Kapitel 33

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Sie saßen an ihrem Bett, jeder auf einer Seite, jeder eine ihrer kleinen, kalten Hände in seinen.

Die Frage, wann sie endlich wieder aufwachen würde unaufhörlich in ihren Köpfen.

Einer von ihnen hatte verloren.

Der andere hatte gewonnen.

Einer von ihnen wusste, was er verloren hatte.

Der andere hatte keine Ahnung, was er bekommen und gewonnen hatte.

Und beide sorgten sich in dem Moment mehr um sie, als sie sich je um irgendetwas gesorgt hatten.

Sie sah winzig und blass aus in dem großen Bett. Das weiße Kopfkissen machte ihre bleiche Hautfarbe noch viel auffälliger.

Ihre blonden Haare umgaben ihr Gesicht in sanften Wellen und die Computer, die neben dem Kopfende des Bettes standen boten die grauenhafte, piepsende Hintergrundmusik.

Der Ring an der Hand, die derjenige hielt, der gewonnen hatte, war ihr fast ein wenig zu groß.

Doch abgenommen hatte sie ihn nie. Nicht seit er ihn ihr geschenkt hatte. Dieser Ring war für sie ein Zeichen dafür, dass es noch gute Dinge im Leben gab.

Er war ein Zeichen dafür, dass man nicht aufgeben durfte, auch wenn man verloren hatte.

Sie hatte sich damals geschworen, ihren Kindern, die sie irgendwann einmal bekommen würde, und die sie nach diesem Ring fragen würden, ihre Geschichte zu erzählen.

Ihnen zu erzählen, dass wahre Liebe existierte.

Auch wenn man den Glauben an sie verlor bis auf das klitzekleine Stückchen Hoffnung, das sich immer irgendwo in einem breitmachte.

Die Wärme der Hände, die ihre umschlossen, wurde von ihrem Körper aufgenommen, akzeptiert.

Und beide Männer, die bis vor einiger Zeit noch Jungen gewesen waren, und die mit ihr gereift und fast schon erwachsen geworden waren, so schwer es ihnen auch fiel, ihre Kindheit, ihre Jugendlichkeit, hinter sich zu lassen, waren mehr als erleichtert darüber.

In den Augen beider standen Tränen.

Bei einem, weil er, obwohl er verloren hatte, unglaublich viel für sie übrig hatte.

Bei dem anderen, weil er nicht wusste, dass er gewonnen hatte und weil ihm erst jetzt klar wurde, dass er niemals ohne sie leben konnte, so hart er auch gegen sich kämpfte.

In den Köpfen beider irrte die Frage herum, wie sie sie jemals hatten gehen lassen können.

Beide hatten mehr als nur gekämpft.

Beide hatten in einem Kampf um Glück, um Liebe, um sie, Verluste einstecken müssen. Und wenn es nur ein Teil der Würde war.

Beide hatten aufgegeben. Sie ziehen lassen. So schmerzhaft es war.

Und doch saßen sie jetzt hier, an ihrem Bett, und ihnen war mehr als klar, dass das der Fehler in der Rechnung gewesen war, den sie nie bedacht hatten.

In einem Kampf zwischen Gut und Böse, in einem Kampf zwischen Herz und Kopf, wer entscheidet da? Herz oder Kopf? Beides?

Was wenn der eine alles erfüllt, was Herz und Kopf wollen, der andere jedoch die Vergangenheit, die man nie hatte, aufleben lässt?

Klar war, dass keiner der beiden das Gute oder das Böse verkörperte. Jeder von ihnen hatte etwas von beidem.

Ebenso wie sie.

Als ein Arzt ins Zimmer kam und ihnen mitteilte, dass die Besuchszeit seit zwei Stunden vorbei sei und sie in vier Stunden erst wieder kommen durften, ließen sie schweren Herzens ihre Hände los.

Love The One You're With (Book 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt