𝚕𝚘𝚜𝚕𝚊𝚜𝚜𝚎𝚗

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„Nachdem ich ihn zurücklassen musste, sind Steve, Robin und Nancy noch einmal zurück

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„Nachdem ich ihn zurücklassen musste, sind Steve, Robin und Nancy noch einmal zurück. Um..um ihn zu holen. Ich..wir wollten ihn..wir wollten ihn nicht dort liegen lassen."

In Dustins Augen hatten sich mittlerweile schwere Tränen gesammelt und obwohl mir ebenfalls zum Weinen zumute war, blieben meine Augen trocken.

Stattdessen nahm ich seine Hand in die Meine und streichelte beruhigend über seine Fingerknöchel.

Ich biss mir so fest auf die Lippen, bis sie bluteten. Jeder Schmerz war besser als der, der mir die Vorstellung verursachte, Eddie war von dämonischen Fledermäusen totgebissen worden.

Es gab nicht viele Entscheidungen in meinem Leben, die ich bereute. Unbedingt die Wahrheit über Hawkins wissen zu wollen, gehörte aber an erster Stelle.

„Als wir dort ankamen wo er..wo er gelegen haben soll.", Steve atmete tief durch und fuhr sich gequält aussehend durch die Haare. „Er war weg, Bekah."

Dann plötzlich: Das Zerbersten abertausender kleiner Scherben. Simultan mit meinem Herzen zerbrach auch das Glas, das ich zuvor noch in der Hand gehalten hatte.

Ruckartig ließ ich Dustins Hand los und stieß mich von meiner Sitzgelegenheit ab.

„Wie er war weg?", schrie ich lauthals und hielt ungläubig meinen Kopf in den Händen. Als könnte mich das davon abhalten, den Verstand zu verlieren.

„Haben diese verdammten Fledermäuse ihn aufgefressen? Was soll das heißen er war nicht da? Steve? Dustin? Scheiße, sagt doch jemand was!"

Selten war ich einem Nervenzusammenbruch so nahe, wie in diesen Moment. Das beklemmende Gefühl in meiner Brust: Es war dasselbe wie bei den unzähligen Krankenhausbesuchen bei meiner Mutter. Immer mit der bösen Erwartung verbunden, es war das letzte Mal, dass ich sie gesehen hatte. Bis es dann so war.

Die Tränen, die ich zuvor so sehr zurückgehalten hatte, brachen nun in Rinnsalen aus mir heraus, ich schluchzte, hyperventilierte fast.

Die Vorstellung, dass diese Drecksviecher auch noch seinen Körper geschändet hatten, war einfach zu viel für mich.

Steve war ebenfalls aufgestanden und schon dabei einen Schritt auf mich zuzumachen, als er sich eines Besseren belehrte.

Er hatte schon einmal erlebt, wie ich war, wenn mir alles zu viel wurde. Ein zweites Mal wollte er diesen Fehler nicht begehen.

Es verging eine Ewigkeit, in der ich weinte. Schrie. Weinte. Und dann wieder schrie.

Mike, Dustin und Robin hatten sich irgendwann verabschiedet. Sie hätten mir ohnehin nicht helfen können.

Keiner konnte das.

Auch Jane war irgendwann in ihr Zimmer gegangen und hatte uns versichert, dass ihr Vater nicht heimkommen würde. Sie überließ uns die Couch und war die ganze Nacht nicht einmal mehr zu sehen.

Was für eine Überwindung sie diese vielen Worte gekostet haben mochte, wollte ich mir gar nicht vorstellen.

Ihre Gastfreundschaft passte auch überhaupt nicht zu ihr. Nicht, dass sie nicht freundlich war. Das war sie bestimmt. Zu den richtigen Leuten.

Aber ich hatte sie als einen sehr vorsichtigen Menschen kennengelernt h und für mich fühlte es sich untypisch an, dass sie uns so einfach Obdach gewährte.

