Ich war noch nicht fertig

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„Warum lebe ich noch?", sagte er mit brüchiger und leiser Stimme.

Mein Herz zerbrach in 1 000 Teile und Tränen bildeten sich in meinen Augen. Wie konnte er nur so etwas sagen?

„Kai, was sagst du da?".

Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass solche Worte aus seinem Mund kamen.

„Du hast mich schon richtig verstanden. Warum lebe ich noch?"

Erneut rannten Tränen über meine Wangen. Was ist nur mit ihm passiert. Was muss geschehen sein, dass er so unglücklich mit seinem Leben ist.

„Kai, du lebst, du wurdest geredet".

„Das ist aber nicht was ich wollte", dass sagte er so emotionslos, dass er mir schon fast Angst machte.

Ich schaute nur einen Augenblick nicht hin, da hat er seine Hand aus meiner gezogen und versuchte sich gerade alle lebensnotwendigen Geräte und Schläuche abzureisen. Sofort stand ich auf und hielt seine Hände fest und drückte auf den Knopf um einen Arzt zu holen.

„Jule lass mich los", sagte er so laut wie er konnte.

„Nein Kai, ich werde dich nicht loslassen, du wirst nicht nochmal vor mir versuchen dich umzubringen", Tränen stiegen in meine Augen und auch Kai hatte aufgehört sich zu wehren.

Im nächsten Moment kamen ein Arzt und ein Krankenpfleger ins Zimmer gestürmt.

„Was ist passiert?", fragte der Arzt hysterisch.

„Er hat versucht sich von den Geräten loszureißen".

Die Ärzte erkannten sofort das Problem und kamen auf uns zu und hängten Kai wieder an alle Schläuche an.

„Herr Havertz, das können Sie nicht machen, Sie brauchen die Medikamente, dieses Mal lassen wir es so und wir stellen Sie unter genauste Beobachtung, wenn Sie das aber noch einmal versuchen, bleibt uns nichts anderes übrig, als Sie zu fixieren", der Arzt klang streng und als ich zu Kai sah, sah ich Angst in seinen Augen.

Ich wendete meinen Blick von ihm ab und drehte mich zu dem Arzt.

„Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen?"

„Natürlich, kommen Sie mit vor die Tür".

Ich nickte und stand auf, um das Zimmer zu verlassen. Als ich mich noch einmal zu Kai umdrehte, erkannte ich Tränen. Er weinte. Ich wusste nicht was mit Ihm los ist. Ich drehte mich wieder weg und verließ das Zimmer.

„So, was gibt es Herr Brandt?"

„Es ist so, als er aufgewacht ist, hat er mich gefragt, warum er noch lebt. Ich weiß einfach nicht was los mit ihm ist, und ich habe Angst, dass er etwas unüberlegtes macht".

„Ich verstehe Ihre Angst Herr Brandt, wir beobachten bei Suizid Patienten besonders und nach dem Vorfall von eben noch mehr. Sobald es ihm besser geht, werden wir einen Psychologen beauftragen mit Herrn Havertz zu sprechen. Wir lassen ihn nicht außer Augen".

Ich atmete erleichtert aus.

„Okay danke".

„Nichts zu danken Herr Brandt".

„Hey, was ist hier los, alles okay bei Kai?" Marco kam gerade um die Ecke.

„Ehm ja, nein, keine Ahnung".

Er schaute mich verwirrt an.

„Kai ist aufgewacht...", er unterbrach mich.

„Das ist doch wunderbar, warum ziehst du dann so ein Gesicht?".

„Marco ich war noch nicht fertig", ich schaute ihn an.

Ich erzählte ihm alles, was bis jetzt passiert ist. Er schaute mich geschockt an.

„Omg. Das ist schrecklich. Gibt es irgendetwas, dass wir tun können, damit er sich besser fühlt?", damit wandte er sich zu dem Arzt.

„Nicht viel, seien sie einfach für ihn da und geben sie ihm liebe. Wenn er sich geborgen fühlt, öffnet er sich euch oder irgendjemanden vielleicht".

Wir nickten. Die Ärzte verabschiedeten sich und Marco und ich betraten das Zimmer.

Immer noch weinend und verängstigt lag Kai im Bett.

Ohne etwas zu sagen, setzte sich Marco rechts und ich links von Kai.

„Kai, schau mich an", sagte ich schließlich.

Doch er schaute weiterhin stur nach unten auf die Bettdecke.

„Kai, ich meine es ernst, schau mich an".

Noch immer nichts. Ich nahm meine Hand und zwang ihn mich anzuschauen. Er blickte auf und sah mir direkt in die Augen. Diesen Blick konnte ich nicht deuten. Ob es Angst, Wut oder sogar Enttäuschung war?

„Kai, bitte, was ist los mit dir. Warum redest du nicht mit mir?"

Er antwortete nichts darauf und sah mich einfach nur stumm an. Ich seufzte und blickte zu Marco, welcher das Geschehen aufmerksam beobachtete. Er sah mich mitleidig an und schüttelte schließlich den Kopf.

„Jule, es bringt nichts, lass ihn los".

Widerwillig befolgte ich seine Anweisung und ließ von Kai ab. Sofort nahm er seine vorherige Position wieder ein und sah wieder nach unten. Darauf verließ ich das Zimmer und ging nach draußen, um einen klaren Gedanken fassen zu können.

POV: Marco

Jule verließ das Zimmer und ließ mich mit Kai allein. Ich wusste nicht, ob ich ihm nachgehen sollte, beließ es aber dabei, weil ich mir denken konnte, das Jule erstmal mit der jetzigen Situation klarkommen musste. Ich schaute wieder zu Kai. Vielleicht konnte ich ihn ja zum Reden bringen. Einen Versuch war es wert.

„Kai", ich stoppte, da er zu mir blickte, verwirrt fuhr ich fort: „Ich weiß nicht was los ist bei dir, es ist schlimm, das wissen wir alle, aber warum redest du mit keinem, nicht einmal mit Jule? Wir machen uns alle große Sorgen um dich. Du lagst ewig im Koma, währest du nicht aufgewacht, hätten die Ärzte bald die Maschinen abgestellt".

„Wäre besser gewesen, wenn ich nicht aufgewacht wäre", sagte er so emotionslos, dass ich Gänsehaut bekam.

Plötzlich spürte ich eine Träne, die meine Wange runterlief.

„Kai, wie kannst du so etwas nur sagen? Dein Leben ist so wertvoll. Du bist uns allen wichtig".

Noch mehr Tränen liefen über meine Wangen. Was ist so Schlimmes passiert, dass er nur noch den Tod vor den Augen hat? Meine Sorgen um ihn werden immer größer, er war einmal so ein lebensfroher Mensch. Ich senkte meinen Blick und verließ das Zimmer. Im Moment konnte ich ihn einfach nicht anschauen, auch wenn ich weiß, dass es vermutlich nicht das richtige ist, ihn jetzt alleine zu lassen, aber ich brauche einfach mal kurz Zeit für mich.

Draußen angekommen, traf ich auf Jule, welcher mich nur verwirrt anschaute.

„Hey, was machst du denn hier?"

„Ich habe es einfach nicht mehr ausgehalten, es...", ich brach ab und spürte wie eine Träne meine Wange runterlief.

„Marco, sieh mich an".

Ich hob den Kopf.

„Was ist da drinnen passiert?"

Ich atmete aus: „Ich habe mit ihm kurz gesprochen. Ihm erklärt, dass wir ihn fast verloren haben und die Maschinen fast abgestellt worden sind. Seine Antwort darauf war, dass es besser gewesen wäre, wenn er nicht aufgewacht wäre".

Eine weitere Träne verließ mein Gesicht.

„Oh Gott. Das ist furchtbar. Was ist nur los mit ihm. Ich erkenne ihn nicht wieder. Er war immer so lebensfroh", er fuhr sich durch die Haare und setzte sich auf die Bank, die neben uns stand.

„Ich verstehe es auch nicht Jule".

Still saßen wir nebeneinander und dachten nach. Auch wenn ich Kai nicht so gut kenne, weiß ich trotzdem genug von ihm, dass ich weiß, dass er immer lebensfroh war, immer lachte und alle anderen aufheiterte und motivierte und nun will er nicht mehr leben. Ich verstehe es einfach nicht. Was ist nur mit ihm passiert.

Kai am Limit (Kai Havertz und Jule Brandt ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt