? Warum denn ausgerechnet jetzt? Wir hatten doch eine Vereinbarung! Da im Moment niemand einen Drink wollte und die Band gute Stimmung machte, nahm ich sein Telefonat an.
„Was willst du?", fragte ich ungehalten. Es war mehr als ungünstig, dass er nun anrief. Ein junger Mann trat an die Theke und hob fordernd den Finger zur Bestellung.
„Wir müssen reden!", sagte er kurz und knapp und legte auf.
„Fuck!", fluchte ich zu mir und warf das Handy auf die Arbeitsfläche. „Was möchten Sie?", fragte ich den Typen. Dabei machte ich gute Miene zum bösen Spiel.
Es war schon drei Uhr morgens, als ich die letzten Gäste rauskomplimentierte. Die waren so besoffen, dass ich mehr als nur Überzeugungsarbeit brauchte. Ich hasste diesen Teil meines Jobs. Einfach nur Drinks mixen und mir Stories anhören, war das, was ich liebte, aber mich mit den Gästen anzulegen, war immer ein Drahtseilakt. Einerseits sollten sie gehen und nicht meinen Laden auf den Kopf stellen, aber andererseits sollten sie auch wieder kommen. Dieses Fingerspitzengefühl lag mir nicht so, wodurch ich schon einige Kunden verloren habe. Aber zu meinem Glück gab es in Duskwood nur eine Bar.
Ich wusste, wo Michael mich treffen wollen würde und fuhr einfach los. In der Nacht zu fahren, war auch nicht so mein Ding. Duskwood hatte jede Menge Wild. Es kam eigentlich ständig zu irgendwelchen Sichtungen und auch Zusammenstößen. Doch wenn sich Michael bei mir meldet, dann konnte ich nicht nein sagen. Dafür war ich ihm zu viel schuldig. Dennoch konnte ich mir nicht erklären, warum er sich jetzt meldete. Es war so lange her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Wir hatten da den Plan geschmiedet. Die Bar war kurz davor, Pleite zu gehen. Es kamen keine Leute mehr und Michael weigerte sich, etwas an seinem Konzept zu ändern. Doch nicht nur, weil er zu stolz war und an falschen Werten und Erinnerungen festhielt, sondern auch, weil er nicht mehr konnte. Seit Jennifers Tod und Iris' Scheidung war er ausgebrannt. Er tat sein Bestes doch das war nicht genug. Die Schulden wurden immer größer und Michael ging es immer schlechter. Doch ich wollte die Aurora nicht aufgeben. Ich sah Potenzial, wo er schon aufgegeben hatte. Wir wussten aber nicht, wie wir aus der Misere kommen sollten. Und so entwarfen wir einen Plan, der nicht schiefgehen konnte mit seinem Freund Alan Bloomgate zusammen.
Nach einer bedacht langsamen Fahrt kam ich an seinem alten Haus an. Eigentlich schwor ich mir, dass ich hier nie wieder herkommen wollte. Auch wenn die Beerdigung von Jennifer nun schon neun Jahre, sechs Monate und dreiundzwanzig Tage her war, fühlte es sich doch immer noch wie gestern an, wie ich sie in den Arm nahm und ihre weiche warme Haut an meiner spürte. Wie ihre Küsse an meinem Hals kitzelten. Wie wir uns gegenseitig mit kleinen Dingen zum Lachen brachten. Und nun saß ich wieder in meinem Wagen und rang mit den Tränen. Tatsächlich hatte ich aber seit ihrer Trauerfeier nie wieder geweint. Es war fast so, dass all meine Lebensfreude in diesem Augenblick mit Jennifer im Wald begraben wurden. Und ich konnte mit niemanden darüber sprechen. Nicht mal meine Geschwister wussten Bescheid. Jessy war viel zu sehr mit sich, der Pubertät und ihren Freunden beschäftigt, als das sie mitbekommen hätte, wer Jennifer für mich war und was ihr Tod aus mir gemacht hatte. Auch Angela interessierte sich nicht für mich oder mein Privatleben.
Ich nahm meinen Mut zusammen und stieg aus. Licht brannte in dem verlassenen Haus und ich erkannte schnell, dass Michael im ehemaligen Wohnzimmer war. Nach der Trauerfeier lief es auch für das Ehepaar Hanson nicht mehr gut. Iris konnte nur schlecht mit dem Verlust und mit Michael Verhaltensänderungen umgehen. Irgendwann ging sie einfach. Das brach ihn nur noch mehr. Ich hatte alles miterleben müssen. Die Tür stand einen spaltbreit offen, sodass ich einfach hineingehen konnte. Dabei quietschte die Tür gut hörbar.
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Duskwood - Hinter der Maske
FanfictionBei dieser Story handelt es sich um eine Fortsetzung der Geschichte zum Mobilgame Duskwood. Nach dem Ende des 10. Kapitels sind noch viele Fragen offen und Hintergründe ungeklärt. Bleibt dran. ;) Auf der Suche nach Antworten nimmt Mary den langen W...