Vielleicht stand es so schlimm um mich, dass sie Mitleid empfand. Diejenige, die als Laborratte in einer Untergrundorganisation gefangen gehalten wurde und zur Marionette so vieler Machthungriger Menschen geworden war, hatte Mitleid mit mir?

Einem Mädchen, dass sich in Gefühle hineinsteigerte für einen Jungen, den sie überhaupt nicht kannte. In den sie sich mit acht unsterblich verliebt hatte, dessen Persönlichkeitsentwicklung sie aber überhaupt nicht beigewohnt hatte.

Was war, wenn Eddie überhaupt nicht so war, wie ich es mir all die Jahre ausgemalt hatte? Wie konnte es überhaupt möglich sein, dass ich so stark trauerte?

Ich war der festen Überzeugung, dass es keine Maßeinheit für Trauer gab und keiner das Recht hatte, den Herzschmerz eines Menschen zu bewerten oder gar mit Schlimmeren zu vergleichen.

Trotzdem wollte mir nicht klar werden, warum ich so sehr involviert in das Ableben eines Menschen war, den ich seit über sieben Jahren nicht gesehen hatte.

Vielleicht waren es die vielen Märchenschlösser, die ich mir in der Zeit der ewigen Einsamkeit gebaut hatte. In der Hoffnung er wäre irgendwo dort draußen und würde nur auf mich warten.

Wie lächerlich.

Nicht zuletzt war da allem Anschein nach eine Chrissy gewesen. Eddie hatte das einzig Richtige getan und sich auf die Zukunft konzentriert, anstatt der Vergangenheit nachtrauern.

„Möchtest du noch?", fragte Steve in die Stille hinein, die sich wie Staub in allen Ecken festgesetzt hatte.

Ich schüttelte den Kopf.

„Ich glaub das ganze Adrenalin vom Heulen hat mich wieder nüchtern gemacht. Und das ist auch besser so.", nuschelte ich.

Da begann er leise zu lachen. Und die Melodien, die er dabei hervorbrachte, erwärmten mir für einen flüchtigen Augenblick das Herz.

„Was'n?", fragte ich ihn, ohne zu merken, wie undeutlich ich eigentlich sprach.

„Du bist alles, Bekah. Aber nicht nüchtern.", raunte er.

Beiläufig musste ich schmunzeln, hob dann meinen Arm und wollte ihm einen zarten Schlag auf die Wange geben, an stattdessen streichelte ich aber geistesabwesend darüber.

Seine Haut war viel weicher als ich erwartet hatte.

Dann wiederrum erinnerte ich mich an seine perfekt sitzende Frisur.

Steve Harrington pflegte sich. Im extremen Kontrast dazu stand ein Eddie, dessen Mähne schon zu Kindeszeiten verknotet und durch den Wind verunstaltet war.

Es dauerte einen Moment, bis ich bemerkte, dass er seine Hand auf meine gelegt hatte und als ich es dann realisierte, hielt ich den Atem an.

Bis auf meinen ersten Kuss mit Peter Daniels in der sechsten Klasse war das die erste Berührung eines männlichen Wesens, das keine kalte Schnauze hatte und auf den Namen Rollie hörte.

Und so sehr ich mir auch gewünscht hatte, diese Erfahrung mit Eddie machen zu könne, so musste ich mich endlich der Realität stellen und der damit verbundenen Erkenntnis, dass es nie dazu kommen würde.

Mein azurblauer Blick wanderte in Zeitlupengeschwindigkeit in seine braunen Augen, die mich an flüssige Schokolade erinnerten.

„Steve..", flüsterte ich in die Nacht hinein.

𝐖𝐎 𝐃𝐀𝐒 𝐆𝐄𝐒𝐓𝐄𝐑𝐍 𝐍𝐈𝐂𝐇𝐓 𝐌𝐄𝐇𝐑 𝐒𝐄𝐈𝐍 𝐊𝐀𝐍𝐍【𝚔𝚊𝚜】Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt