Türchen 18 - SamBucky, pt. 3

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𝕿𝖚̈𝖗𝖈𝖍𝖊𝖓 18💜

POV Sam
Am nächsten Morgen bin ich schon ziemlich früh wach, was mich überrascht, da ich ja eigentlich während der Fahrt dauerhaft wach gewesen bin und Bucky nicht. Lächelnd schaue ich ihm noch eine Weile beim Schlafen zu, bevor ich mich möglichst leise anziehe und nach unten laufe.

Obwohl Bucky das "Outing" bei Sarah gestern relativ gut verkraftet hat, wollte ich es nicht übertreiben und hatte mir vorgenommen, direkt mit meinen beiden Neffen zu sprechen und es ihnen zu sagen, bevor sie uns händchenhaltend erwischen und die Situation peinlich werden würde.

Sarah macht gerade Frühstück. Auf dem Herd kochen ein paar Eier und die Kaffeemaschine brummt fröhlich vor sich hin. „Guten Morgen" sagt sie, ein bisschen zu gut gelaunt für meinen Geschmack. „Morgen" brumme ich, und dann unterhalten wir uns erstmal eine Weile. Zwar telefonieren wir regelmäßig, aber zu erzählen gibt es trotzdem eine Menge.

„Und dein "bester Freund" schläft noch?" spricht sie irgendwann das Thema vom Abend davor an. „Ja, Bucky schläft noch. Er war dann wohl doch ziemlich erschöpft" sage ich. Den Vorwurf in ihrer Stimme habe ich natürlich gekonnt ignoriert. „Du weißt- du hättest es mir sagen können" meint sie. „Ich weiß, ich weiß. Aber es war alles noch so neu und er war beziehungsweise ist auch immer noch so unsicher. Wir hatten vorgestern eine richtige Diskussion, weil er erst nicht mitwollte. Hatte Angst, wie du reagieren würdest. Da denkt man es ist doch 2023, alles wird toleriert, aber leider ist es bei weitem nicht so" berichte ich. Sarah schaut mich mitleidend an. „Ich finde euch beide echt süß. Und hoffe, dass es möglichst lange hält."

Dankbar lächle ich sie an. „Wenn wir gerade dabei sind- ich wollte noch mit AJ und Cass darüber reden. Ich denke nicht, dass es ein Problem ist, aber bevor sie uns in Situationen erwischen, ich denen sie uns lieber nicht sehen sollten-" deute ich an. Grinsend nickt meine Schwester. „Da hast du recht. Außerdem will ich euch da auch nicht erwischen! Aber die beiden sind im Garten, schrauben irgendwas an ihren Fahrrädern rum". Sie zuckt mit den Schultern und dann ist ihre Priorität wieder das Frühstück.

Mit einem kurzen Nicken verabschiede ich mich und orientiere mich an dem lauten Geschrei, um meine Neffen zu finden. AJ hat Cass gerade den Schraubenzieher aus der Hand genommen und jetzt ist das Theater groß. Seufzend bändige ich den Streit und helfe den beiden, die lockere Schraube wieder hinein zu drehen. Manchmal könnte man echt glauben, dass die beiden noch 5 Jahre alt sind.

Bevor sie allerdings wieder losrennen, um die nächste Gegend unsicher zu machen, nehme ich sie beiseite und erkläre ihnen das mit Bucky und mir. Casa scheint zu merken, wie ernst mir das Thema ist und hört mir aufmerksam zu, AJ allerdings hampelt unruhig auf der Stelle herum. Kaum bin ich fertig, nickt er kurz und weg ist er. Auch Cass murmelt nur ein schnelles „alles klar, freut mich für euch", dann ist auch er verschwunden. Oh man, die beiden sind echt voller Energie...

Zeitsprung: 4 Tage

POV Bucky
Ich höre die Regentropfen leicht gegen die Fensterscheibe prasseln, als ich aufwache. Die Bettseite neben mir ist leer und ich höre Stimmen von unten. Da Sam gerade „und raus mit dir!" schreit, spielen sie vermutlich Mensch-ärgere-dich-nicht. Ein Blick auf den Wecker sagt mir, dass sie dies schon länger tun. Um 15 Uhr hatten wir uns etwas hingelegt, jetzt war es kurz vor 18 Uhr. Seufzend schlage ich die Decke zurück und stehe auf. In den letzten Tagen war es nicht nur kälter, sondern auch eisiger geworden. Gestern Morgen fiel sogar ein bisschen Schnee.

Sam hatte recht gehabt: es war die richtige Entscheidung gewesen, mit ihm zu seiner Familie zu fahren. Schon lange hatte ich kein so wundervolles Weihnachtsfest mehr erlebt. Den Baum haben wir sogar selbst gefällt und an Heilig Abend gab es ein gemütliches Familienessen und danach Geschenke. Ich hatte das Gefühl, als würde ich dazugehören. Sam wusste nicht, wie dankbar ich ihm dafür war, dass er mich so in seiner Familie aufgenommen hat. Doch ich habe auch gemerkt, dass ich es nicht mehr gewohnt bin, so viel und so sehr mit Menschen zusammen zu sein. Immer häufiger habe ich mich in den letzten Tagen auf sein Zimmer zurückgezogen, weil es mir einfach zu viel wurde.

Vor zwei Tagen sind wir gemeinsam nach New Orleans gefahren, um ein paar Besorgungen zu machen. Obwohl Cass und AJ dabei waren, hatten wir zumindest ein paar Momente für uns zu zweit. Wenn Sam zum Beispiel beim Fahren immer wieder über meinen Oberschenkel streichelte oder nach meiner Hand griff. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass diese Momente hier viel zu kurz kamen.

