#𝟙𝟡

133 9 5
                                    

(Danke für die 600 reads 🥺)

Masha Karminsky:

Ich konnte es mir nicht erklären, warum, aber schon seitdem ich mich zu Elisabeth auf das Sofa gesetzt hatte, hatte ich ununterbrochen ein seltsames Gefühl vor allem in meinem Oberkörper. Es fühlte sich an, als wäre dort überall eine angenehme Wärme und als würde mein Herz ziemlich schnell klopfen. Das letzte Mal, dass ich solche Gefühle hatte, durfte schon über zehn Jahre zurückliegen, damals war ich unwahrscheinlich sehr verliebt gewesen - in ein Mädchen aus meiner Parallelklasse. Allerdings hatte sie einen Freund, wie ich später herausfand und dementsprechend war ich damals ziemlich gebrochen. Nun dachte ich aber kaum, dass ich verliebt war. Ich mochte Elisabeth, denn sie war nett, ziemlich hübsch und ich hatte schon die ganze Zeit über das Gefühl, für sie da sein und sie beschützen zu müssen, weil sie seit dem gestrigen Abend ziemlich unsicher auf mich wirkt. Aber verliebt war ich nicht in sie. Dafür kam es mir eher so vor, als wäre sie es eher in mich. Das durchgehende Glänzen in ihren Augen, ihre ständig roten Wangen, die ihrem Gesicht eine unfassbare Niedlichkeit verleihen und der Fakt, dass ihr Blick oft auf mir liegt, meinen ganzen Körper mustert, sagten mir, dass es nicht gerade unwahrscheinlich war. Ich fühlte mich ein bisschen zwiegespalten. Schließlich mochte ich Elisabeth wirklich sehr, redete mir aber aus, mich in sie verliebt zu haben. Andererseits hatte ich Angst davor, dass sie in mich verliebt war, ich aber nicht in sie, denn unerwiderte Liebe wäre unwahrscheinlich schmerzhaft und ich wusste aus eigener Erfahrung, dass sie einen meistens vollkommen zerriss.
Einige Minuten später stand ich in der Küche und kochte Kaffee. Elisabeth war, soweit ich wusste, im Gästebadezimmer. Ein paar Sekunden später hörte ich jedoch Schritte auf dem Flur, die in die Richtung der Küche kamen. Zuerst überlegte ich, mich umzudrehen und Elisabeth anzusehen, aber ich ließ es. Ich war in dem Moment sowieso viel zu beschäftigt damit, das Kaffeepulver zurück in den Schrank zu stellen.
-"Ich habe eben erst bemerkt, wie katastrophal ich aussehe...", begann Elisabeth, zu sprechen. Nun drehte ich mich doch um und sah zu ihr. Sie sah müde aus, das war keine Frage, aber trotzdem war sie wunderschön, ihre blauen Augen glitzerten mich an und die Schatten unter diesen ignorierte ich vollkommen. Diese junge Frau war so unfassbar einzigartig schön, stellte ich für mich selbst fest und atmete einmal tief durch, wobei ich merkte, dass sich mein Herzschlag deutlich beschleunigt hatte. War an meinen Gedanken doch etwas dran? Obwohl ich es nicht wollte, musste ich lächeln.
"Du siehst nicht katastrophal aus... Einfache nur verschlafen, was ehrlich gesagt total süß aussieht", kam einfach aus meinem Mund. Hatte ich den letzten Teil wirklich gesagt? Das musste vollkommen seltsam klingen, ermahnte ich mich selbst. Aber Elisabeth lächelte mich an, bevor ich mich den zwei dampfenden Kaffeetassen zuwandte und eine von diesen vorsichtig der jungen Frau, die nun an dem Tisch saß, reichte. Ich bemerkte ihren nachdenklichen Blick nach draußen, während ich mich mit meiner Kaffeetasse dazusetzte. Kurz überlegte ich, Elisabeth zu fragen, ob alles in Ordnung sei, aber sie lächelte, während sie das wahrscheinlich unspektakuläre Geschehen draußen betrachtete. Die Sonne dürfte gerade aufgegangen sein, schließlich war es kurz nach acht Uhr morgens. Wir taten so, als würden wir mit den Kaffeetassen anstoßen, was mir irgendwie kaum albern, sondern einfach nur lustig vorkam und tranken dann relativ wortlos. Elisabeth sah die meiste Zeit über nach draußen, betrachtete wahrscheinlich die wunderschönen Farben des Sonnenaufgangs, von dem ich von meiner Seite aus eher wenig sehen