Kapitel 12

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Nachdem wir den gesamten Mittag und Nachmittag zusammen verbracht hatten ging Tamo schließlich.
Ich konnte gar nicht glauben, dass wir uns erst seit einem Tag kannten. Es fühlte sich an als würden wir uns seit Jahren kennen, bei ihm war alles so leicht.

Das ständig irgendwelche Arbeiter, seien es Gärtner oder Putzfrauen, durchs Haus schwirrten war komisch für mich. Es war alles so anders.
Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen. Keine Ahnung wann die anderen wiederkommen würden, Otis und Daisy waren wahrscheinlich in ihren Zimmern und machten Hausaufgaben.

Abends telefonierte ich noch bis 3 Uhr mit Tamo, bis ich schließlich am Handy einschlief und morgens von meinem Wecker aus dem Schlaf gerissen wurde.

Das war eindeutig zu wenig Schlaf gewesen. Gähnend zog ich mich um und schlurfte in die Küche, wo ich mir zuerst einen Kaffee machte.
"Bist du heute Abend zuhause? Wir müssen noch reden", Harry goß sich selbst eine Tasse Kaffee ein und ich nickte.

Ich war noch nicht wach genug um mir darüber Gedanken zu machen was er wohl besprechen wollte und bereute an diesem Morgen doch mich fürs Fahrrad entschieden zu haben.
Müde fuhr ich zur Schule, bis ich vorm Schulhof auf einige Kameras aufmerksam wurde.

Eine Gruppe an Menschen, ausgerüstet mit Kameras und Mikrofonen, liefen direkt auf mich zu und mich überkam Panik.
Ich wand meinen Kopf in die andere Richtung und wollte einfach nur weg. Ich hörte die klickenden Kameras, Fragen die auf mich einprasselten und spürte außerdem die Blitze der Kameras.

So schnell ich konnte fuhr ich auf den Schulhof, schmiss mein Fahrrad hin und lief ins Schulgebäude, wo ich mich auf Toilette rettete.
Die Reporter waren mir noch hinterhergelaufen.
Ich ließ mich an der Wand hinab auf den Boden sinken.

Also spätestens jetzt wusste jeder wer ich war. Ich hoffte die würden hier nicht öfter auftauchen. Das meinte ich mit "keinen interessiert es wie es mir wirklich geht" es ging darum gute Schlagzeilen und somit viel Geld zu machen. In welcher Welt lebten wir, wo Geld mehr wert war als die Psyche eines Menschen? Ich wischte mir ein paar Tränen aus dem Gesicht, die mir die Wange hinunter gelaufen waren.

Es klopfte an der Tür. "Tilly?", es war Tamo.
"Mhm", ich stand auf und öffnete die Tür. "Danke", erleichtert atmete er auf und nahm mich in den Arm. "Ich hab dir was zu Essen mitgebracht", er hielt eine Tüte hoch, aus der es nach frischen Cosiants duftete. "Die Leute sind alle weg", er legte einen Arm um mich und reichte mir die Tüte. "Danke Tamo", ich lächelte und wir bahnten uns gemeinsam den Weg ins Treppenhaus.

Die ersten beiden Stunden hatten wir Mathe bei Herrn Stein.
Wie nicht anders zu erwarten saßen wir am Fenster, die Croissants hatten wir bereits verdrückt und nun versuchte ich dem Unterricht zu folgen, was mir heute nicht wirklich gelang.

Immer wieder schweiften meine Gedanken ab, egal ob zu meiner Mum oder den Leuten heute morgen.

Im Nachhinein konnte ich mich nicht mehr wirklich daran erinnern was passiert war, doch ich begann zu zittern, bekam tierische Angst und ein Gefühl das man nicht beschreiben konnte.
Ich weiß nicht ob ich jemals in meinem Leben so eine Todesangst empfunden hatte.

Tamo zerrte mich aus dem Klassenraum, schrie im Hinausgehen noch Herrn Stein an, dass dies wichtiger sei als Mathe und blieb schließlich in einer ruhigen Ecke stehen. Er umarmte mich und streichelte mir über den Kopf. "Ich bin bei dir. Alles gut, dir kann gerade nichts passieren", flüsterte er in mein Ohr.

Ich weiß nicht wie, aber er hatte es schließlich geschafft mich zu beruhigen und allein dafür war ich ihm für immer dankbar.
Noch leicht zitternd lehnte ich an ihm und konzentrierte mich darauf ruhig ein- und auszuatmen.

"Hast du das öfters?", fragte er mich und ich schüttelte den Kopf. "Zum ersten Mal", gab ich zurück und hob meinen Kopf um in seine Augen schauen zu können.

"Danke Tamo. Allein für das, was du heute alles für mich getan hast", flüsterte ich und sah in diese wunderschönen dunkelbraunen Augen. Jeder einzelne hellbraune Sprenkler war etwas ganz besonderes, genau so wie jede seiner Sommersprosen.

"Gerne", er drückte mir einen Kuss auf die Stirn. An den Stellen wo seine Lippen meine Haut berührt hatten, fing es an zu prickeln und ich merkte wie ich rot wurde. Wie gerne würde ich ihn jetzt küssen.

Ich lehnte meinen Kopf wieder an seine Brust und atmete nochmal tief ein und aus.

"Willst du lieber nach Hause?", fragte er und sah mich besorgt an. Ich nickte. "Ja", ich löste mich von ihm.

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