MIA
Ich weiß gar nicht so recht, wie ich euch das hier alles schreiben soll. Was ihr für mich getan hat, werde ich euch niemals vergelten können. Wahrscheinlich seid ihr jetzt wütend und enttäuscht, aber ich hoffe, dass ihr verstehen werdet, warum ich gehen musste. Glaubt mir, dies ist eines der schwersten Dinge die ich je tun musste. Dank euch bin ich wieder frei und dennoch fühlt es sich für mich so an, als wäre ich nach wie vor gefangen. Ich gönne euch von ganzem Herzen all die Liebe und die Freude in der ihr erlebt, aber für mich ist es einfach zuviel. Ich muss mich selbst wieder finden und das kann ich nicht, während ich bei euch an der Seitenlinie stehe und euer Glück beobachte. Wir werden uns wieder sehen, das verspreche ich euch.
Bis dahin sind meine Gedanken stets bei euch... In Liebe MiaMia legte den Brief sorgfältig auf ihr Bett. Mit einem Seufzer nahm sie den kleinen Rucksack, den Sarah ihr geschenkt hatte und packte Wäsche zum Wechseln, Zahnpasta und eine Zahnbürste ein. Dann schnallte sie sich den Rucksack auf den Rücken und ging zum Fenster. Der Göttin sei Dank lag ihr Zimmer im ersten Stock, für ein Wandler absolut eine machbare Höhe zum Springen. Zum Glück waren alle des Youngster Rudels auf der Gefährtenbund-Zeremonie von Jax und Emma im Rheinland und der alte Alpha des Blackford Rudels befand sich mitten in den Kriegs-Vorbereitungen gegen Hamburg. Es war also der perfekte Zeitpunkt, um zu verschwinden... Mia ließ sich an der Fensterbrüstung herab und sprang die letzten Meter auf den Boden. Dann huschte sie lautlos und ungesehen in den Wald. Außer Sichtweite zog sie sich aus, stopfte die Kleidung ebenfalls in den kleinen Rucksack und lockerte die Gurte ein wenig, damit er auch auf ihre Wandlergestalt passte. Kurze Zeit später stand sie als ihre schwarze, zierliche Wölfin da und sah noch einmal über ihre Schulter zum Rudelhaus zurück. Für einige Augenblicke erlaubte sie sich Zweifel. Dank der Blackford hatte sie wieder ins Leben zurückgefunden. Sie hatte Freundschaft und Liebe erfahren und dennoch tat es einfach zu weh hier zu verweilen. Sie sah die glücklichen Paar-Bindung von Alia und Sarah und jedes Mal erinnerte sie sich an das Grauen, dass sie die letzten sechs Jahre hatte durchmachen müssen.
Ihr Seelentier winselte totunglücklich, aber auch ihre innere Wölfin war davon überzeugt, dass das was ihnen fehlte hier nicht zu finden war. Deshalb schüttelte sie schließlich ihr schwarzes Fell und fiel in einen weichen, weit Raum greifenden Wolfs Trab, der es ihr erlaubte eine große Strecke zu laufen, ohne dass ihre fehlende Kondition sie zu sehr schlauchte. Die Gebietsgrenze des Blackford Rudels lag weit entfernt und Mia hütete sich davor in den Norden zurückzukehren. Lieber würde sie auf der Stelle tot umfallen, als erneut in die Fänge das Hamburger Rudels zu geraten. Sollte es soweit kommen, würde sie sich ohne zu zögern das Leben nehmen. Lieber tot, als noch einmal Henning gegenüber zu treten! Ihrem leibhaftigen Albtraum!!!
