Das königliche Rudel

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SAM

Sam lehnte sich gegen das Auto und sah zu ihrem Alpha hinüber. Rafael war vor der kleinen, schwarzen Wölfin in die Hocke gegangen und kraulte sie zärtlich am Kopf. Ein zufriedenes Lächeln umspielte die Lippen der Beta während sie dieses harmonische, familiäre Bild betrachtete. Ein winziger, weißer Welpe wühlte sich just in diesem Moment unter den Bauchfell der Wölfin hervor, schnappte nach Rafas Hand und kaute eifersüchtig auf dessen Finger herum. Die Omega schnaubte belustigt, erhob sich, packte den kleinen Welpen im Nacken und trottete mit der Rute wedelnd in Richtung des Rudelhauses. Konstantin Blackford kam ihnen entgegen, bückte sich und nahm der Wölfin den Welpen ab. Der kleine Frechdachs begann sofort protestierend seinen Vater zu verbellen, wollte er doch anscheinend bei seiner Freundin bleiben. Grinsebacke Sascha trat neben seine Schwester, legte ihr einen Arm um die Schulter und meinte sehnsüchtig: „So ein Welpe ist schon was Süßes, nicht wahr?" Versonnen nickte Sam. Sie sah ihren Bruder an und murmelte: „Göttin, ich hoffe wirklich, dass die Omega unseren Alphas noch eine Chance gibt. Ansonsten werde ich in unseren Kerker marschieren und diesem Dreckstück Sherin ganz langsam das Fleisch von den Knochen schälen.... Mit einem rostigen Löffel!" „Na, das nenne ich doch ein Plan!" knurrte Sasha, während er an die verräterische Delta Wölfin dachte, die das Sauerland-Rudel infiltriert hatte. Direkt nach dem Telefonat, welches Sam mit Jackson Boldren geführt hatte, war diese auf die lockenköpfige Mistkröte losmarschiert, hatte sie am Genick gepackt und ohne weitere Erklärung in den Kerker gezerrt. Da Sherin lediglich eine Delta Wölfin war, Sam hingegen eine Beta hatte die Verräterin deren Körperkraft nichts entgegenzusetzen gehabt. Also saß Sherin nun in dem hintersten, dunkelsten Schurkenverlies, das das Sauerland zu bieten hatte - selbstverständlich fensterlos - und wurde von einem sehr, sehr wütenden Nils bewacht.

Die beiden Alphas hatten es erstaunlich gelassen aufgenommen. Ein weiterer Beweis dafür, dass die Wölfe der beiden Anführer sich längst für das andere Weibchen entschieden hatten. Sam stieß sich vom Auto ab und folgte mit ihrem großen Bruder den beiden Alphas in das Rudelhaus der Blackfords. Auf der Türschwelle blieb junge Frau verblüfft stehen, weil sich vor ihr ein kleiner, tiefschwarze Welpe mit goldfarbenen Augen aufgebaut hatte und sie sehr laut und eindringlich verbellte. Das winzige Tierchen war mit diversen Fäden von rosanen Wollgarn geschmückt und hatte, um möglichst groß und bedrohlich auszusehen, das Fell gesträubt und die winzigen Milchzähnchen gebleckt. Eine hübsche, junge, recht schwangere rothaarige Frau mit großen smaragdgrünen Augen kam aus dem Wohnzimmer geeilt, bückte sich rasch und klemmte sich die kläffende Fellkugel unter den Arm. „Hi," sagte sie mit einem breiten, strahlenden Lächeln. „Ich bin Emma Boldren. Die Luna des Rheinlandes. Und dieser kleine Racker hier auf meinem Arm ist Emma, die Tochter von Alia und den Alphas des Ruhrgebiets." Sam hob eine Augenbraue und sagte grinsend: „Emma und Emma also..." Der Rotschopf lachte und antwortete: „Ihr könnt mich gerne Emms nennen. Ich bin die Lebenspatin des Bruders dieser süßen Maus.... Ist ne längere Geschichte!" fügte sie mit einem Zwinkern hinzu.

Nach und nach fanden sich sämtliche Alphas und Betas im Wohnzimmer ein, was die beiden kleinen Welpen zunächst zutiefst irritierte. Immer wieder knurrten sie, wedelten dann mit der Rute, schnüffelten an den Neuankömmlinge und waren vollkommen überfordert von den ganzen neuen Sinneseindrücken. Schließlich packte Alia ihre Kinder und brachte sie ins Bett. Mia saß neben Emma und Sarah auf Sitzkissen auf dem Boden und sah immer wieder scheu zu Rafael und Gabriel hin. Auch wenn die beiden Alphas nichts mehr wollten, als sie sich zu schnappen und irgendwo weit entfernt in Sicherheit zu bringen, so wussten die zwei doch, dass jetzt nicht die richtige Zeit dafür war. Seufzend verschränkte Rafael die Arme vor der Brust und sagte: „Tjaaa, die Verräterin in unserem Rudel haben wir dingfest gemacht. Das Miststück verrottet in unserem Kerker und wird zur Zeit von Nils bewacht. Ich weiß noch nicht wie, aber vielleicht nützt uns Sherin noch. Wir haben es jetzt schließlich mit Hamburg UND der Eifel zu tun. Das erschwert die ganze Sache. Natürlich ... die Eifel ist jetzt nicht so kampfstark wie Hamburg, dennoch haben unsere Kundschafter herausgefunden, dass Manning mindestens achthundert Kriegerwölfe auf dem Plan bringen kann. Und Hamburg ist eines der größten Rudel Deutschlands." Sein Bruder nickte nachdenklich und sagte: „Selbst wenn man bei denen nur die Gammas als Kampfkraft rechnet, kommen wir auf mindestens fünf, wenn nicht siebentausend kriegstaugliche Kämpfer. Auch wenn wir unsere drei Rudel miteinander vereinen, kommen wir lange nicht nicht auf diese Anzahl...."

Sam presste ihre Lippen zusammen und warf Sasha einen kurzen, fast schon schuldbewussten Blick zu. Ihr Bruder hob die Augenbrauen und sah seine kleine Schwester fragend an. „Was?" fragte er leise. Die Beta senkte ihren Kopf und scharrte unruhig mit dem Fuß auf dem dicken Berberteppich herum. „Sam?" Raffaels tiefe Stimme schwang durch den Raum, der nun verdächtig still geworden war. Die junge Frau seufzte tief auf, dann hob sie den Blick und sagte: „Ich hab da etwas gemacht... Etwas, was uns entweder rettet, oder uns ganz gewaltig in den Arsch beißt!"

„Was?" grollten die Sauerland Alphas unisono. „Ich .... Äääh... Also, ich habe Kontakt zu einem alten Freund von mir aufgenommen." Sascha brauchte eine Sekunde bis er begriffen hatte, dann stöhnte er und verbarg sein Gesicht in den Händen. „Oh, Göttin... Bitte sag mir nicht, dass du diesen Volldeppen Lex angerufen hast!"
„Jepp, hat sie!" sagte eine tiefe Stimme mit einem leichten amerikanischen Akzent. In der Tür stand ein wahrer Riese. Über 2 m groß, Schultern wie ein Footballspieler, lange schwarze Rasterhaare, die gleiche dunkle Hautfarbe wie Sam und blitzende goldbraune Augen. „Sascha... welch Freude, dich wiederzusehen...," sagte der Mann mit triefendem Sarkasmus in der Stimme. Sam verdrehte die Augen und funkelte wütend in Richtung ihres Bruders. „Benimm dich!" fauchte die junge Frau die blonde Grinsebacke an, während sie sich im Anschluss an den Neuankömmling wandte. „Lex... Du hast versprochen, dass du in Ruhe zuhören würdest!" Der Mann hob während die Hände und lächelte schief. „Hey, ich bin brav - noch!" Die Beta schüttelte kurz genervt den Kopf, dann wandte sie sich an die Anwesenden im Raum und sagte: „Leute, das ist Lex Anderson. Er ist der erste Tracker und zweite Beta der Ellesedils."
Die rothaarige Emma hob zaghaft eine Hand und fragte leise: „Ääääh, ich weiß, dass ich jetzt ein wenig weltfremd klinge.... Aber wer sind die Ellesedils?" Ihr Gefährte, der blonde Alpha des Rheinlandes lehnte sich zu ihr und sagte leise: „Das Rudel der Ellesedils besteht aus Wandlern verschiedener Nationen - aus jedem Land der Welt, um genau zu sein und sind derzeit in Schweden beheimatet. Das Rudel ist weit über 50.000 Wölfe stark...."
Lucan ergänzte: „Um es abzukürzen: es ist das königliche Rudel. Der Alpha des königlichen Rudel ist damit sozusagen der Oberboss von uns allen." „Ooooohhh...." murmelte Emma und ihr Blick wurde nervös.

Sarah verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und warf Lex einen herausfordernden Blick zu. „Und warum könnte uns das jetzt in den Arsch beißen?" fragte sie mit gerunzelter Stirn. „Na, jaaaaa..." druckste Sam herum. „Henry Ellesedil, der Oberalpha ist ... Ähm... der ... Onkel zweiten Grades von ... Adam Canton..."
Mia wurde schneeweiß im Gesicht, ihre Atmung keuchend und stoßweise, während ihre Wölfin mit einem schrillen, Panikerfüllten Jaulen aufstieg.
„NEIN! NEIN, IHR KÖNNT MICH NICHT ZWINGEN... ICH STERBE LIEBER, ALS DASS ICH ZURÜCKGEHE!!!!!!" schrie sie, wandelte sich ihr kleines Seelentier und raste mit einem angsterfüllten Kreischen in Richtung Wald davon.
„Scheiße!" merkte Sarah sehr treffend an und sprang auf.
„MAMAAA!!! MIA HAT EINE PANIKATTACKE. WIR BRAUCHEN DAS BERUHIGUNGSMITTEL!" brüllte die junge schwarzhaarige Heilerin die Treppe hinauf, während Ace sich bereits entkleidete und dann wandelte.
Adeline stürmte aus der ersten Etage hinunter und warf ihrer Tochter einen Beutel zu. Darin befand sich eine kleine Glasphiole und eine Spritze. „Alles klar! Danke, Mutti..." Ace' großer goldener Wolf legte sich nieder und winselte drängend. Sarah schwang sich auf seinen Rücken und sagte: „Wir finden und bringen sie zurück. Ihr besprecht, was auch immer ihr hier besprechen müsst und wir kümmern uns um Mia! Los jetzt Ace, beeilen wir uns!"

Besorgt sah Sam zu, wie der goldene Wolf mit der jungen Frau auf dem Rücken im Wald verschwand. Lex runzelte die Stirn und knurrte ungehalten: „SAM! Erklär mir, was zur Hölle hier los ist! Und ich will ALLES wissen!"
„Setz dich! Die Geschichte ist lang und ausgesprochen unschön!" seufzte die Beta.

MiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt