Kapitel 17

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Gerüchte sind ein wahres Feuer der Lügen.
Sie verbreiten sich schnell und werden geglaubt.
Sie stimmen meist nur halb und werden aufgehübscht, damit die Story dazu nach etwas mehr klingt, als eigentlich dahinter steckt.
Sie verletzen.
Sie rauben einem Kraft.
Sie haben die Macht zu zerstören, was sich vielleicht gerade aufbaut.
Und am Ende wird die kleine Lüge, mit der man das Ganze interessant machen wollte, zu einer großen Lüge, die man nicht mehr zurück nehmen kann, und die man auch nicht mehr vergessen kann, weil sie zu groß ist, um sie zu ignorieren.
Hat Harry Styles (21)  seinen Liebeskummer nach der Trennung von seiner Langzeitfreundin mit Kimberly Stewart (36) gelindert?, stand groß und dick auf jeder Zeitschrift im Supermarkt, an der ich vorbeiging.
Ich hätte mich beinahe vor Schreck auf die Bananen übergeben.
Vielleicht ja auch vor Schmerz.
Ich versuchte, es zu ignorieren, doch immer wieder kam mir das Bild in den Kopf, das auf jeder der Zeitschriften prangte.
Ein verpixeltes Handyfoto, das offensichtlich abends im Halbdunkeln aufgenommen wurde und Harry dabei zeigte, wie er diese Kimberly ansah und lachte, als wäre sie das Wunderbarste auf der Welt. Ein weiteres Foto zeigte, wie sie gemeinsam in das Hotel gingen, in dem sie angeblich über das Wochenende wohnte. In Harrys Hand war ein frisches T-Shirt und in seiner anderen sein Handy und die kleine Tasche, in der er immer sein Zeug aufbewahrte, das er für die Haare benutzte, sowie Deo und Aftershave.
Ich kannte diese Tasche recht gut. Sie lag oft bei mir zuhause herum.
„Entschuldigung, Miss, ist alles in Ordnung?“, fragte mich die Kassiererin mit einem aufmunternden Lächeln. Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch. Durch die ganze Aufregung um Harry hatte ich ganz vergessen, dass ich an der Kasse stand und eigentlich bezahlen wollte.
„Oh, tut mir leid.“, sagte ich schnell und bezahlte hastig.
Ich durfte das alles nicht so nah an mich heran lassen. Es waren nur Fotos, wer wusste schon so genau, was an denen dran war.
Also lächelte ich tapfer.
Ich lächelte, als ich aus dem Supermarkt kam und mich zwei Mädchen erkannten und ein Foto mit mir machten, was ich vollkommen verrückt fand, immerhin war Harry der Berühmte und nicht ich. Ich lächelte, als ich in mein Auto stieg und ich lächelte, als Jeremy mich fragte, ob ich mit ihm ins Schwimmbad gehen würde.
Und ich lächelte immer noch, als ich mit meiner Sonnenbrille auf einer der Sonnenliegen neben Jeremy lag und das Leben ohne Zeitschriften genoss.
„Alles okay?“, fragte er irgendwann seufzend. „Du bist so still.“
Ich nickte.
„Ja, alles in Ordnung.“ Ich warf ihm ein Lächeln zu, was ihn zu überzeugen schien.
„Gehen wir schwimmen oder willst du den ganzen Tag hier liegen bleiben?“, fragte er grinsend. Ich lachte, stand auf und warf meine Sonnenbrille in die Tasche.
„Dann mal los!“, forderte ich ihn auf. Er stand ebenfalls auf und wir gingen Hand in Hand zum Becken.
„Du im Bikini ist echt ein Anblick für den es sich zu sterben lohnt.“, raunte er mir ins Ohr, bevor er mir schnell einen Kuss auf den Mund drückte.
Ich schüttelte lachend den Kopf und schubste ihn ins Wasser, bevor ich hinterher sprang.
Als ich wieder auftauchte, kullerte die Träne, die ich den ganzen Tag schon versucht hatte aufzuhalten, meine Wange hinunter.
Jeremy sah mich besorgt an, was der Grund dafür gewesen war, dass ich Weinen im Schwimmbad eigentlich hatte vermeiden wollen.
„Weinst du?“, fragte er sanft. Ich boxte ihn gegen die Brust, woraufhin er meine Hand nahm und mich an sich zog.
„Wir sind im Wasser, du Idiot.“, sagte ich ironisch und gab ihm damit nicht einmal ansatzweise eine Antwort.
Er sah mich eine Weile stumm an, dann schlang er seine Arme um mich und trug mich durchs Wasser.
„Hach ist das schön, du bist so leicht.“, sagte er grinsend.
„Ich wiederhole mich nur ungern, aber wir sind im Wasser, du Idiot!“, lachte ich.
Er brachte mich zum Lachen.
Er tat es tatsächlich.
Und deshalb mochte ich ihn so.
Er machte keine große Szene daraus, dass er ganz offensichtlich gesehen hatte, dass es mir nicht sonderlich grandios ging, sondern er tat so, als wäre nichts und versuchte stattdessen, meine Welt durch Witze wieder hinzubekommen.
„Ich bezweifle stark, dass du außerhalb des Wassers sonderlich schwer bist.“, sagte er mit hochgezogenen Augenbrauen und einem frechen Funkeln in seinen Augen.
Ich seufzte und schüttelte schmunzelnd den Kopf über ihn.
„Also rutschen wir jetzt oder was?“, wollte er amüsiert wissen. Ich lachte wieder.
„Wer als erstes da ist?“, fragte ich. Sein Griff um mich verstärkte sich.
„Das wird aber schwer für dich, da du ja ganz offensichtlich nicht weg kannst, so lange ich dich festhalte.“, murmelte er in mein Ohr. Ich bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper.
Ich stand jetzt mit dem Rücken an seinen Oberkörper gepresst vor ihm im Wasser, während er von hinten seine Arme um meine Taille geschlungen hatte.
Ich fand es schon immer toll, von hinten umarmt zu werden. Das war irgendwie so ein Mädchending, das sich entwickelt hatte, als ich mit Louis zusammen war.
„Zwing mich nicht dazu, dich mit Worten so lange-…“ Ich unterbrach mich, um mich zu räuspern und senkte dann meine Stimme. „… Na du weißt schon… bis du nicht mehr aus dem Wasser kannst, weil es zu peinlich für dich wäre.“ Grinsend sah ich ihn an.
Sein amüsierter Blick störte mich dann doch etwas.
„Meinst du, du willst dirty talk machen, bis ich es nicht mehr aushalte und dich hier im Wasser überfalle?“, fragte er frech grinsend.
Ich wurde leicht rosa im Gesicht.
„So ungefähr.“, nuschelte ich. Er hatte meinen Plan irgendwie zunichte gemacht. Ich hatte ihn bis eben eigentlich recht gut gefunden.
„Oh Schatz.“, sagte er lächelnd. „Ich weiß ja nicht, ob das so eine gute Idee ist. Weißt du, dasselbe könnte ich auch mit dir machen…“
Ich grinste.
„Nur kann ich danach noch aus dem Wasser gehen, ohne dass kleine Kinder mir auf die Badehose starren und ihre Mütter nach Dingen fragen, die diese nicht erklären wollen.“, raunte ich ihm zu.
Er stöhnte.
„Shit.“, murmelte er. „Das ist echt unfair.“
Ich lachte nur leise in mich hinein.
Mein Plan war doch gar nicht so schlecht wie ich eben noch gedacht hatte.
„Na schön, du hast gewonnen.“, grummelte er. „Kriege ich wenigstens einen Kuss?“
Ich drehte mich in seinen Armen um und küsste ihn. Er vergrub seine Hände in meinen nassen Haaren und biss mir leicht auf die Unterlippe. Ich quiekte leise an seinen Lippen und er lächelte triumphierend in den Kuss hinein.
So ein Idiot. Er verwendete unfaire Mittel. Doch das konnte ich auch.
Meine Hand wanderte langsam seinen Oberkörper hinunter und strich über die weiche Haut an seinem Bauch. Beim Bund seiner Badehose verharrte sie kurz.
Das war der Moment, in dem Jeremy sich keuchend von mir löste.
„Scheiße, das ist echt unfair.“, sagte er lachend. „Ich muss zugeben, ich hab dich echt unterschätzt.“
Ich stützte mich am Beckenrand ab und stieg aus dem Becken.
„Mädchen sollte man nie unterschätzen, mein Lieber.“, sagte ich und winkte ihm über die Schulter, als ich gemächlich zur Rutsche ging und hinunter in seine Arme rutschte.
Wir schwammen noch eine Weile, dann gingen wir wieder zu unseren Liegestühlen und verbrachten den Rest des Tages damit, mit verschränkten Händen auf den Sonnenliegen zu faulenzen.
Als die Sonne langsam unterging, packten wir unsere Sachen.
Gemeinsam liefen wir durch die relativ leeren Straßen Londons zu seiner Wohnung.
„Während eines Sonnenuntergangs habe ich meinen ersten Kuss gekriegt. Wie in einem dieser langweiligen Kitschfilme.“, seufzte ich mit extra dramatischer Stimme, die vor Ironie nur so triefte.
Jeremy blieb stehen und zog mich näher zu sich.
„Ich dachte immer, ich würde dein erster Kuss sein.“, sagte er mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen, und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Ich lächelte zurück.
„Seien wir ehrlich, früher wolltest du mich nie.“, antwortete ich leise.
„Doch.“ Er nickte. „Es war mir nur nicht klar.“
Ich lächelte wieder. Dafür, dass Harry Sex mit viel zu alten Frauen hatte, lächelte ich oft heute.
„Danke.“, murmelte ich, weil mir das irgendwie angebracht schien. Er nickte und wir gingen weiter.
Bei ihm angekommen nahmen wir dieselbe Position ein wie einen Abend zuvor. Auf dem Sofa. Nebeneinander.
Und es war okay, dass wir einfach nur so dalagen. Ich hatte nicht das Gefühl, als hätte einer von uns schon mehr als das gewollt, dazu war das alles noch ein wenig zu fragil.
Er war gerade dabei, mich küssen zu wollen, als mein Handy klingelte.
Ich zog es aus der Tasche und hatte einen dieser Momente, die ungefähr mit denen vergleichbar sind, die bei der Rückgabe der allerschlechtesten Klassenarbeit, die man je hatte, eintreten.
Kompletter Schock.
Und Überraschung.
Und irgendetwas anderes, das einen vollkommen unvorbereitet traf.
Ich fühlte mich für einen kleinen Moment so, als wäre ich soeben bei einer Lüge ertappt worden.
Ich sah erneut auf das Display, um mich zu vergewissern, dass ich richtig gesehen hatte.
Ja, doch.
Dort stand immer noch Louis.

Love The One You're With (Book 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt