Kapitel 48

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, dröhnte mein Kopf unangenehm. Wahrscheinlich hatte ich es mit dem Alkohol doch Etwas übertrieben. Müde blinzelte ich, um mich langsam an die Helligkeit des Zimmers zu gewöhnen. Seufzend massierte ich mir meine Schläfen, während in mir die Frage aufkam, wie ich gestern Abend nach Hause gekommen war. Verwirrt runzelte ich meine Stirn. Angestrengt dachte ich darüber nach, doch ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern. Die Erinnerungen an den gestrigen Abend waren mir völlig schleierhaft.

Die Bettseite neben mir war leer und es sah auch nicht so aus, als ob diese heute Nacht benutzt wurde. Wo war Ruby?

Mit pochendem Kopf stand ich auf und zog mich an. Gequält suchte ich mir eine Kopfschmerztablette, die ich nach einer gefühlten Ewigkeit fand. Schnell schluckte ich diese und machte mich auf den Weg nach unten.

„Und gut geschlafen?", begrüßte mich meine Tante, die mit einer Tasse Kaffee am Küchentisch saß. „Mhm", murmelte ich leicht abwesend, während ich die Nachrichten auf meinem Handy checkte. 

Hoffe, du hast nicht einen so schlimmen Kater. Ruby hat bei Tyler übernachtet. Nicht das du dir Sorgen machst.  
PS: Du siehst süß aus, wenn du schläfst. – Mason

Somit hatte sich meine Frage auch beantwortet. „Hat mich gestern Abend ein gewisser Mason nach Hause gebracht?", hakte ich bei meiner Tante sicherheitshalber nach.
„Ja, ich glaube, so hieß der junge Mann. Wirklich ein anständiger Junge. Es sah so süß aus, wie du in seinen Armen geschlafen hast", berichtet sie mir lächelnd.
„Ist er dein Freund?", wollte sie noch von mir wissen und blickte mich abwartend an.
„Nein, er ist nur ein guter Freund", antwortete ich ihr und schrieb gleichzeitig Mason zurück.

Vielen Dank fürs nach Hause bringen. Bin dir etwas schuldig. – Ich

Prompt kam auch schon die Antwort.

Immer wieder gern! :) – Mason

Lächelnd las ich die Nachricht, ehe ich anschließend mein Handy wegsteckte und mir einen Tee machte.

„Ali?", sprach mich meine Tante vorsichtig an, als ich mir eine Tasse aus dem Schrank suchte. „Ja?", hakte ich verwirrt nach und drehte mich zu meiner Tante um.
„Wenn du jemanden zum Reden brauchst, ich bin für dich da. Glaub mir Alkohol ist keine Lösung. Ich habe kein Problem damit, dass du mit deinen Freunden feiern gehst und Alkohol trinkst. Aber bitte nur in Maßen und übertreib es nicht mit dem Alkohol. Ich muss dir ja nicht sagen, wie schädlich der ist. Ich möchte es nicht noch einmal erleben, dass du so betrunken nach Hause kommst", hielt mir Linda eine Moralpredigt, bevor sie ihre Kaffeetasse in die Hand nahm und aus der Küche verschwand. Genervt verdrehte ich meine Augen. Da kommt man einmal betrunken nach Hause und schon wird ein riesen Drama daraus gemacht. Meine Tante konnte genauso spießig sein wie meine Mum, was echt anstrengend sein konnte.

Während das Wasser kochte und ich mir ein Teebeutel heraussuchte, überlegte ich, was ich mit dem restlichen Tag anstellen könnte. Mit Ruby wird nichts, denn diese wird höchstwahrscheinlich den ganzen Tag bei Tyler bleiben, aber Lust, den Tag allein zu verbringen, hatte ich auch nicht. In meinem Kopf ratterte es, bis ich auf die Idee kam, heute John zu treffen, schließlich hatte er es mir angeboten.

Zufrieden mit meiner Idee, trank ich schnell meinen Tee und machte mich anschließend für den Tag fertig.

-

Neugierig musterte ich das Haus vor mir, bevor ich zögerlich die gepflasterte Auffahrt nach oben lief. Mein Blick schweifte durch den Garten, in dem verschiedene Rosen blühten, deren Duft mir in die Nase stieg. Nervös lief ich zur Tür, klingelte und wartete darauf, dass mir jemand die Tür öffnete.

„Das ist aber eine Überraschung", begrüßte mich John freudestrahlend, sobald er die Tür geöffnet hatte. Freundlich bat er mich ins Haus hinein. Im Flur zog ich meine Schuhe aus und folgte ihm neugierig ins Haus innere.

Das Haus war gemütlich eingerichtet, sodass ich mich direkt wohlfühlte.
„Möchtest du etwas trinken?", fragte mich John höflich, als wir im Wohnzimmer angekommen waren.
„Ein Wasser bitte", sagte ich und betrachte die Fotos, die auf dem Kamin standen. Auf vielen Fotos war John mit einer Frau zu sehen, welche höchstwahrscheinlich seine Frau war.

Doch bei einer Aufnahme blieb mein Blick hängen. Auf diesen war die jüngere Version von John mit einer jungen Frau an seiner Seite abgebildet und diese Frau war niemand Geringeres als meine Oma. Glücklich strahlten die beiden in die Kamera, während John einen Arm um die Schultern von meiner Oma gelegt hatte.

Ich war so in das Foto vertieft, dass ich gar nicht bemerkte, wie John das Wohnzimmer betrat und sich hinter mich stellte.
„Sie war meine große Liebe", erzählte er mir und ein sehnsüchtiger Ton schwang in seiner Stimme mit. Noch immer konnte ich mein Blick nicht von diesem Foto lösen.
„Sie war meine Oma", flüsterte ich traurig, während ich mein Blick von dem Foto abwendete, um anschließend zu John zusehen. Überrascht sah John mich an.
„War?", hakte er mit belegter Stimme nach. Traurig nickte ich. „Ja, sie ist vor 3 Monaten gestorben. Sie hat mir von dir erzählt. Meine Oma liebte dich sehr und ich glaube, bis zu ihrem Tod hattest du einen ganz besonderen Platz in ihrem Herzen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal diese große Liebe meiner Oma kennenlernen würde.", sprach ich nach kurzer Zeit und musterte erneut das Foto von den beiden. Auf dem Foto sahen sie so glücklich aus. Warum hatte ihre Beziehung nicht gehalten? Wieso hatten sich ihre Wege getrennt? Was war der Grund für ihre Trennung?

„Darf ich fragen, warum du und meine Oma nicht glücklich miteinander geworden seit? Meine Oma wollte es mir damals nicht sagen", wollte ich zögerlich wissen. Nachdenklich musterte mich John. „Das ist eine lange Geschichte", begann er. „Aber ich werde sie dir erzählen."

Ein Moment der GefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt