Eine Woche später, am Sonntagmorgen, saß Clementine in ihrem Garten und trank Tee. Sie hatte gestern das letzte verwunschene Kind zurückverwandelt und zu seiner Familie gebracht. Ihr Teeservice war stark zusammengeschrumpft. Sie hatte jetzt nur noch eine große schwarz-grüne Teekanne und zwei Tassen, bei denen die Henkel aussahen wie Flügel. Das neue Teeservice war zwar nicht so schön wie das alte, aber Clementine war trotzdem froh, dass die Kinder wieder Kinder sein konnten.
Es war kompliziert gewesen die Vergessenszauber wieder aufzulösen und die Kinder zurück zu ihren Familien zu bringen. Zudem hatte es viel Verwirrung und jede Menge Tränen gegeben. Aber am Ende waren alle glücklich darüber, dass ihre Familien wieder vereint waren. Clementine vermisste ihre Tassen ein wenig, aber sie fühlte sich trotzdem nicht allein. Sie hatte Freunde im Fliedergrund gefunden. Kalixtus ging es mit jedem Tag ein bisschen besser. Er lag zwar noch immer in seinem Korb, aber er erzählte und jammerte so viel, dass Clementine erkannte, dass es ihm eigentlich schon sehr gut ging und er sich einfach noch ein bisschen bedienen lassen wollte. Außerdem war Ru jetzt jeden Tag bei ihr, um zu lernen eine Hexe zu werden. Dem alten Grammelburt ging es auch immer besser und mittlerweile wechselte sich das ganze Dorf dabei ab, ihn etwas zu pflegen. Das war auch gut so, denn Ru brauchte jetzt ihre ganze Freizeit, um von Clementine das Hexen zu lernen. Während Clementine ihren Tee trank, saß Ru in ihrem Garten und hielt gerade einen Regenwurm auf ihrer Handfläche. Sie schaute ihn nachdenklich an und vielleicht grübelte sie darüber nach, wie Regenwürmer aus Magie geboren wurden. Oder vielleicht wunderte sie sich darüber, wie so kleine Tiere so große Auswirkungen auf das Leben von Hexen haben konnten. Aber vielleicht fand sie auch nur die Farbe des Regenwurms seltsam.
Mit Kamilla hatte sich Clementine wieder ausgesöhnt. Die beiden hatten ein langes Gespräch geführt und Clementine hatte sich immer wieder für ihr Misstrauen entschuldigt. Aber am Ende hatte Kamilla ihr verziehen und die beiden sind noch richtig gute Freundinnen geworden. Auch ohne Thymia hatte Kamilla noch vier junge, angehende Hexen zuhause, die ihr auf der Nase herumtanzten und sie war dankbar, dass sie immer wieder mal eine ihrer Töchter an Clementine abgeben konnte, damit diese ihnen ein bisschen Nachhilfe in Sachen Hexerei erteilen konnte. Rhabarbara bekamen sie leider kaum noch zu sehen. Der Tradition nach war die Oberhexe immer die stärkste Hexe im Hexenrat. Und im Orden der garstigen Grünhexen war das jetzt Rhabarbara. Sie hatte viel damit zu tun die Leitung des Ordens zu übernehmen und viele der Schandtaten Brokkolas wieder rückgängig zu machen. Aber wenigstens einmal die Woche trafen sich die drei Hexen des Fliedergrundes, tranken gemeinsam etwas Tee und aßen Gebäck. Dafür musste immer Zeit sein.
Monsieur Neunzehn flanierte an diesem Sonntag wieder durch den Fliedergrund. Er dachte ein wenig über die vergangenen Wochen nach. Viel war geschehen. Er hatte den schwarzen Mann in die Flucht geschlagen und den schaurigen Uhu besiegt. Er hatte auch die unfreundliche Oberhexe absetzen lassen. Aber er hatte nicht nur Bösewichte bezwungen. Er zählte jetzt eine neue Hexe zu seinen Untertanen. Eine, mit der man ziemlich gut konversieren konnte. Anscheinend kam bald noch eine weitere Hexe dazu. Monsieur Neunzehn dachte sich, dass die Madame Lehrerin-Hexe der kleinen Ru zwar das Hexen beibringen konnte, aber das er sich wahrscheinlich selbst um die Ausbildung kümmern musste, soweit es Benehmen und gepflegtes Konversieren betraf. Naja, das war auch kein Weltuntergang. Das Wichtigste war, dass es genügend Aufregung gegeben hatte. Jetzt sollte erst einmal wieder ein bisschen Ruhe im Fliedergrund einkehren.
Er flanierte noch eine Weile weiter und schaute sich überall um. Normalerweise waren seine Untertanen sonntags um diese Zeit in der Kirche. Aber weil der alte Grammelburt sich noch erholte, waren viele von ihnen draußen unterwegs und genossen die Sonne und die frische Luft. Monsieur Neunzehn war das ganz recht. Es waren brave Bürger, die viel arbeiteten. Sie hatten es sich verdient, an einem Sonntag auch mal zu flanieren und dabei Konversation zu betreiben und am Abend ein wenig zu schlemmen. Er selbst begann sich ausführlich zu strecken und erfreute sich an diesem friedlichen Tag. Denn es würden gewiss weitere Abenteuer und Herausforderungen auf sie zukommen und dann würde Monsieur Neunzehn wieder bereit sein.
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Das Verwunschene Teeservice
FantasiAbgeschlossen! Clementine wird vom Hexenrat an einen neuen Ort geschickt, um den dortigen Hexenzirkel zu unterstützen und gleichzeitig die Rolle der Dorflehrerin einzunehmen. Clementine schlägt sich mit vielen neuen Gesichtern herum: Ein grummeliger...