Als wir zum Mittagessen kamen, winkten uns Sascha und Hauke an ihren Tisch. Dankbar nahmen wir Platz. Man konnte sofort spüren, dass zwischen Micha und Sascha eine gewisse Spannung herrschte, als sie sich nach einem Jahr auf einmal wieder so nahe waren.
„Können wir kurz reden, Micha?", fragte Sascha und die beiden stellten sich etwas abseits an ein Fenster. Ich konnte nicht hören, was sie sagten, aber als ich ihnen zusah, wie vertraut sie miteinander umgingen, wurde ich fast ein bisschen eifersüchtig. Micha gestikulierte mit den Händen und ich vermutete, dass er Sascha grade erklärte, dass der „Beinahe-Kuss" nur ein Missverständnis gewesen war. Sascha hob die Hände, als wolle er sagen, dass es ihm leid täte, dass er es überhaupt missverstehen konnte.
Ich beobachtete das Gespräch, bis Hauke meine Gedanken unerwartet unterbrach. „Wäre irgendwie schon komisch, wenn die beiden sich nach so langer Zeit wieder anfreunden", sagte er und ich sah zu ihm herüber. „Wieso?", fragte ich und musterte Hauke eindringlich. Sein Gesicht sprach Bände und er schien wenig erfreut zu sein, dass Sascha und Micha sich jetzt wieder näherkamen.
„Naja, die beiden haben seit letztem Sommer nicht mehr miteinander geredet und das hatte ja auch seinen Grund. Warum also sollten sie sich jetzt wieder anfreunden?", sinnierte er und ich erkannte, dass Hauke wahrscheinlich Angst hatte, dass Sascha wieder mehr Zeit mit Micha verbringen würde. Ich überlegte, ob ich analog vielleicht auch um meine Freundschaft mit Micha fürchten musste, wenn er sich wieder so gut mit Sascha verstand.
„Ich glaube, dass jeder eine zweite Chance verdient hat", sagte ich unbeirrt zu Hauke. „Besonders wenn der Grund für den Streit auf einem Missverständnis beruht", fuhr ich fort und wusste im gleichen Augenblick, dass dies eine Lüge war.
Mein Blick wanderte stattdessen zu Micha, als Sascha grade seinen Arm um ihn legte und die beiden sich auf den Weg zurück zum Tisch begaben. Hauke und ich starrten beide auf unsere Teller und warteten, bis Sascha und Micha sich wieder gesetzt hatten. Micha war sichtlich entspannter und grinste mich aufmunternd an.
„Na, alles geklärt?", fragte ich und Micha nickte. „Nur ein blödes Missverständnis", resümierte er und Sascha lächelte ihn an. Ich spürte, wie sich meine Brust zuschnürte, bei dem Gedanken, dass die beiden sich vielleicht wirklich einander zuwenden würden und ich damit auf dem Abstellgleis landen würde. Hauke musste es wohl ähnlich gehen, denn seine Miene hatte sich merklich verfinstert.
Später am Nachmittag sah ich Micha grinsend an. „Weist du, was wir sind?", fragte ich ihn.
Der grinste zurück. „Ja. Die Schleppesel."
Vor dem Supermarkt hatten Sascha und Hauke zwei Einkaufswagen geholt und uns angewiesen, mit ihnen Schritt zu halten. So schoben Micha und ich die großen Wagen durch die Gänge, während Sascha und Hauke, mal von rechts, mal von links, Pakete mit Würstchen, Broten und Fleisch, Getränkekartons und Knabbereien, in die Wagen bugsierten.
„Hey Jamie, fang!", rief mir Sascha zu und setzte mit einer Tüte Flips zu einem Drei-Punkte-Wurf in meinen Einkaufswagen an. Ich schob meinen Wagen nach vorne, um die Tüte damit aufzufangen, doch Micha war schneller. Er hatte seinen Wagen stehen gelassen und fing die Tüte im Flug ab, bevor ich sie erreicht hatte.
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Feuertänzer
RomanceJamie wagt sich in einen aufregenden Surfkurs und findet sich plötzlich in einem Strudel der Gefühle wieder. Zwischen den Wellen des Meeres trifft er auf den charmanten Surftrainer Sascha, der mit seinem leidenschaftlichen Wesen Jamies Herz höhersch...