konnte. Und ich sah fast durchgängig zu meinem Gegenüber, musterte ihre feine, helle Haut und die fast transparenten Sommersprossen auf ihren rötlichen Wangenknochen. Mein Blick hing nicht nur an ihren braunen Haaren und den blonden Strähnen vorne, die gerade herauswuchsen, sondern auch auf ihren sanften, wahrscheinlich unfassbar weichen Lippen. Ich versank in ihren tiefen, hellblauen Augen, in denen sich die rötlichen Farben des Sonnenaufgangs spiegelten. Und ein wenig brachte es mich jedes Mal durcheinander, wenn Elisabeth ihren Blick kurz zu mir schweifen ließ, mich liebevoll ansah. Denn dabei habe ich jedes Mal aufs Neue feststellen können, wie ein warmes Kribbeln meinen Körper durchfuhr und mein Herz so schnell und so laut schlug, dass ich Angst hatte, mein Gegenüber könnte es hören. Verdammt - alles deutete doch darauf hin, dass ich für Elisabeth viel mehr empfand, als bloßes Interesse an einer Freundschaft oder sowas Ähnlichem. Meine Gefühle schienen mehr zu wollen, denn alle Anzeichen meines Körpers deuteten darauf hin, dass ich mich in sie verliebt hatte. Ich dachte, dass ich den Eindruck dieses Gefühls schon längst verdrängt und vergessen hätte.
Nach dem Frühstück, welches nur aus Kaffee und ein bisschen Obst bestand, weil sowohl Elisabeth als auch ich kaum Hunger hatte, ging ich nach oben in mein Schlafzimmer. Ich hatte Elisabeth gesagt, dass sie im Schrank unten im Gästebadezimmer eine Zahnbürste und sonstiges finden würde. Und wegen des Fakts, dass sie nicht noch einmal gekommen war und mich gefragt hatte, war ich mir sicher, dass sie alles gefunden hatte. Ich saß auf meinem Bett, welches ein großes, etwas höheres Bett war. Es war fast ein bisschen zu breit für mich ganz alleine, aber ich hatte viele Wolldecken und Kissen, denn ich mochte es nicht, wenn mir im Schlaf kalt wurde. Allgemein war mein Schlafzimmer gemütlich eingerichtet. Die Wände waren in einem hellen Terrakottaton gestrichen, meine Möbel waren größtenteils aus dunklem Schwarzeichenholz und auch meine gesamte Bettwäsche, sowie die Kissen und Wolldecken waren in gedeckten, warmen Tönen von pastellorangenen bis dunkelbraunen. Ich mochte alle Farben, die mir ein Gefühl von Wärme gaben. Irgendwie war ich mir ziemlich sicher, dass Elisabeth mein Schlafzimmer ziemlich mögen würde. Mir gingen in diesem Moment keinerlei seltsame Gedanken, die viel zu weit gingen, durch den Kopf, sondern allerhöchstens nur, wie es sein würde, würde sie diesen Raum betreten und sich auf das unwahrscheinlich weiche Bett setzen. Ich stellte mir vor, wie sie sich mit leuchtenden Augen mitten im Schlafzimmer stehend befindet und dann sagen würde, wie schön sie die Einrichtung findet und wie sehr die Farben und diese wunderschöne Wärme zu mir passt.
Die Realität, die mich eine Sekunde später aus meinen Gedanken warf, sagte mir, dass das wohl kaum passieren würde. Vor allem nicht, wenn Elisabeth doch nicht so sehr in mich verliebt war, wie ich es einschätzte. Das wäre schlimm, wirklich. Schließlich wurden mir meine Gefühle gerade erst bewusst und ich musste mich zusammenreißen, den Unterschied zwischen einem Beschützerinstinkt der jungen Frau, die mehr als einen Kopf kleiner ist, als ich gegenüber und dem Verliebtsein bemerken zu können. Trotzdem war ich mir sicher, dass es von beidem etwas war.
Nachdem im Badezimmer hier oben gewesen bin, ging ich wieder in mein Schlafzimmer. Es war schon fast schlimm, dass ich seit dem Frühstück an nichts anderes mehr denken konnte, als an Elisabeth und meine möglichen Gefühle für sie. Darauf, als ich mehrere Minuten lang vor meinem Kleiderschrank stand und mir schließlich eine einfache hellblaue Jeanshose und einen bunten Wollpullover herausgesucht hatte, ging ich wieder nach unten, wo Elisabeth im Gästebadezimmer scheinbar damit kämpfte, ihre Haare zu kämmen. Ein paar Sekunden lang sah ich ihr dabei zu, bis sie begann, mit sich selbst zu schimpfen.