Ein empörter Schrei von Sarah und Sam's Gelächter reißen mich aus den Gedanken. Ich schnappe mir meine Jacke und gehe nach unten. Tatsächlich sitzt die ganze Familie um den Essenstisch, das Mensch-ärgere-dich-nicht in der Mitte. „Hey" begrüßt mich Sam und steht auf, um auf mich zuzukommen. Insgeheim finde ich es immer noch ein bisschen befremdlich, unsere Verbundenheit so offen vor seiner Familie zu zeigen. „Hast du gut geschlafen?" grinst er. „Na ja, der Regen stört" grinse ich zurück. „Jetzt hat er ja aufgehört" meint er. Ein Blick nach draußen bestätigt mir dies.

„Willst du mitspielen? Die Runde ist gleich rum" schlägt er vor. Kurz wäge ich es ab, doch dann entscheide ich, diesmal auszusetzen. „Ich denke ich gehe lieber ein bisschen an die frische Luft" murmle ich und gehe in den Flur, um mir meine Schuhe anzuziehen. „Alles okay?" höre ich seine Stimme. Sam ist mir gefolgt. „Ja, alles gut. Ich brauche nur die frische Luft, um richtig wach zu werden" witzle ich und gehe nach draußen. Die Luft ist zwar frisch, allerdings auch extrem kalt.

Ursprünglich hatte ich vor, zum Anleger zu laufen, doch dort ist vermutlich alles gefroren und glatt. Deswegen entscheide ich mich für den kleinen Trampelpfad am See. Sam hat ihn mir vor 3 Tagen gezeigt und ich liebe die Stille und Einsamkeit, die dieser mir bietet. Ich bin so in meine Gedanken vertieft, dass ich Sam zuerst gar nicht höre. „Bucky, warte" ruft er. Erstaunt drehe ich mich um. Er hat sich ebenfalls seine Schuhe angezogen und - anscheinend ziemlich hektisch - seine Jacke aus dem Zimmer geholt. „Was ist?" frage ich verwundert. „Ich komme mit. Du glaubst doch nicht, dass du mich so einfach abschütteln kannst" lacht er. „Und das Spiel?" wundere ich mich. „Ich war sowieso am Verlieren" winkt er ab.

Ich kann mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen, als wir uns in Bewegung setzen. Der Weg ist nicht der breiteste, so dass unsere Schultern sich bei jedem Schritt berühren. „Willst du mir erzählen, was los ist?" erkundigt er sich vorsichtig. „Es ist nichts" versuche ich ihn abzuwimmeln. Wie soll ich ihm erklären, dass es mir hier zwar super gefällt, allerdings einfach zu überwältigend ist?

Abrupt bleibt er stehen. „James..." sagt er eindringlich und schaut mich mit diesem Blick an, bei dem ich nie widerstehen kann. „Ich- es ist nur alles so viel. Ich war schon so lange nicht mehr so lange unter so "vielen" Menschen, es verängstigt mich einfach. Als wir nach New Orleans gefahren sind, hatten wir endlich wieder ein bisschen Zeit für uns. Davor nicht wirklich. Ich liebe es hier, wirklich. Und deine Familie ist auch super nett, aber ich-". Er lässt mich mal wieder nicht ausreden.

„Es tut mir leid, Bucky. Ich war hier so sehr mit allem, was hier anfällt und was Sarah mir erzählt, beschäftigt, mir ist gar nicht aufgefallen, wie es dir geht. Verzeihst du mir?" fragt er kleinlaut. Er greift nach meiner Hand und sieht mich bittend an. Augenverdrehend schaue ich ihn an. „Natürlich, du Dummkopf. Ich war ja nie sauer. Du siehst doch deine Familie auch sehr selten, selbstverständlich möchtest du möglichst viel Zeit mit ihnen verbringen. Das ist doch normal."

Wir schweigen uns einen Moment an, bevor er - immer noch unsere Hände verschränkend - wieder losläuft. Wir laufen fast eine halbe Stunde, bis wir an einer Bank ankommen und trotz der niedrigen Temperaturen eine Weile dort sitzen und einfach nur reden. Was wirklich gut tut.

Und selbst als wir um kurz nach 20 Uhr wieder am Haus ankommen und die Jungs schon im Bett sind, kommandiert er mich ins Wohnzimmer, während er Tee kocht, ein paar Kekse holt und sie auf den Wohnzimmertisch stellt. Im Fernsehen läuft How I met your mother und mit Begeisterung machen wir es uns auf der Couch bequem, so wie wir es bei mir schon öfters gemacht haben. Er zieht mich in seine Arme, bis wir irgendwann komplett aneinander gekuschelt auf dem Sofa liegen. Selbst als Sarah reinkommen, um uns eine Gute Nacht zu wünschen und ich mich aufgrund unserer Nähe etwas unwohl fühle, hält Sam mich mehr oder weniger fest und streichelt mir unter der Decke über meinen Handrücken.

Auch in den folgenden Tagen achtet er immer wieder darauf, sich für ein bis zwei Stunden Zeit für mich zu nehmen, und dafür liebe ich ihn.

Ich bin am Überlegen, ob ich noch einen Part 4 als Silvesterspecial zu dieser kleinen Geschichte schreiben soll... Wäre das was?

𝗠𝗔𝗥𝗩𝗘𝗟 𝗔𝗗𝗩𝗘𝗡𝗧𝗦𝗞𝗔𝗟𝗘𝗡𝗗𝗘𝗥 2022Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt