Kapitel 3: Der Rat der Hexen

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Nachdem sich Clementine einige Tage im Fliedergrund eingewöhnt hatte, kam der Sonntag. Und weil an diesem Tag Vollmond war, würde sich in der Nacht der Hexenrat treffen.
Den Vormittag nahm sich Clementine erst einmal Zeit für ihren Garten. Eine Hexe brauchte schließlich jede Menge Kräuter und Pflanzen, um ihre Tränke und Salben anzufertigen. Eine Hexe ohne einen Garten, war eigentlich gar keine richtige Hexe. Während Clementine im Garten Unkraut jätete, schickte sie ihren Hexenbesen durchs Haus, um einmal gründlich durchzufegen. So ein Hexenbesen ist schon eine praktische Sache: Man kann darauf fliegen und er kann auch zum Saubermachen benutzt werden. Kalixtus hockte auf dem Gartenzaun und plapperte munter vor sich hin, während Clementine arbeitete. "Vergiss nicht auch einen Kirschbaum anzupflanzen. Ich kann mich dann immer darum kümmern, dass die anderen Krähen nicht ständig die Kirschen stehlen."

Clementine seufzte. "Wir hatten doch schon einmal einen Kirschbaum Kalixtus. Und du hast selbst immer so viele Kirschen gegessen, dass du die meiste Zeit vollgefressen herumgelegen hast. Und dann hast du ständig andere Krähen zum gemeinsamen Abendessen im Kirschbaum eingeladen!"

Kalixtus krächzte empört. Clementine musste lachen. "Keine Sorge mein Freund, nächste Woche pflanze ich hier einen neuen Kirschbaum." Kalixtus war so begeistert, dass er direkt in den Garten flog, sich auf den Boden stellte und bei der Gartenarbeit half. Er zupfte das Unkraut mit seinem Schnabel und warf es dann auf den Haufen. So verbrachten die beiden einige Zeit im Garten.
Nach dem Mittagessen bereitete sich Clementine auf den Hexenrat vor. Sie nahm die Hexenkluft, die sie von Rhabarbara bekommen hatte, aus dem Paket und erschrak: Sie war viel zu sauber! "Da muss ich jetzt aber mal ran!", sagte sich Clementine und fing sehr konzentriert damit an, die Kleidung dreckiger zu machen: Mit der Kerze brannte sie ein paar kleine Löcher hinein. Kalixtus hackte auf den Hut ein, bis dieser ganz zerknautscht und schief war. Mit Wasser und Erde mischte sie etwas Matsch an, den sie dann vorsichtig am Saum des Umhangs verteilte. Zu guter Letzt ging sie dann in den Keller und sammelte jede Menge Spinnen und Asseln, die sie in den Manteltaschen verteilte. Am Ende schaute sie sich ihr Werk an, war zufrieden und auch etwas erschöpft: Verlottert auszusehen machte ganz schön viel Arbeit! Clementine war so konzentriert dabei gewesen ihr Gewand vorzubereiten, dass sie nicht bemerkt hatte, dass es draußen schon dunkel geworden war. Schnell schlüpfte sie in die neue Hexenkluft und verließ das Haus durch die Hintertür. Dann pfiff sie zweimal und ihr Besen kam vom Dach geflogen. "Seltsam, dort sollte er doch nicht kehren. Was er wohl dort oben gemacht hat?", wunderte sich Clementine kurz, entschied dann aber, dass es sie nichts anging. Geübt schwang sie sich auf ihren Besen und flog los. Der Wind schnitt ihr erfrischend ins Gesicht. Herrlich war diese Fliegerei!

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Nach wenigen Minuten hatte Clementine den Fliedergrund hinter sich gelassen und näherte sich dem Grauwald. Sie flog eine Weile über die Baumwipfel des großen Waldes, bis sie in geringer Entfernung eine große Lichtung entdeckte. Dort hatte sich bereits eine ganze Schar Hexen versammelt. Ihre Gespräche drangen als allgemeines Raunen zu Clementine nach oben durch. Sie senkte ihren Besen und landete kurz darauf vorsichtig auf der Wiese. Etwas unsicher schaute sie sich zwischen den anwesenden Hexen um. Clementine mochte keine großen Versammlungen. Mit Kindern war das etwas anderes. Da hatte sie die Situation unter Kontrolle. Aber diese ganzen mächtigen und eigensinnigen Hexen an einem Ort, das war schon ein wenig beängstigend. Während sich Clementine noch befangen umsah, rief plötzlich eine Stimme nach ihr: "Clementine! Wir sind hier drüben. Komm doch her!"

Die Stimme gehörte zu Rhabarbara. Dankbar wandte sich Clementine der älteren Hexe zu und ging zu ihr hinüber. Neben Rhabarbara stand Kamilla mit einem Mädchen. Allem Anschein nach war sie eine angehende Hexe. Clementine schätze sie um die 14 Jahre alt. Das Mädchen trug ein Hexengewand - nur ein Hut fehlte. Einen echten Hexenhut durfte nämlich nur eine vollwertige Hexe tragen. Und die war man erst, nachdem man die Hexenprüfung abgelegt hatte. "Sei gegrüßt kleine Schwester", begrüßte Clementine das Mädchen. Die junge Hexenanwärterin vollführte einen leichten Knicks, senkte dabei den Kopf und erwiderte förmlich: "Sei gegrüßt, große Schwester. Es freut mich dich kennenzulernen. Mondlicht soll immer auf deinem Weg scheinen." Clementine konnte sehen, wie Kamilla leicht anerkennend nickte. Wahrscheinlich war die Kleine eine ihrer Töchter. Rhabarbara kannte das Mädchen offenbar auch und begrüßte es sehr herzlich. "Tamara, meine Liebe, es freut mich dich zu sehen! Heute ist wohl endlich dein großer Tag! Du fühlst dich also bereit für deine große Prüfung?"

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