Flightless Bird | l.s. ✓ (german translation)

Chapter 3

LOUIS / GEGENWART

Das Abendessen für die Gäste würde im Crush Room stattfinden, einem der großartigsten Räume im Opernhaus. Die Kristallkronleuchter und die samtigen Rot- und Goldtöne des Auditoriums setzten sich in seiner reichen Einrichtung fort. Ölgemälde, die seit dem 17. Jahrhundert vorhanden waren, schmückten die Wände und unterstrichen die historische Bedeutung des Raums. Ich konnte nicht anders, als ein bisschen größer und stolzer zu gehen, als ich im Crush Room war, der mich an meinen eigenen Platz in der geschätzten Geschichte des Royal Ballet erinnerte.

Zayn eilte an meine Seite, die Krawatte in der Hand. "Entschuldigung, ich bin zu spät. Verspätung bei der U-Bahn«, sagte er keuchend.

"Ist in Ordnung." Ich öffnete seinen Hemdkragen und nahm ihm die Krawatte aus der Hand. Ich legte sie ihm um den Hals und machte es für ihn fertig.

Das Abendessen war für die männlichen Tänzer des Royal Ballett gedacht, um sich mit den weiblichen Gästen zu unterhalten – eine Art Sadie-Hawkins-Tanz für die Oberschicht. Aber es gab den meisten von uns das Gefühl, Gigolos zu sein, da wir mit Alkohol überschwemmt und den dreisten Annäherungsversuchen der Frauen ausgesetzt waren.

Es war Abendgarderobe und wir sahen alle gleich aus. Die Männer des Balletts ließen alle ihre Anzüge bei Gieves & Hawkes schneidern, dem ältesten Schneider Londons. Es war Tradition. Einige haben die Notwendigkeit von Einheitlichkeit nicht verstanden, wenn wir nicht auftraten, aber ich schon. Es stärkte unsere Kameradschaft und gab uns das Gefühl, Teil von etwas zu sein, das größer ist als wir selbst.

Niall Horan, der Musikdirektor des Balletts, schlenderte herein, er trug eine runde schwarze Brille, die zu seinem schwarzen Anzug passte.
„Horan!" Zayn und ich winkten ihn zu uns.

"Ihr seht schick aus, Jungs", sagte er fröhlich.

Wie die meisten Musikdirektoren war Niall von Beruf Dirigent. Er war Gastdirigent beim Leipziger Ballett, bevor ihm die Ernennung zum Musikdirektor des Royal Ballet in London angeboten wurde. Er und ich wurden schnell Freunde, was überraschend war, denn die meisten Musikdirektoren waren Idioten, die dachten, dass die Musik wichtiger sei als die Leute, die dazu tanzen. Niall war anders. Seine Mutter war Ballerina und er war seit der Grundschule Ballettpianist, also hatte er großen Respekt vor Tänzern. Er war auch ein Fußballfanatiker und wir hatten Dauerkarten für Manchester United.

Wir schauten über unsere Schultern, als die wohlhabenden Frauen begannen, durch die großen Eichentüren hereinzuströmen.

Niall grinste. „Die sehen durstig aus."

"Wenn wir untergehen, nehmen wir dich mit", sagte ich.

"Sie sind nicht wegen mir hier", lachte er. „Sie sind hinter fitten Ballettjungen her.

"Ich fuhr mit der Hand durch Nialls Haartolle. „Sie mögen diese blonden Locken genauso sehr wie meine Schenkel."

"Ja", stimmte Zayn zu und musterte besorgt die Frauen. „Nimm eins für das Team, Horan.

"Zayn war ein Favorit unter der weiblichen Gemeinde. Sein Mercutio in der letztjährigen Inszenierung von Romeo und Julia machte sie verrückt. Es könnte etwas mit der Entscheidung des Choreografen zu tun haben, ihn sein Solo ohne Shirt aufführen zu lassen.

"Stört es Gigi nicht, dass du so angebaggert wirst?" fragte Niall Zayn.

"Machst du Witze? Sie hat mich aus der Tür gestoßen und gesagt, ich soll meinen Geldverdiener schütteln."

Das klang nach Gigi.

Ich wurde nervös bei dem Gedanken, die ganze Nacht befummelt zu werden, aber nicht so nervös wie darüber, Harry zu sehen. Wo war er überhaupt? Ich war bis drei Uhr morgens aufgeblieben und hatte mir Aufnahmen von seinen Auftritten mit dem Bolschoi angesehen. Ich dachte, wenn ich genau genug hinsah, würde ich die Schwachstellen in seiner Technik finden und ihn bei der Probe entlarven. Aber wenn es Fehler gab, war ich ihnen gegenüber blind. Harry war ein so emotionaler Tänzer, dass es schwer war, sich auf etwas anderes zu konzentrieren als auf das, was er fühlte. Als ich sein Solo in Giselle sah, verlor ich mich und fing an zu weinen! Echte verdammte Tränen! Ich knallte meinen Laptop zu, wütend auf mich selbst, weil ich von Harrys billigen Tricks hinters Licht geführt worden war.