28 | Neue Gefühle

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Wir gingen an dem Schuppen vorbei zu den Zeltplätzen und blieben vor Michas Zelt stehen. „Willst du noch auf einen Kaffee mit reinkommen?", grinste er und ich musste tatsächlich unter meinen Tränen lachen.

Micha stand vor mir und sah mich mit leuchtenden Augen an. Als ich nicht antwortete, öffnete er das Zelt und kletterte hinein. Ich folgte ihm und ließ mich drinnen auf den Schlafsack fallen. Es war aufgeräumt wie immer und ich fragte mich, wie er es fertigbrachte, so akkurat zu sein.

„Ich hoffe, du hast keinen Sand mit reingebracht?", fragte er mit einem Blick auf meine aufgekrempelten Hosenaufschläge. „Nein, Sir", witzelte ich und spürte schon wieder ein leichtes Kribbeln in mir aufsteigen. „Das muss ich mir wohl für später merken", feixte Micha. Vielleicht war er gar nicht so abgeneigt, wie ich dachte?  Aber warum hatte er dann noch eine Freundin? Ich hatte nie ein Problem mit meiner Sexualität gehabt und meine Eltern hatten mein Outing gut aufgenommen. Meine kleine Schwester Sarah hatte sich sogar gefreut, weil sie Carsten fast genauso gerne hatte, wie ich ihn.

Aber von Carsten wusste ich, dass es nicht Jedem so leicht fiel, diesen Schritt zu gehen. Und Micha hatte schon anklingen lassen, dass seine Eltern sowohl religiös als auch sehr konservativ waren. Langsam begann ich mich dafür zu schämen, dass ich zuvor so ausgerastet war.

„Es tut mir leid, dass ich dich so angefahren habe, Micha", hob ich zur Entschuldigung an, doch Micha winkte ab. „Du hast ja irgendwie recht, Jamie", räumte er unerwartet ein. „Nach der Sache mit Sascha war ich mir gar nicht sicher, ob ich überhaupt schwul bin, oder bi oder nur zufällig in einen anderen Mann verknallt war."

Mein Herz begann ein wenig schneller zu schlagen, da ich Angst hatte, dass mir die Antwort vielleicht nicht gefallen würde, auf die Frage, die ich ihm stellen würde. „Und, wie sieht es jetzt aus?", fragte ich vorsichtig.

Nach einer kurzen Pause, die mir dennoch wie eine Ewigkeit vorkam, antwortete er etwas verlegen, aber dennoch bestimmt. „Ich weiß, dass ich mit einem Mann zusammen sein will", schmunzelte er und in mir keimte erneut Hoffnung auf. Erleichtert ließ ich mich in das Kissen sinken und versuchte mein Lächeln zu unterdrücken.

„Du kannst hier schlafen, wenn du nicht allein sein willst", bot er mir beiläufig an und wühlte unbestimmt in seinem Koffer. Liebevoll sah ich ihn an. Micha war ein guter Mensch, das fühlte ich deutlich und dafür mochte ich ihn.

„Danke, Micha", sagte ich und streichelte mit einer Hand über seine Haare. Dabei geriet seine Frisur durcheinander und er versuchte sie sofort wieder glatt zu streichen. Ich lachte, griff sofort erneut in seinen Schopf und brachte alles wieder durcheinander. „Hey", meckerte er. „Lass den Quatsch!" Er griff abermals nach seiner Frisur, doch ich hielt ihn zurück und seine Hände fest umklammert.

„Jamie", sagte er ernst, doch ich konnte die Spur eines Lächelns in seinem Gesicht erkennen. „Ich finde, du siehst so viel besser aus", sagte ich ehrlich und ließ seine Hände gleich darauf wieder los. Er kniete vor mir und starrte mich an. „Findest du?", fragte er verlegen. „Ganz ehrlich", versicherte ich ihm.

Er senkte unsicher den Kopf und lächelte. Dann griff er zu der Lampe an der Decke und knipste sie aus. Da es draußen noch fast hell war, konnte ich noch alle Umrisse Michas erkennen, als er mich vorsichtig an den Schultern nach hinten drückte und ich rücklings auf den Schlafsack sank. Behutsam berührte er mein Gesicht und streichelte mir angenehm durch meine Haare.

Ich ließ ein wohliges Seufzten entweichen und schloss die Augen. Ich spürte, wie Micha sich neben mir auf den Schlafsack legte und seinen Kopf auf meine Brust sinken ließ. Seine Hand legte sich auf meinen Bauch und ich spürte seine Wärme durch mein T-Shirt.

Seine Berührung fühlte sich so wunderbar vertraut an und ich erwartete fest, dass es nicht bei dieser kleinen Berührung bleiben würde. Doch da seine Hand auch nach einer Weile keinen weiteren Vorstoß unternahm, legte ich meinen Arm um ihn und drückte ihn an mich. Sein unsicheres Atmen verriet mir, dass er anscheinend nicht so genau wusste, was er eigentlich wollte. Also zog ich die Decke vom Strand über uns und kraulte seinen Kopf, der auf meiner Brust ruhte.

Um uns herum hörten wir die anderen in ihren Zelten verschwinden, bis nach einer Weile endlich Ruhe einkehrte. Ich hielt immer noch Michas Kopf in meinen Händen, doch ich war mir nicht sicher, ob er schon schlief. Gleichmäßiges Atmen drang zu mir herauf und ich musste lächeln. Meine Finger vergruben sich tiefer in seine Haare und ich sog ihren Duft ein, als ich mich näher zu ihm herabbeugte. Vorsichtig strich ich seine Haare beiseite und küsste seine Stirn. Seine Haut war weich und warm und seine Haare kitzelten mich an meiner Nase.

Dann lehnte ich mich zurück und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange, bis auch ich eingeschlafen war.

Mitten in der Nacht wachte ich kurz auf, weil ich zu frieren begann

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Mitten in der Nacht wachte ich kurz auf, weil ich zu frieren begann. Micha lag inzwischen von mir abgewandt und schnarchte leise. Ich rappelte mich auf und zog den Schlafsack unter uns heraus. Dabei weckte ich Micha unbeabsichtigt auf.

„Müssen wir schon aufstehen?", fragte er verschlafen und reckte sich. Dabei rutschte sein T-Shirt hoch und gab im Dämmerlicht den Blick auf seinen Bauch frei. Ich musste mich zusammenreißen, mich nicht zu ihm zu beugen und seinen Bauch zu küssen, den er mir so verführerisch entgegen reckte.

„Ich wollte nur den Schlafsack über uns legen. Mir ist nämlich ein bisschen kalt", flüsterte ich.

„Ach so", murmelte er und half mir aus dem Schlafsack eine Decke zu machen. Ich drehte mich auf die Seite und versuchte nicht an Michas schönen Bauch zu denken, als er es mir praktisch unmöglich machte: Er drehte sich zu mir und legte anhänglich seinen Arm über meine Hüfte und ließ seine Hand auf meiner Brust liegen. An meinem Rücken spürte ich seinen warmen Bauch und seinen Atem an meinem Nacken.

Während er es schaffte, sofort wieder einzuschlafen, lag ich noch eine ganze Weile wach, bis ich die ersten Vögel draußen zwitschern hörte.

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