Den Mann, der ihr Gefährte hätte sein sollen. Henning hatte jedoch sie nie haben wollen - er wollte Emma. Aber das Miststück von Luna der Hamburger hatte entschieden, einfach so weil sie es konnte, dass Henning diesmal seinen Willen nicht bekommen sollte. Also hatte der Alphasohn Mias Leben in eine wortwörtliche Hölle verwandelt. Schließlich brauchte der Alpha von Welt etwas um seinen Frust abzureagieren! Und da Omegas von Natur aus pazifistisch waren und sich nur sehr selten wehrten, war Mia das perfekte Opfer für seinen Frust. Henning hatte die damals 15-jährige in den Keller geschleift und sie gemeinsam mit seinen Betas Cole und Lazlo tagelang geschlagen und vergewaltigt. Als Mia sich schließlich nicht mehr gerührt hatte und ihn nur noch apathisch ansehen konnte, hatte er ein Alpha Befehl ausgesprochen und die kleine Omega somit in ihre Wolfsgestalt gezwungen. Für sechs Jahre... bis Sarah und Emma gekommen waren und sie befreit hatten. Seitdem war jeder Tag ein Kampf gewesen, Kampf gegen diese grauenvolle Furcht anderen Menschen gegenüber. Wann immer sich einer der riesigen Alphas des Blackford Rudels gerührt hatte, wäre Mia am liebsten vor Angst die Wände hochgegangen. Lange Gespräche mit dem Rudel Arzt Christopher Schilling und mit Emma und Alia hatten geholfen, sie zumindest soweit zu festigen, dass Mia die Nähe von anderen Wandler ertragen konnte ohne schreiend zu fliehen.Gegen Abend rollte die Omega sich in einem dichten, aber noch jungen Tannenwald zusammen. Ihr schwarzes Fell verschmolz mit der Nacht, so dass sie praktisch unsichtbar war. In den Wochen die sie nun frei verbracht war, hatte sie es geschafft mit ihrer inneren Wölfin Frieden zuschließen und fühlte sich in ihrer Wolfsform endlich wieder wohl. Trotzdem war die Nacht voller dunkler Albträume und dementsprechend kurz. Als der Morgen dämmerte erhob Mia sich, streckte die steifen Glieder und streckte schnuppernd den Kopf in die Höhe. Sehr weit war sie von den Rudelgrenzen nicht mehr entfernt... Sie konnte sie in der Ferne bereits wittern. Mia griff den Rucksack mit den Zähnen und trabte wieder an.
Gegen Mittag überquerte sie dann endlich die Grenze. Nun war sie nicht länger mehr im Ruhrgebiet... Vor ihr erstreckte sich das Sauerland. Mia wusste, dass es hier ein Rudel gab. Göttin, die Betas dieses Rudels befanden sich schließlich gerade bei den Blackfords um den Krieg gegen die Hamburger zu planen. Vielleicht war das ja ihre Chance ungesehen durchzuschlüpfen, um weiter nach Süden zu gelangen. Doch nun plagten sie erstmal dringendere Probleme.
Sie hatte Hunger! Und das nicht zu knapp. Anders als andere Wandler rissen Omegas keine Lebendbeute. Denn wie bereits erwähnt... sie waren pazifistisch, keine guten Kämpfer und darüber hinaus würde eine Omega ein verletztes Tier eher gesund pflegen als es zu fressen. Mit einem belustigten Grummeln erinnerte sich Mia an das Rehkitz, dass die hochschwangere Alia aus dem Wald zwangsadoptiert hatte. Nein, sie würde sich niemals dazu überwinden können ein Tier zu töten. Also musste dringend was anderes her! Also wandelte junge Frau sich und zog sich rasch an. Adeline hatte sie gut unterrichtet. Sarahs Mutter, die Kräuterhexe mit dem guten Herzen hatte ihr gezeigt, welche Kräuter und Pflanzen essbar waren, ganz so als ob sie geahnt hätte, dass Mia dieses Wissen sehr bald brauchen würde. Also sah sich die Omega gründlich um. Vor einem Strauch mit prallen, reifen Brombeeren blieb sie stehen. Mia lächelte und dankte im Stillen der Mondgöttin für diesen glücklichen Zufall. Nachdem sie ihren größten Hunger gestillt hatte, spitzte die junge Frau die Ohren... sie hörte das leise plätschern eines Baches in vielleicht 5-6 km Entfernung.
Ohne Hast begann Mia in die entsprechende Richtung zu gehen, die Mittagsonne fühlte sich angenehm warm auf ihrer Haut an und sie hatte keine Eile. Alle ihre Sinne befanden sich dennoch in Alarmbereitschaft um eventuelle Wandler in ihrer Nähe ausfindig zu machen. Es blieb aber alles ruhig. Ohne Zwischenfälle erreichte Mia den kleinen klaren Bach und stillte dort ihren Durst. Nachdem sie sich ihrer Kleidung entledigt hatte, badete sie und legte sich danach nass auf einen Felsen, um sich von der Sonne trocknen zu lassen.
Und zumindest für diesen einen Moment fühlte die Omega im Reinen mit sich selbst.
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Mia
WerewolfJahre lang war ich in meiner Wolfsform gefangen. Gezwungen von meinem mir zugewiesenen Gefährten. Weil er eine andere wollte und sie nicht bekam, ließ er seinen Frust an mir an. Quälte, folterte und schändete mich auf jede nur erdenkliche Art und We...