-"Verdammt, meine Haare sind ein komplettes Chaos", flüsterte sie ein wenig genervt und verzweifelt, während sie mit dem alten Kamm aus dem Gästebadezimmer ihre langen, wunderschönen Haare kämmte und an diesen riss, um scheinbar irgendwelche Kletten zu lösen. Ohne dass ich es wollte, begann ich, zu sprechen.
"Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte ich und es fühlte sich komisch an, dass alleine schon in dem Moment, in dem Elisabeth dankbar in mein Gesicht sah, mein Herz doppelt so schnell schlug, wie normal. Elisabeth nickte und gab mir vorsichtig den ziemlich alten Kamm. Vorsichtig stellte ich mich genau hinter Elisabeth, wobei ihr unterer Rücken meinen Oberkörper berührte, ihr Nackenbereich meine Brust. Langsam begann ich, ihre langen Haare vorsichtig nach vorne zu kämmen. Ich wusste zwar, dass sie mindestens achtzehn Jahre alt war, denn sonst würde sie wahrscheinlich noch nicht studieren, aber es machte mir gar nichts aus, mich um sie zu kümmern, als wäre sie noch um einiges jünger. Außerdem bemerkte ich in dem Moment, in dem ich ihre Haare anfasste, dass diese weich wie Samt waren, jedoch nun einmal ein paar Kletten hatten. Nachdem ich uns einen kurzen Moment lang im Spiegel betrachtet hatte und mir dabei aufgefallen war, dass Elisabeth wirklich klein war, und ihr Kopf mir etwa bis zum Kinn reichte, kämmte ich weiter. Dabei bemerke ich, wie sie durch den Spiegel immer wieder zu mir sah. Mittlerweile reichte bereits das wissen, dass Elisabeth mich ansah aus, um meinen Körper verrückt spielen zu lassen. Trotzdem passte ich beim Kämmen sehr auf und strich mit meinen Fingern immer wieder sanft durch ihre wahnsinnig weichen Haare. Es machte mich fast schon nachdenklich.
-"Masha?", sprach Elisabeth mich plötzlich an und ich musste ein wenig zucken, weil ich so sehr in meine Tätigkeit vertieft war.
"Ja..."
-"Sorry, dass ich das so frage... Aber wie alt bist du eigentlich?". Elisabeths Stimme klang so unfassbar lieb und vorsichtig, als sie mich das fragte.
"Ich werde im August 36 Jahre alt...", erzählte ich, wurde mir in dem Moment noch einmal dessen bewusst, dass ich mich langsam immer weiter auf die 40 Jahre zubewegte.
-"Ehrlich? Du siehst viel jünger aus... Wie Mitte 20 ungefähr...", meinte Elisabeth und ich stoppte in meiner Tätigkeit, legte den Kamm, den ich sowieso nicht mehr brauchte, weil die Haare der jungen Frau nun befreit von Kletten waren, beiseite und sah in den Spiegel, in welchem sich unsere Blicke trafen.
"Danke", hauchte ich nur und Elisabeth lächelte. "Nichts zu danken... Du bist wunderschön". In mir tat sich sofort ein warmes Gefühl auf. Nicht nur im oberen Oberkörper, wie generell schon die ganze Zeit, sondern dieses Mal auch besonders in meinem Bauch. Waren das die allzu bekannten Schmetterlinge im Bauch?
Elisabeths Lächeln wurde immer breiter und auch ich sah im Spiegel, wie sich meine Mundwinkel anhoben. Sie legte ihren Kopf schief, lehnte sich mit diesem etwas mehr an mich, das spürte und sah ich. Es war irgendwie unfassbar niedlich, wie sie ganz subtil meine Nähe suchte. Ich sah auf ihren Kopf herab, den sie immer noch an meinen Oberkörper gelehnt hatte. Mein Herz klopfte wieder ziemlich laut und in einem fast schon ungesunden Tempo, sodass ich mich ein kleines Stückchen von der jungen Frau vor mir entfernte, aus Angst, sie könnte es hören oder das kontinuierlich schnelle Hämmern spüren. Schließlich berührte sie mit ihrem Kopf schon die ganze Zeit über meine Brust. Und es wäre sicherlich irgendwie seltsam, würde sie bemerkt haben, dass mein Herz in solch einem nahezu normalen Moment so schnell schlug, wie nach einem 100-Meter-Sprint.

NostalgiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt